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12. August 2018

Die Stadt im Blut haben: "Affe" mit Songs von Peter Fox (Neuköllner Oper)

Ein Theaterstück/Musik-Theaterabend mit den Songs von Peter Fox Album "Stadtaffe" aus dem Jahr 2008. Für die Berliner*innen die Chance, das Berlin-Gefühl von vor zehn Jahren noch einmal kurz aufleben zu lassen: "Schwarz zu Blau", "Haus am See", "Alles neu" u.a.

Die Story (geschrieben von John von Düffel und Regisseur Fabian Gerhardt) ist dabei fast zweitrangig und zugegeben auch irgendwie nicht wirklich gut oder gar komplex. Protagonist ist ein feierfreudige Berliner, der Probleme mit seiner Beziehung und seinem Erinnerungsvermögen hat. Vom Club ins Krankenhaus zum nächsten Trip geht seine Reise durchs nächtliche Berlin. Dabei trifft er merkwürdige Gestalten und weiß am Ende der Nacht nicht, was real war und was nicht. Am Ende bleibt die Message die Peter Fox (alias Pierre Baigorry) in seinen Songtexten eigentlich besser ausdrückt: Berlin ist anstrengend und manchmal möchte man einfach nur weg. Gleichzeitig lieben wir unsere Stadt und können nicht ohne sie.

Der Abend ist großartiges Entertainment. Wer von der Handlung nicht allzu viel erwartet, kann sich hier 1,5 Stunden gut unterhalten lassen und darf am Schluss mittanzen: "Schüttel dein' Speck!"

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Buch: John von Düffel/Fabian Gerhardt
Regie: Fabian Gerhardt
Arrangements / Musikalische Leitung: Fred Sauer
Ausstattung: Michael Graessner
Choreografie: Stella Caric
Video: Vincent Stefan

Mit: Achan Malonda, Lea Schaaf, Sven Scheele, Jochen Weichenthal, Armin Wahedi Yeganeh und Rubini Zöllner

4. Februar 2018

Rückblick Januar 2018: Fotos, Musik, Premiere

Der Januar ist für mich immer durch Veranstaltungen rund um das Theater und mit den Freunden der Schaubühne geprägt. Außerdem gab es die Premiere des neuen Stücks von Rainald Grebe.


14.01.2018 PREMIERE fontane.200: Einblicke in die Vorbereitungen des Jubiläums des zweihundertsten Geburtstags Theodor Fontanes im Jahr 2019 (Schaubühne)
Ein Abend von und mit Rainald Grebe

Im nächsten Jahr wird der 200. Geburtstag von Theodor Fontane gefeiert und Rainald Grebe, der zuletzt "Westberlin" an der Schaubühne inszenierte, wurde gefragt, ob er dazu einen Abend machen möchte. Wohl auch deswegen, weil man bei Grebe schnell an Brandenburg denkt (Brandenburg-Lied), dessen Bedeutung eng mit dem Leben und Schreiben Fontanes verknüpft ist. Man erhofft sich durch das Fontane-Jahr große Aufmerksamkeit für das Bundesland. Herausgekommen ist kein Lobgesang auf einen der größten deutschen Dichter, sondern eine kritische Auseinandersetzung. Dennoch ist seine neue Inszenierung voller Klamauk und Spaß: Puppentheater, revueartige Zusammenfassungen von Fontanes Büchern und rasant aufbereiteter Geschichsunterricht. Und am Ende steht die Frage, warum eigentlich überwiegend die Männer gefeiert werden. Nach Fontane 2019 folgt Beethoven 2020. Vielleicht ein Grund für Grebe in Bonn zu inszenieren...


Geschichtsunterricht mit Tilla Kratochwil, Iris Becher und Florian Anderer (Foto: Thomas Aurin)

Musik: Jens-Karsten Stoll   
Regie: Rainald Grebe   
Bühne: Jürgen Lier   
Kostüme: Kristina Böcher   
Video: Matias Brunacci, Christin Wilke

Mit: Florian Anderer, Damir Avdic, Iris Becher, Rainald Grebe, Tilla Kratochwil, Jens-Karsten Stoll, Axel Wandtke  


18.01.2018 Booklaunch im C/O Berlin
Bildband Fotokampagnen der Schaubühne 2013-2017

1 Theater - 5 Jahre - 5 Kampagnen - 6 Fotografen - 48 Schauspieler*innen - 158 Fotos

Ende des letzten Jahres erschien das umfangreiche Fotobuch der Schaubühne, das die Fotos der Kampagnen der letzten fünf Jahre sowie Interviews enthält.

Juergen Teller
Ute Mahler und Werner Mahler
Pari Dukovic
Brigitte Lacombe
Paolo Pellegrin

Die Fotografen prägten mit ihrere jeweiligen Handschrift die Kampagnen und so kann man viele der Schauspieler*innen über den Zeitraum der fünf Jahre in ganz unterschiedlichen Facetten sehen: eindrückliche Porträts und überraschender Momentaufnahmen, streng formaler Schwarz-Weiß-Fotografien und puristischer Nahaufnahmen.

In der Monographie sind alle Fotos erstmals zusammen zu finden. Ergänzt wird das über 300 Seiten umfassende Buch mit Texten von Christoph Amend, Thomas Ostermeier, Joseph Pearson, Dirk Peitz, Ingo Taubhorn und Anne Waak.

Die Freunde des Schaubühne unterstützten die Produktion des im Kerber Verlag erschienenen Bildbands finanziell.



Fotobuch der Schaubühnen-Kampagnen von 2013-2017
Zum Booklaunch im C/O Berlin kamen viele Schauspieler*innen und andere an der Entstehung des Buchs Beteiligte. Im Rahmen eines Podiumstalks erzählten Ute und Werner Mahler, Paolo Pellegin, Thomas Ostermeier und Eva Meckbach wie die Fotoproduktionen verliefen und was die entstandenen Bilder den Schauspieler*innen bedeuten.

Das Buch ist im Webshop der Schaubühne für 40 Euro erhältlich (Buchhandelspreis: 48 Euro).


21.01.2018 Carrington / Brown (Bar Jeder Vernunft)

Rebecca Carrington, die ihr Cello-Spiel in ein Comedy-Programm einbaut präsentiert regelmäßig Shows in der Bar Jeder Vernunft. Zusammen mit ihrem Mann Colin Brown gibt sie Einblicke in ihr Leben in Berlin und auf Tour weltweit. Massentauglich verpackt erzählt sie dabei, wie sie als Britin in Deutschland wohnt, arbeiter und auftritt. Dabei interpretiert und kombiniert sie klassische sowie zeitgenössische Musik. Der Unterhaltungswert ist groß, das Ambiente des Spiegelzelts der Bar Jeder Vernunft trägt zum Wohfühlen bei. Comedy meets Classic. Manchmal ist der Humor etwas flach, aber musikalisch ist der Abend allemal bemerkenswert.

2. Dezember 2016

Rückblick November 2016: Theater, Musik und Kunst unterwegs und in Berlin

Damit die Rückblicke nicht zu lang werden, will ich wieder versuchen, diese monatlich zu verfassen.
Der November hatte nicht nur Theater und nicht nur in Berlin zu bieten - es gab Bildende Kunst, eine Lesung, einen Streitraum und Brecht, Camus sowie Shakespeare in Dresden und Berlin.


04.11.16 Wahre Geschichten - Texte von Sophie Calle (Arndt Art Agency)
Unter dem Titel "View of my life" zeigte die Galerie Arbeiten der französischen Künstlerin aus den letzten 30 Jahren. Sophie Calle arbeitet in ihrer Kunst häufig mit Texten. Die Schauspielerin Stephanie Eidt las und die Violinistin Ayumi Paul begleitet den Vortrag mit eigens dafür komponierten Stücken. 


12.11.16 re-re-visited Richard III. (Schaubühne)
Mit Besuch aus Bonn war ich mal wieder im Richard. Ein Gastbeitrag wird folgen. Was mich betrifft, kann ich sagen, dass mir diese Vorstellung bisher am besten gefallen hat. Lars Eidinger ist seinem Ruf aber auch wieder gerecht geworden und hat die Zuschauer*innen nicht geschont.


13.11.16    PREMIERE Der Fremde von Albert Camus (Schaubühne)

Felix Römer, Bernardo Arias Porras & Iris Becher asl Mersault (Foto: Thomas Aurin)

Drei Schauspieler*innen spielen Mersault aus Camus 1942 erschienen Roman "Der Fremde", in dem der Anklagte im Gerichtsprozess leidenschaftslos bleibt und auf sein Leben blickt, als ginge es nicht um ihn.

Regie: Philipp Preuss   
Bühne und Kostüme: Ramallah Aubrecht   

Mit: Bernardo Arias Porras, Iris Becher, Felix Römer   

Dauer: ca. 90 Minuten

Weitere Infos und Trailer auf der Seite der Schaubühne. 

Essay zum Stück im Blog Pearson's Preview: Camus' »Fremden« träumen 


17.11.16 Konzertante Aufführung: Baal (Schaubühne)
Mit Thomas Thieme und Arthur Thieme (Bassgitarre).

Das dramatische Gedicht "Baal" von Brecht ist mit Thomas Thieme seit Jahren verbunden. Er spielte Baal am Wiener Burgtheater (1991) und inszenierte das Stück selbst am Nationaltheater Weimar (2002). Als das Augsburger Brechtfestival 2012 den frühen Brecht zum Thema machte, suchte Thieme sich wieder den Baal aus. In dieser Interpretation, die an dem Abend an der Schaubühne gezeigt wurde, spricht Thieme alle Figuren. Begleitet wurde er von seinem Sohn Arthur Thieme auf der Bassgitarre. Der Musiker erzeugte dabei Klänge und Rhythmen, die die Sprache und das Apltraumhafte des Textes verstärken.


18.11.16 Othello von William Shakespeare (Staatsschauspiel Dresden)
TheaterBlick unterwegs! Hierzu habe ich einen Beitrag verfasst.


27.11.16    Streitraum "Grenzen der Herkunft, Grenzen der Scham" (Schaubühne)
Carolin Emcke sprach mit Didier Eribon über sein Buch Buch "Die Rückkehr nach Reims". Der französische Soziologe bescheibt darin die doppelte Scham, die ihn als Homosexueller und als Arbeitersohn belastete.

25. April 2016

FIND 2016 – Review Teil 3 (13.-17. April 2016): Wild Minds, Natura e origine della mente, LIPPY, The Dark Ages

SIEBTER TAG (Mittwoch, 13. April 2016)
Ich musste die letzten Tage des Festivals erst ein wenig verdauen, bevor ich jetzt darüber schreiben kann. Auf der einen Seite ist es selbst für mich anstrengend so viele Theater-Eindrücke zu verarbeiten. Auf der anderen Seite wurde ich bereits Mitte der Woche beim Gedanken daran, dass das FIND bald schon wieder vorbei sein würde, wehmütig. Ich fühlte mich wie ein Gefäß, dass kurz vor dem Überlaufen ist. Das ist dann am letzten Tag eingetreten. Der Reihe nach...

Wild Minds
Wir betreten den Bühnenraum des Studios und setzen uns in einen Stuhlkreis. Geblendet vom Licht kann man sich nicht wirklich entspannen und die Situation ist sowieos schon ungewohnt. Wir befinden uns in einer (Selbsthilfe-)Gruppe, vier Schauspieler beginnen zu erzählen. »Maladaptive daydreaming«, eine psychologische Störung, bei der die Phantasien der Tagträumer das Leben völlig dominieren. Die Schauspieler erzählen uns von ihren Traumwelten und irgendwann vergisst man, dass man im Theater ist. Man beginnt zu nicken, zu verstehen, mitzufühlen. Und ist den Betroffenen sehr nah. Der schwedische Autor und Regisseur Marcus Lindeen hat in New York per Skype und im persönlichen Gespräch Menschen interviewt, die sich selbst als »compulsive daydreamers«, als zwanghafte Tagräumer, bezeichnen. Während der Performance hören die Schauspieler die Originalaufnahmen der von Lindeen geführten Interviews und versuchen, die Stimmen so genau wie möglich nachzusprechen. Auch so habe ich Theater noch nie erlebt...

Von Phantasiewelten bestimmt (Foto: Helena Tossavainen)
 
Englischsprachiger Essay zum Stück in Pearson's Preview: Daydreaming Theatre. Marcus Lindeen’s »Wild Minds«

Text und Regie: Marcus Lindeen
Musik und Sounddesign: Hans Appelqvist
Casting und Regieassistenz: Sara Björnstedt Qvarsell
Kuratorin: Catrin Lundqvist, Moderna Museet

Mit: Sandra Carpenter, Vaughn Rice, Mika Risiko, Kiki Snodgrass

Dauer: ca. 35 Minuten

Auftragswerk des Moderna Museet in Stockholm.


ACHTER TAG (Donnerstag, 14. Aril 2016) 
Für mich war heute Pause.


NEUNTER TAG (Freitag, 15. April 2016)

Natura e origine della mente
Von Romeo Castellucci erwartet man stets Merkwürdiges. Auch über "Natura e origine della mente" ("Von der Natur und dem Ursprung des Geistes") hörte man im Vorfeld schon kuriose Dinge. Als Grundlage für das Stück dient die Ethik von Baruch de Spinoza (1632-1677). Die Zuschauer/innen betreten durch eine Öffnung einen weißen Raum auf der Bühne und sind Teil der Inszenierung, die eher eine Installation ist. Sofort denkt man an einen White Cube aus der Bildenden Kunst.  An einem Drahtseil über den Köpfen der Zuschauer/innen hängt eine junge Frau (das Licht), sie hält sich mit nur einem Finger fest und droht abzustürzen. Ein großer schwarzer Hund (die Kamera) läuft umher, miaut und spricht mit ihr. Hinter der Öffnung, durch die wir eingetreten sind, bewegen und winden sich Geister, mal in weiß gekleidet, mal nackt, mal in schwarz. Es geht um Erkenntnis, um den Zusammenhang der Dinge, des Geistes, des Körpers, der Materie. Das alles ist so rätselhaft, dass es den Zuschauer/innen viel Raum für eigenen Assoziationen lässt. Optisch ist die Szene so überwältigend, verstärkt durch den Ausstellungscharakter und auch wegen der seltsamen Figuren, dass der Raum auf wundersame Weise heilig wird - so ist es zumindest für mich. Mit dem Gefühl, etwas Einmaliges und Sonderbares erlebt zu haben, verlasse ich nach einer halben Stunde diesen Raum. Es ist im übrigen das einzige Stück beim FIND, bei dem am Ende niemand klatscht - so wie man es im Museum auch nicht tun würde, wenn man einem Kunstwerk den Rücken zuwendet und geht.

Katzen-Hund und Geist (Foto: Claudia Castellucci)

Englischsprachiger Essay zum Stück in Pearson's Preview: Romeo Castellucci’s Dialogue with Spinoza (and ours with mind and body)

Konzeption und Installation: Romeo Castellucci   
Musik: Scott Gibbons   
Skulpturen auf der Bühne: Istvan Zimmermann, Giovanna Amoroso
Technische Leitung: Massimiliano Peyrone
Tontechnik: Matteo Braglia
Produktionsleitung: Benedetta Briglia
Organisation und Kommunikation: Valentina Bertolino, Gilda Biasini
Verwaltung: Michela Medri, Elisa Bruno, Simona Barducci, Massimiliano Coli

Mit: Silvia Costa, einem Hund/a dog, der Stimme von/the voice of Bernardo Bruno und Martina Borroni, Marcella Giesche, Rosabel Huguet, Pia Koch, Feline Lang, Christina Wintz (Statistinnen/Extras)

Dauer: ca. 45 Minuten

Produktion: Socìetas Raffaello Sanzio in Koproduktion mit T2G-Théâtre de Gennevilliers, Théâtre de la Ville, Festival d’Automne à Paris und La Biennale di Venezia. Entwickelt in Venedig im Rahmen des La Biennale College-Teatro im August 2013.


ZEHNTER TAG (Samstag, 16. April 2016)

LIPPY
Noch mal Dead Centre. Es geht wieder heiter los. Aber nach und nach wird es immer unheimlicher. Die Zuschauer/innen befinden sich zunächst in einem fiktiven Publikumsgespräch, ein Schauspieler erklärt, wie er Lippen liest und bald wird klar: er kann es nicht. In der darauf folgenden Szene sieht man vier irische Frauen, die sich gemeinsam in ihrem Haus zu Tode hungerten (diesen Fall gab es wirklich). Der Lippenleser soll bei der Aufklärung des rätselhaften Falls mithelfen, indem er die Aufzeichungen einer Überwachungskamera deutet. Er legt ihnen Worte in den Mund, die sie vielleicht nie gesagt haben. Das Publikum wird Zeuge der Tat und der (vielleicht falsch ersonnenen) Hintergründe. Die Performance der Schauspielerinnen ist verwirrend, nie weiß man was "echt" passiert ist, was "phantasiert". Das alles ist gruselig und sehr bedrückend.

Worte von den Lippen "lesen" (Foto: Jeremy Abrahams)


Englischsprachiger Essay zum Stück in Pearson's Preview: Unfinished Plays for Unfinished People: Dead Centre in Berlin

Regie: Ben Kidd, Bush Moukarzel
Sound und Musik: Adam Welsh
Bühne: Andrew Clancy
Kostüme und Bühneneffekte: Grace O’Hara
Licht: Stephen Dodd

Mit: Joanna Banks, Bush Moukarzel, Gina Moxley, Clara Simpson, Liv O’Donoghue, Dan Reardon, Adam Welsh

Dauer: ca. 80 Minuten

Entwickelt am National Theatre Studio, London mit Premiere beim Dublin Fringe Festival. Die Tour wird ermöglicht durch die Unterstützung von Culture Ireland.

Noch ist das Festival nicht ganz vorbei - am Sonntag gibt es noch ein paar Vorstellungen - aber am vorletzen Tag gab's die große FIND Abschlussparty, diesmal mit Stitch & Tchuani von Berries Berlin.


ELFTER TAG (Sonntag, 17. April 2016)

The Dark Ages 
Bis zum Rand gefüllt mit Eindrücken steht heute das letzte Stück auf dem Programm. Milo Rau war im letzten Jahr mit "The Civil Wars" beim FIND zu sehen. "The Dark Ages" ist der zweite Teil seiner Europa-Trilogie (der dritte Teil mit dem Titel "Empire" soll im September an der Schaubühne zu Beginn der Spielzeit 2016/17 Premiere haben). In "The Dark Ages" erzählen fünf Schauspieler/innen aus Bosnien, Deutschland, Russland und Serbien Geschichten der Vertreibung und der Heimatlosigkeit, des Weggehens und des Ankommens, des Engagements und der Verzweiflung. Das Stück ist wie ein klassisches Drama in fünf Akte unterteilt. Sie verknüpfen Geschichte mit persönlichen Erlebnissen - 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg und 20 Jahre nach dem Massaker von Srebrenica. Untermalt werden die Berichte von der Musik der slowenischen Band Laibach. Dabei sind die Berichte sehr intim, teilweise schmerzhaft und sehr berührend. Etwa als Valery Tscheplanowa von ihrem Vater erzählt. Oder Manfred Zapatka vom Leben der Kinder nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Schauspieler/innen halten persönliche Fotos in die Kamera, die fortwährend alles filmt, was auf der Bühne berichtet wird. Es entstehen erstaunliche Parallelen zwischen den Biografien und immer wieder gibt es Anknüpfungspunkte zum Theater (Hamlet, Hamletmaschine).

Eine erstaunliche Parallele für mich: In wenigen Tagen werde ich Heiner Müllers "Hamletmaschine" von Dimiter Gotscheff im Deutschen Theater sehen. Vor neun Jahren inszenierte Gotscheff das Stück und trat darin selbst auf. Zu einem Gastspiel in Havanna konnte er im Herbst 2013 nicht mehr mitreisen, trug aber dafür Sorge, dass eine Version gezeigt werden konnte, die seine Passagen per Video einspielte. Das erzählt Valery Tscheplanowa auf der Bühne, sie selbst spielt die weibliche Hauptrolle. Zu Gotscheffs 73. Geburtstag ist diese Variante seiner legendären Inszenierung noch einmal am Deutschen Theater zu sehen. Der letzten Abend des FIND ist für mich noch mal ein Höhepunkt und tief beeindruckt verlasse ich das Theater.

Konzept, Text und Regie: Milo Rau   
Dramaturgie: Stefan Bläske   
Bühne und Kostüme: Anton Lukas   
Kamera und Videodesign: Marc Stephan   
Musik: Laibach
Dramaturgische Mitarbeit: Lucia Kramer, Rose Reiter
Regieassistenz: Jakub Gawlik
Recherche: Stefan Bläske, Mirjam Knapp
Übersetzung: Marija Karaklajic
Produktionsleitung IIPM (Tour): Mascha Euchner-Martinez

Text und Spiel, Text and Performance: Sanja Mitrović, Sudbin Musić, Vedrana Seksan, Valery Tscheplanowa, Manfred Zapatka

Dauer: ca. 120 Minuten

Eine Produktion des Residenztheaters München in Kooperation mit Milo Rau/International Institute of Political Murder (IIPM). Mit freundlicher Unterstützung von Pro Helvetia. 

13. April 2016

FIND 2016 – Review Teil 1 (7.-9. April 2016): The Last Supper, The Trip, Checkov's First Play, Die Erfindung der RAF

ERSTER TAG (Donnerstag, 7.4.2016)

Endlich! Das FIND 2016 hat begonnen. Eine andere Welt für zehn Tage. Oder besser gesagt: Andere Welten. Ein geistiger Ausnahmezustand. Aber auch körperlich bin ich dieser Tage weniger in meiner Wohnung, sondern einmal mehr im Theater (der Schaubühne) zu Hause. Great! 


Familien-Selfie mit Kuhkopf (Foto: Mostafa Abdel Aty)

The Last Supper
Es beginnt mit „The Last Supper“ von Ahmed El Attar, einem Stück, das in der Zeit nach dem Arabischen Frühling und der Revolution auf dem Tahrir-Platz angesiedelt ist. Ägypten befindet sich im gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Wandel. Es wird die Gesellschaft im Umbruch aus der Perspektive der oberen Zehntausend beleuchtet: Die Mitglieder einer reichen Kairoer Großfamilie kommen anlässlich eines Abendessens zusammen. Ich brauche 10-15 Minuten, um mich in das Stück einzufinden, denn es wird viel gesprochen und meistens gleichzeitig. Und schnell. Die Hierarchie der handelnden Personen wird bald klar. Auch die Klischees. Spannend wird’s als eines der Kinder auf der Bühne einen Bediensteten solange piesackt, bis diesem die Hand ausrutscht und er sich der Dinner-Gesellschaft stellen muss – er wird bestraft. Als Zuschauerin bin ich natürlich empört. Und gerade mitten im Stück angekommen. Und da ist es schon vorbei. Gerade mal 45 Minuten hat die erste Vorstellung beim FIND gedauert. Kurz. Kurzweilig.

Konzept und Regie: Ahmed El Attar
Bühne und Kostüme: Hussein Baydoun
Licht: Charlie Aström
Musik: Hassan Khan
Sound: Hussein Sami

Mit: Boutros Boutros-Ghali, Mahmoud El Haddad, Ahmed Farag, Mona Farag, Mohamed Hatem, Ramsi Lehner, Nanda Mohammad, Sayed Ragab, Abdel Rahman Nasser, Mona Soliman, Marwa Tharwat

Dauer: ca. 55 Minuten

Eine Produktion der The Temple Independent Theatre Company in Kooperation mit Tamasi Collective.

Q&A with Ahmed El Attar by Joseph Pearson (4.4.2016).


ZWEITER TAG (Freitag, 8.4.2016)

The Trip

Selten sitze ich weinend im Theater, dieses Stück hat mich so berührt. Nicht nur mich. Ich höre, sehe und spreche anschließend mit Menschen, die ihren Gefühlen hier im Theater ihren Lauf lassen müssen. In „The Trip“ erzählt der syrische Regisseur Anis Hamdoun die Geschichte von Ramie, seinem Alter Ego, der zusammen mit seinen Freunden in Homs gegen das Assad-Regime auf die Straße ging und den Bürgerkrieg als einziger überlebte. Die jungen Menschen erzählen uns von ihren Träumen. Und dann wird alles anders. Sie geraten in Gefangenschaft, erleiden Folter und Ramie, der als einziger nach Deutschland flüchten konnte, quält sich mit der Situation als einziger überlebt zu haben. Der Preis, den das Überleben kostet. Das Stück dauert nur 40 Minuten, ist aber in seiner Intensität groß. Auch wenn das jetzt wie das immer gleiche Mantra klingt: Ich kann es wieder nicht fassen, dass es in diesem Land tatsächlich Menschen gibt, die glauben, dass Geflüchtete, die in Deutschland ankommen, sich ein leichtes Leben machen möchten. Bedauerlich, dass sie dieses Stück (wahrscheinlich) niemals sehen werden.


Anja S. Gläser und Marius Lamprecht vom Theater Osnabrück (Foto: Maik Reishau)

Regie: Anis Hamdoun
Bühne: Mona Müller
Kostüme: Anna Grabow, Miriam Schliehe
Dramaturgie: Elisabeth Zimmermann

Mit: Patrick Berg, Anja S. Gläser, Marius Lamprecht, Nawar Bulbul (im Video), Zainab Alsawah (Gesang)

Dauer: ca. 60 Minuten

Eine Produktion des Theater Osnabrück.

Checkov's First Play

Das macht das Festival aus: Nach dem emotionalen Hammer („The Trip“) kommt das erste Stück von Dead Centre. Ganz anders. Ganz toll, voller Energie. Es erinnert auch sofort ein wenig an Simon McBurney, der im letzten Jahr beim FIND in „Amazon Beaming“ ebenfalls mit Kopfhörern für die Zuschauer/innen gearbeitet hat und so Illusionen schaffte. In „Checkov's First Play“ hören wir die Kommentare des Regisseurs, wie eine kleine Stimme im Kopf, als Anmerkungen zu dem was, die Schauspieler/innen auf der Bühne umsetzen. Nach den ersten 30 Minuten, in denen (scheinbar) klassisch inszeniert „Platonov“ gespielt wird, löst sich die Form nach und nach auf. Und mit ihr der Inhalt. Bis sogar das Bühnenbild von einer Abrissbirne zerstört wir (begleitet von Miley Cyrus „Wrecking Ball“). Dann Auftritt der Hauptfigur: Platonov steht aus dem Publikum auf (kein Schauspieler!), betritt die Bühne und spricht kein einziges Wort. Alle projizieren ihr Sehnsüchte und Hoffnungen auf ihn. Er steht nur da und bewegt sich ohne zu handeln über die Bühne.

Platonov Projektionsfläche der Sehnsüchte  (Foto: Jose Miguel Jimenez)

Bush Moukarzel, der Regisseur, der auch die Rolle des Regisseurs im Stück spielt, erklärt im anschließenden Publikumsgespräch, dass es „Randnotizen“ von Tschechow tatsächlich gegeben hat. Auch er kommentierte die Auftritte der Schauspieler/innen. 

Regie: Ben Kidd, Bush Moukarzel
Bühne: Andrew Clancy
Ausstattung und Bühneneffekte: Grace O’Hara
Kostüme: Saileóg O’Halloran
Sound Design: Jimmy Eadie
Co-Sound Design: Kevin Gleeson
Licht: Stephen Dodd

Mit: Liam Carney, Breffni Holahan, Rory Nolan, Rebecca O’Mara, Annie Ryan, Dylan Tighe

Dauer: ca. 70 Minuten

In Auftrag gegeben von Battersea Arts Centre und Irish Arts Center, New York. In Koproduktion mit dem Dublin Theatre Festival, Baltoscandal (Rakvere) und Le Théâtre National de Bordeaux en Aquitaine. Das Projekt wurde koproduziert von NXTSTP, mit Unterstützung der Kulturförderung der Europäischen Union. Die Tour wird ermöglicht durch die Unterstützung von Culture Ireland.

Pearson's Preview: Unfinished Plays for Unfinished People: Dead Centre in Berlin


DRITTER TAG (Samstag, 9.4.2016)


Premiere: Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969 
Armin Petras hat Frank Witzels Buchpreis gekröntem Roman Szenen entnommen und in gut zwei Stunden auf die Bühne gebracht. In die Geschichte eines 13jähringe Jugendlichen aus der hessischen Provinz ist eine Rekonstruktion der alten Bundesrepublik eingewoben. Ich fange mit dem an, was mir gefallen hat: Die Musik von den "Nerven". Es ist toll zu sehen, wie viel Spaß die Jungs auf der Bühne haben und dank ihnen bekommt das Stück auch eine gewissen Drive. Das Bühnenbild (Katrin Brack) aus Schaufensterpuppen (Kinder und Erwachsene) mit Kleidung aus den 60ern/70ern ist wunderbar. Es gibt ein paar schöne Momente z.B. als die fünf Schauspieler/innen ikonografische Bilder der Zeit nachstellen (das Nacktbild der Kommune 1 von 1967, die Black Panther Fäuste der Sportler bei den Olympischen Spielen 1968, der Kniefall Willy Brandts in Warschau 1970 u.a.) oder Julischka Eichel als resolute Caritas-Mitarbeiterin. Insgesamt kann ich aber keine wirkliche Begeisterung aufbringen. Irgendwie hat das Stück nicht das richtige Tempo und ich habe den Verdacht, dass auch die Schauspieler/innen nicht hinter der Inszenierung stehen. Irgendwie unzufrieden verlasse ich den Saal.
Aber: Da das Festival so viele hervorragende Produktionen zu bieten hat, kann ich diese hier für den Moment gut verzeihen.

Die Nerven - Max Rieger, Kevin Kuhn, Julian Knoth (Foto: Thomas Aurin)


Autor: Frank Witzel   
Regie: Armin Petras   
Bühne: Katrin Brack
Kostüme: Annette Riedel   
Video: Rebecca Riedel   
Dramaturgie: Katrin Spira, Maja Zade   
Licht: Erich Schneider

Live-Musik: Die Nerven

Mit: Jule Böwe, Julischka Eichel, Paul Grill, Peter René Lüdicke, Tilman Strauß   

Dauer: ca. 120 Minuten

Koproduktion mit dem Schauspiel Stuttgart.

Weitere Infos zum Stück auf der Seite der Schaubühne.

Pearson's Preview "The Prism of the Red Army Faction, Reflections and Refraction"

19. Februar 2016

Eine Verbeugung vor Thomas Brasch: Max und Maren in der Schaubühne bei Brasch/Eidinger/Kranz

„Das Unvereinbare in ein Gedicht“


Max und ich waren wieder zusammen im Theater...

„Das Unvereinbare in ein Gedicht“ – Gedichte von Thomas Brasch, mit Lars Eidinger und George Kranz


Schaubühne Berlin – Montag, 1. Februar 2016 20:00 Uhr bis 21:30 Uhr


Lars Eidinger (Foto: Heiko Schäfer)


MAX: Saal A der Schaubühne ist voll besetzt, der Abend schon seit langem ausverkauft. Der Bühnenhintergrund ist eine senkrecht frei im Raum angebrachte weiße rechteckige Plane, die sich am Boden der Bühne nach vorn als Bühnenboden fortsetzt. Das Licht ist karg, fahlweiß.

MAREN: Ich habe einen Freund mitgebracht, der Schlagzeuger ist. Er geht nicht so oft ins Theater wie Max und ich. Ich bin sehr gespannt, wie seine Sicht auf den Abend ist.


Links sitzt George Kranz am Schlagzeug. Rechts steht Lars Eidinger am Mikrofon mit hellblauem Hemd über der schwarzen Hose und mit schwarzer Strickmütze, er liest aus zwei Büchlein mit neongrünen und pinkfarbenen kleinen Reitern als Lesezeichen. Lars Eidinger liest Gedichte von Thomas Brasch, zwischen den Gedichten macht George Kranz jeweils kurze Schlagzeugsoli, symmetrisch und abgestimmt auf den Gedichtvortrag.

Mir fällt auf: Lars Eidinger legt keines der beiden Bücher aus der Hand, sondern hält beide die ganze Zeit über.

Eidinger und Kranz lassen Thomas Brasch und sein Werk auf der Bühne erstehen. Sie machen das Andenken an Thomas Brasch im Saal lebendig, als einen, der sucht und der mehr Fragen hat als er Antworten weiß.

Zunächst wirken die Schlagzeugsoli von George Kranz wie eine Zäsur, bevor Text und Schlagzeug ein Ganzes ergeben.

Irgendwann kommt Braschs Gedicht  „Ich liebe Dich“: „„Ich liebe Dich“ kann man / auf dreierlei Weise betonen. / Wie spricht man den Satz ohne Betonung?“ Lars Eidinger liest kurz das Gedicht, dann spielt George Kranz auf dem Schlagzeug und spricht dazu den Satz „Ich liebe Dich“ ohne Betonung und immer wieder. Dazu erscheint der Text als einzige Projektion an diesem Abend, die Wörter jeweils einzeln und in großen schwarzen Lettern auf dem weißen Grund der Plane: ICH / LIEBE / DICH. Der dramatische Höhepunkt.

Der dramatische Höhepunkt ist wie ein Verschmelzen aller Sinne – alles läuft zusammen: Das Gehörte, das Gesehene, das Gefühlte.

Am Schluss kommt eine Zugabe von seitlich, außerhalb der Bühne. Die eigentliche Bühne bleibt dabei leer und dort ist dann nur noch einer: Thomas Brasch.

Die Zuschauer/innen wenden die Köpfe von rechts nach links, von links nach rechts und müssen beides über den Raum der Bühne einfangen und vereinbaren.

George Kranz spielt souverän, mit allem was es gibt, mit Schlagzeug, Hocker, Händen und Stimme. Lars Eidinger ist in seiner Art der Performance zurückgenommen, bescheiden, distanziert, schlicht und schnörkellos. Lars Eidinger und George Kranz machen den Abend zu einer großen Verbeugung vor Thomas Brasch.

Lars Eidinger sagt später im Gespräch im Café, dass er vermutete, einige Zuschauer/innen würden George Kranz' Rhythmus-Einlagen, die mit der Stimme produziert werden, als befremdlich und vielleicht unangenehm empfinden und würden daher lachen müssen – so wie eine Übersprunghandlung. Ich empfinde es als eine Besonderheit dieses wunderbaren Abends.

Thomas Brasch ist die Hauptperson auf der Bühne, der Star des Abends.

Ich fand es groß!

Es hat mich beeindruckt!

Mein Schlagzeuger-Freund ist auch beeindruckt und hat viele Assoziationen, die er Lars Eidinger mitteilt. Ich freue mich, dass Menschen, die mir wichtig sind, etwas mitnehmen können. Ein wirklich toller Abend!

Max und Maren

12. August 2011

UFA Filmnächte im Schlosspark Sanssouci vom 1.-3. September 2011


Auf großer Leinwand und vor der spektakulären Kulisse der Orangerie im Park Sanssouci zeigt die UFA vom 1.- 3. September open air Filme, die Kinogeschichte geschrieben haben, darunter zwei der wichtigsten Filme der Weimarer Republik: „Der letzte Mann“ und „Nosferatu – eine Symphonie des Grauens“.

Das Deutsche Filmorchester Babelsberg unter der Leitung von Helmut Imig wird diese beiden Stummfilme mit Originalpartituren live begleiten.

„Nosferatu - eine Symphonie des Grauens“ von Friedrich Wilhelm Murnau, uraufgeführt 1922 mit Max Schreck in der Rolle des Grafen Orlok läuft am Donnerstag, den 1. September.

„Das Flötenkonzert von Sanssouci“ einer der ersten Tonfilme überhaupt, uraufgeführt am 19.
Dezember 1930, von Gustav Ucicky mit Otto Gebühr in der Rolle des Preußenkönigs Friedrich des Großen ist am Freitag, den 2. September.

„Der letzte Mann“ ebenfalls von Friedrich Wilhelm Murnau, mit dem unvergessenen Emil Jannings in der Hauptrolle und uraufgeführt am 23. Dezember 1924, läuft am Samstag, den 3. September.

Einlass ist an allen Tagen um 19.30 Uhr.
Die Kartenpreise liegen zwischen 12,- und 18,- Euro.

Die Filme stammen aus dem Bestand der Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung.
Die drei Filme repräsentieren jeder für sich einen Meilenstein in der Geschichte des Kinos und der Geschichte der UFA. Damals wie heute prägt das Potsdamer Unternehmen die Filmlandschaft maßgeblich.

Vor Beginn der Filmvorführungen werden die Zuschauer von prominenten Paten mit einem kurzen Vortrag in die filmhistorischen Hintergründe der drei UFA-Filmklassiker eingeführt. Und auch für das leibliche Wohl wird dem glanzvollen Rahmen entsprechend gesorgt sein.

Die UFA Filmnächte werden durch das Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg sowie von der Landeshauptstadt Potsdam, vom Filmmuseum Potsdam, der Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung und Transit Film unterstützt. RBB Fernsehen und Radio Eins sind Medienpartner.

Weitere Infos unter www.ufa-filmnaechte.de und www.ufa.de.

Foto: UFA

26. Dezember 2010

WaitsWilsonWoyzeck: "Woyzeck" (Deutsches Theater)

Es handelt sich mal wieder um eine Kooperation des genialen Robert Wilson, der das Konzept für diese Woyzeck-Version entwarf, mit dem noch genialeren Tom Waits. Die Songs von Waits, stark gesungen von den Darstellern, gehen - wie immer, wenn er Musik fürs Theater komponiert - direkt in den Kopf und Körper und bleiben da. Mein Lieblingslied des Abends "All the world is green", ein Duett von Woyzeck (Moritz Grove) und Marie (Claudia Renner, die die erkrankte Maren Eggert großartig vertreten hat). Wenn Frauen die Theatersongs von Waits singen, gefallen sie mir fast noch ein bisschen besser als vom großen Meister selbst.

Auf der trichterartigen Bühne in den Kammerspielen des Deutschen Theaters rennen, rutschen und rollen die Figuren des Büchner-Stückes (Regie: Jorinde Dröse) um ihr Leben. Der Tambourmajor wird von Christoph Franken als wunderbare Karikatur eines aufgeblasenen, selbstherrlichen, rücksichtslosen Menschen gespielt. Der Hauptmann und der Doktor erscheinen wie Figuren aus dem Zirkus.

Der Abend hat viel von einem Musical - allerdings ohne Zuckerguss und Happy End.

20. November 2010

Dankesbrief an Georgette Dee: "Lieben Sie Brahms?" (BE)


Liebe Georgette Dee,

danke für einen wunderbaren Abend! Von Deinen Geschichten konnte ich nicht genug bekommen. Von Deiner Musik sowieso nicht. Die eine oder andere Träne habe ich vergossen: vor Lachen und vor Rührung. Besonders habe ich mich über viele Stationen Deiner (Lebens-)Geschichte(n) gefreut, die auch Stationen in meinem Leben waren. (Ich plane, sehr bald einmal wieder in den Odenwald zu fahren, um dort Hirschgulasch zu essen.) Der gesamte Abend war wie ein langes Lied - eins hat sich zum anderen gefügt und ich bewundere Deine Fähigkeit zu erzählen, so dass viele lebendige Bilder entstehen. Bilder, die ich gerne mit nach Hause genommen habe. Das ist "Kunscht"! Gerne hätte ich Dir noch weitere drei Stunden zugehört, aber so muss ich einfach wieder kommen, wenn du auf dieser oder einer anderen Bühne stehst. Darauf freue ich mich!

Alles Gute, Deine Maren


Foto: Lesley Leslie-Spinks

1. November 2010

Die Bühne ist die Welt: Die Entdeckung des Himmels

Harry Mulisch, Autor zahlreicher Romane, Novellen Essays, Dramen, Opernlibretti und Gedichte, ist am Samstag im Alter von 83 Jahren gestorben. Sein umfangreiches Werk war stark durch die Erinnerung an den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg geprägt und fand Leser in aller Welt. Einige seiner Bücher wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Jahrelang galt Mulisch als Anwärter auf den Literaturnobelpreis.

Für mich gehört "Die Entdeckung des Himmels" zu den beindruckendsten Werken der Literatur überhaupt. Ich verschenke dieses - mein Lieblingsbuch - immer wieder an Menschen, die mir wichtig sind und von denen ich sicher bin, dass sie es ebenso schätzen werden wie ich. In dieser Geschichte um eine Freundschaft, die über vier Jahrzehnte verfolgt wird, geht es um Politik, Musik, Literatur, Religion, Architektur, Kunst, Naturwissenschaften, Astrologie uvm. Harry Mulisch hat in diesem Roman die Welt zu einer Bühne gemacht, auf der nicht nur die beiden "Spielleiter" im Himmel Regie führen, sondern auch die kluge weibliche Hauptfigur (Ada) - und zwar mehr als die Männer des Romans ahnen.

Wer "Die Entdeckung des Himmels" liest, lernt und lernt und lernt. Und ist nach der Lektüre nicht nur an Wissen sondern auch an Erkenntnis für das eigene Leben reicher. Dieses Buch ist eine große geistige Bereicherung.