13. Januar 2013

Alles eine Frage des Lichts: Polleschs „Don Juan“ mit Martin Wuttke in der Volksbühne


Wuttke/Pollesch – eine verlässliche Kombination für einen amüsanten Abend. René Pollesch hat sich für die Molière-Trilogie an der Volksbühne „Don Juan“ vorgenommen, von dem – wie nicht anders zu erwarten – am Ende nicht viel mehr übrig bleibt als der Name. Denn eigentlich ist es ein Stück über den Schauspieler Martin Wuttke, der auch im „Geizigen“ (Regie: Frank Castorf) und im „Eingebildeten Kranken“ (hier führt er selbst Regie), die Hauptrolle spielt.

Dazu der bekannte Pollesch-Sprech im typisch leiernden Tonfall  mit den üblichen Pollesch-Schauspielern (Brigitte Cuvelier, Jean Chaize u.a.): In den ersten Szenen ein ständiges Wiederholen einer Textpassage  über Begehrlichkeiten und schwindende Attraktivität im Reigen der Schauspieler. Sie fallen dabei unentwegt übereinander her, küssen sich ab und begrabbeln sich. Und mittendrin Wuttke – das Hauptobjekt des Begehrens. Wuttke im Rollstuhl. Trotz Wadenbeinbruchs steht er auf bzw. rollt und humpelt über die Bühne. Seine jüngsten krankheitsbedingten Ausfälle werden damit zum Thema. Sein Nichterscheinen bei der Premiere von „Der Geizige“ in Wien im Sommer des letzten Jahres ist eines der zentralen Themen im Stück. Sein „größter Erfolg“ sei es gewesen  – eine Anspielung auf die vielen Spekulationen der Boulevard-Presse, die aus einem eigentlich untragischen Vorfall eine riesen Sache machte.

Polleschs typische Assoziationsketten: „Deine letzte SMS hatte auch nicht mehr die Größe von früher.“ (Wuttke zu Lilith Stangenberg) – „Erzähl du mir nichts von Größe.“ (sie zu Wuttke, den sie um fast zwei Köpfe überragt).  Und: Das Licht, das sich geändert habe, sei schuld daran, dass er nicht mehr attraktiv wirke. Wenn die Scheinwerfer auf die Reihe der Schauspieler gerichtet sind, steht Wuttke im Dunkeln und ist nicht zu sehen.

Eine der komischsten Szenen ist das Namen-Kauderwelsch, das minutenlang zelebriert wird und dann am besten wirkt, wenn die Schauspieler dabei selbst lachen müssen. Ich mag so was sehr!
Auffällig sind die zahlreichen Texthänger, die Souffleuse steht  – auch das kennt man von Pollesch – mit auf der Bühne. Ob sie die Beinschiene nur als Anspielung auf Wuttkes Beinverletzung trägt oder gar selbst eine hat, weiß man nicht. Das passt zum Abend, an dem Realität (Wuttke) und Stück ständig durcheinandergemischt werden, dass es irgendwann auch keine Rolle mehr spielt.

Mit: Franz Beil, Maximilian Brauer, Jean Chaize, Brigitte Cuvelier, Lilith Stangenberg und Martin Wuttke

Regie: René Pollesch
Bühne: Bert Neumann
Kostüme: Nina von Mechow
Licht: Lothar Baumgarte
Dramaturgie: Anna Heesen