28. Mai 2016

Ein Land, das es nicht mehr gibt: "Common Ground" von Yael Ronen & Ensemble (Maxim Gorki Theater)

Basierend auf einer gemeinsamen Reise nach Bosnien hat Yael Ronen mit sieben Schauspieler/innen, davon fünf aus dem ehemaligen Jugoslawien (bzw. Serbien, Bosnien und Herzegowina), das Stück entwickelt. Sie kamen als Kinder oder Jugendliche während des Kriegs in den 90ern nach Berlin. Welchen Common Ground (= Gemeinsamkeiten, auch: gemeinsamen Boden) haben sie? Wo kreuzen sich die Biographien? Und kann die Generation, die nach dem Krieg aufwuchs, vergeben und die Schuld der Eltern sühnen. Welche Konflikte und Vorurteile herrschen heute, über 20 Jahre nach dem Krieg, noch?

Im ersten Teil des Stückes wird in schnellen kurzen Szenen die Geschichte Jugoslawiens, Deutschlands, Europas zu Beginn der 90er gezeigt und die mit den Biographien der Schauspieler/innen zu diese Zeit verknüpft. Im zweiten Teil geht es um die Reise nach Bosnien und den Versuch, den Balkankonflikt zu verstehen. Immer wieder treten dabei auch (rassistisch) Vorurteile zu Tage.

Das Schaffen von Feindbildern und deren Entmenschlichung, das Schüren von Ängsten, die Inszenierung von Bedrohung durch die "anderen" - als das hat zu den Kriegen geführt. Und wie aktuell ist das Stück damit heute! Denn genau das ist es, was Rechtpopulisten derzeit in Deutschland tun...

Das Stück funktioniert u.a. deswegen so gut, weil neben Schauspieler/innen aus Ex-Jugoslawien auch Niels Borman (Deutschland) und Orit Nahmias (Israel) auf der Bühne stehen. Und weil sie witzig sind. Die Spannung des Stückes liegt in den oftmals schnellen Wechseln zwischen Bestürzung über die Kriegsverbrechen und Lachen können über die humorvoll gespielten Szenen aus dem Leben der Darsteller/innen.

Wieder  -  wie in Milo Raus ""The Dark Ages"  - schafft man es nicht so einfach, die einzelnen geschichtlichen Details, Parteien, Zugehörigkeiten, Religionen etc. klar zu definieren und ausseinanderzuhalten. Auch das ist Thema des Stückes und wird unter anderem geschildert in der Familiengeschichte von Dejan Bucin.

Die Figur der Jasmina (Tochter eines Mannes, der im KZ ermordet wurde) wird von der Schauspielerin Mateja Meded und die der Mateja (Tochter eines Mannes, der in einem KZ arbeitete) von der Schauspielerin Jasmina Musić gespielt - also in vertauschten Rollen. Möglicherweise sollte somit das sehr Persönliche der beiden Schicksale aufgelöst werden. Im Stück treffen sie aufeinander und müssen einen Weg finden miteinander umzugehen, vor allem Mateja weiß nicht, wie sie Jasmina entgegentreten soll und fühlt sich schuldig.

Am Ende haben manche der Schauspieler/innen Tränen in den Augen. Man weiß nicht so genau, ob es "echt" ist oder gespielt. Dennoch: es gehört zum Stück.

Standing ovations vom Publikum für dieses tolle Stück und viele gerührte Menschen.

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Die Inszenierung wurde zum Theatertreffen 2015 eingeladen und ist Gewinner des Publikumspreises "Stücke 2015" Mülheimer Theatertage.

Regie: Yael Ronen
Bühne: Magda Willi
Kostüme: Lina Jakelski
Video: Benjamin Krieg, Hanna Slak
Dramaturgie: Irina Szodruch
Musik: Nils Ostendorf

Mit: Vernesa Berbo, Dejan Bućin, Niels Bormann, Mateja Meded, Jasmina Musić, Orit Nahmias, Aleksandar Radenković

Weitere Infos zum Stück auf der Seite des Maxim Gorki Theater.

Ein Interview mit Yael Ronen zur Stückentwicklung zum Anschauen.

11. Mai 2016

Rückblick Januar bis April 2016: Autorenklub, Streitraum, Poetry Slam, Karneval, Hommage und ((re-)re-)re-visited Stücke

Schon sind wieder vier Monate seit dem letzten Rückblick vergangen. Viel hat sich angesammelt an Erfahrungen und Erlebnissen. Ich habe 21 Stücke gesehen, 2 Autorenklubs von Wengenroth besucht und an 8 weiteren Theater-Veranstaltungen teilgenommen. Der April war natürlich vom FIND geprägt - dazu hatte ich bereits ausführlich berichtet. Auch Max Penthollow hat mir wieder geschrieben, seine Berichte habe ich im Text verlinkt.


JANUAR

08.01. Probedurchlauf Die Mutter von Bertolt Brecht (Schaubühne)
Studierende der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" zeigen zusammen mit Urusla Werner als Mutter einen Theaterklassiker "aus einer Zeit, in der die Utopie einer herrschaftsfreien Gesellschaft noch möglich schien" und blicken "auf eine Gegenwart, die Revolution und Veränderung immer nötiger hat". Wie immer führt Peter Kleinert Regie. Die Musik kommt von Hanns Eisler, die musikalische Leitung hat Mark Scheibe. Wir vom Freundeskreis dürfen diesen Probedurchlauf sehen, bevor die Student/innen vor dem "richtigen" Publikum spielen können.

Ursula Werner als "Die Mutter" mit Celina Rongen, Felix Witzlau (Foto: Gianmarco Bresadola)


16.01. PREMIERE Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs von Milo Rau (Schaubühne)
Eine großartige Ursina Lardi in einem bedrückenden wie beeindruckenden Stück über den Völkermord in Ruanda, die Grenzen des Humanismus und Mitleids. Der Text entstand als eine Art Zusammenschnitt von Interviews mit NGO-Mitarbeiter/innen und Kriegsopfern sowie eigenen Erfahrungen der Schauspielerin und des Regisseurs.

Ursina Lardi als Entwicklungshelferin in "Mitleid" (Foto: Daniel Seiffert)

18.01. Freunde der Schaubühne // Freunde feiern: Neujahrsempfang bei Friedrich Barner 
Bericht im Archiv des Freundeskreises

22.01. re-visited Stück Plastik (Schaubühne)
Hatte ich beim letzten mal erwähnt, wie gut das Stück im "Globe" funktioniert? Ohne diesen Bühnen- und Zuschauerraum wäre das Stück nicht das, was es ist. Und dass, obwohl es sich um ein zeitgenössisches Stück handelt.

Perfekt im Globe: "Stück Plastik" mit Robert Beyer, Jenny König, Sebastian Schwarz, Marie Burchard (Foto: Arno Declair)


28.01. Wengenroths Autorenklub: Stefan Zweig (Schaubühne)
Viele Flaschen Blauer Zweigelt. Eine Flasche Veronal. Gesang. Eine Bowie-Hommage von Eva Meckbach. Laurenz Laufenberg eingehüllt in einen Teppich. Ulrich Hoppe sterbend auf dem Sofa. Wengenroth as always: great. Texte über Europa. Stefan Zweig!


FEBRUAR
 
01.02. Brasch/Eidinger/Kranz (Schaubühne)
Bericht von Max Penthollow und mir "Eine Verbeugung vor Thomas Brasch"

02.02. re-re-visited thisisitgirl (Schaubühne)
Dieses Stück muss bitte noch lange gespielt und von vielen gesehen werden. Hier noch mal der Link zu meinem Bericht von der Premiere.

Männer und Feminismus: Ulrich Hoppe und Laurenz Laufenberg in "thisisitgirl" (Foto: Gianmarco Bresadola)


12.02. Freunde der Schaubühne // Freunde treffen Künstler: "Nehmense 'n andern" - Ein Abend mit Ulrich Hoppe
...aber zum Glück haben wir ihn doch eingeladen! Bericht im Archiv des Freundeskreises

14.02. PREMIERE Borgen (Schaubühne)
Bericht von Max Penthollow "Brillanter Trash"

Fernsehen im Theater: Sebastian Rudolph in "Borgen" (Foto: Arno Declair)
 
19.02. Filmreihe Luc Bondy: Wintermärchen (Schaubühne)
Zum Andenken an Luc Bondy wurden in der Schaubühne Aufzeichungen verschiedener Bondy-Inszenierungen gezeigt. Eine Hommage an einen großen (Schaubühnen-)Regisseur.

28.02. Jewgeni Onegin (Komische Oper)
Eine seltene Ausnahme: Ich bin mal in der Oper. Und ich genieße es. Tolles Bühnenbild. Tolle Sänger sowieso. Eine Inszenierung von Barrie Kosky.


MÄRZ   

01.03. re-visited Die kleinen Füchse (Schaubühne)
Beim zweiten mal hat mir das Stück besser gefallen und ich habe die Qualität der Inszenierung erkannt. Max Penthollow schrieb darüber. Urisana Lardi als Birdie Hubbard - fantastisch!


Frauen gegen das Boys-Network: Ursina Lardi als Birdie in "Die kleinen Füchse" (Foto: Arno Declair)

11.03. re-re-re-visited Tartuffe (Schaubühne)
Ja, es ist immer noch gut. Nein, es ist auch beim vierten mal nicht langweilig.
Max schrieb darüber. Und: Ich auch.

Cathlen Gawlich als Dorine und Franz Hartwig als Damis in "Tartuffe" (Foto: Katrin Ribbe)


20.03. Carnival Al Ladjin - Karneval der Geflüchteten
My Right Is Your Right! und die Berliner Bühnen veranstalteten anlässlich des Globalen Aktionstags gegen Rassismus eine Demo und hatten folgende Forderungen:
Für ein Recht auf Bewegungsfreiheit
Für ein Recht auf Bildung
Für ein Recht auf Arbeit
Für ein Leben in Würde
Für ein Recht auf Mitgestaltung, Teilhabe und Teilnahme
Für die Abschaffung der Residenzpflicht
Gegen antimuslimischen Rassismus
Gegen Abschiebungen

Für ein Recht auf Mitgestaltung: Carnival Al Ladjin (Foto: Stefanie Eisenschenk)


24.03. Poetry Slam – Dead or Alive (Schaubühne)
Die Lebenden, vier Poetry Slamer (Lisa Eckhart, Frank Klötgen, Julian Heun, Toby Hoffmann) treten mit ihren selbst geschriebenen Texten gegen die Toten, vier bereits verstorbene Dichter, an. Die Dichter werden dargestellt von Iris Becher (Mascha Kaléko), Ulrich Hoppe (Konrad Bayer), Bernardo Arias Porras (Pumuckl) und Jenny König (Pablo Neruda). Besonders viel Spaß (sic!) hatte das Publikum mit Pumuckl, der von Bernardo Arias Porras als das interpretiert wurde, was er eigentlich ist: Ein Punk und Anarchist. Im Finale versuchen die Dichter mit Goethes "Prometheus" zu punkten und treten im Boxer-Outfit an - trotz Pumuckls beeindruckender Rezitation des Gedichts gewinnen (natürlich!) die Slamer.


APRIL
        
03.04. Streitraum: Antisemitismus in Europa (Schaubühne)
Carolin Emcke im Gespräch mit Daniel Cohn-Bendit, Agnes Heller und Stefanie Schüler-Springorum: Wie lässt sich Antisemitismus in Europa begegnen? Was sind die Ursprünge - welche Milieus und Motive bedingen Antisemitismus? Welche Rolle spielt der Nahost-Konflikt?

Über das FIND 2016 habe ich ausführlich berichtet.
Hier meine Reviews Teil 1, Teil 2 und Teil 3

21.04. Nora (Deutsches Theater)
Armin Petras hat das Stück von Ibsen für das DT überarbeitet: Nora und ihr Mann leben in einer bunten poppigen Welt. Sie sprechen eine - in dieser Inszenierung künstlich überzeichnete - Hippster-Sprache. In welchem gesellschaftlichen Konstrukt sollen sie leben?

25.04. Wengenroths Autorenklub: Friedrich Schiller (Schaubühne)
In der elften Ausgabe wird Schiller von Goethe (Performer Johannes Dullin) Konkurrenz gemacht. Außerdem gibt's Apfelkorn und verfaulte Äpfel auf der Bühne (jaja, Schiller - Tell - der Apfel). Und Ulrich Hoppe darf einen Text aus den Räubern als Ente sprechen (im Andenken an seine Ausbildungszeit bei einem "sehr berühmten Pantomime-Lehrer"). Iris Becher, Jule Böwe, Tilman Strauß und Mark Waschke konzentrieren sich auf Johanna, die Räuber und Goetz von Berlechingen. Tilman Strauß singt außerdem ein Abschiedslied, denn er wird das Ensemble (leider!) verlassen. Rührend!

26.04. Hamletmaschine (Deutsches Theater)
Vor neun Jahren hat Dimiter Gotscheff Heiner Müllers Hamletmaschine inszeniert und selbst darin gespielt. Zu einem Gastspiel in Havanna konnte er im Herbst 2013 nicht mehr mitreisen, trug aber dafür Sorge, dass eine Version gezeigt werden konnte, die seine Passagen per Video einspielte. Aus Anlass von Gotscheffs 73. Geburtstag ist diese Variante seiner legendären Inszenierung nun noch einmal am Deutschen Theater zu sehen. Im Zuschauerraum sind viele traurige und weinende Menschen - es ist eine Veranstaltung im Gedenken an eine großen Regisseur. Meinen Bezug zu diesem Theaterbesuch hatte ich im Zusammenhang mit dem FIND und der Milo Rau Inszenierung "The Dark Ages" bereits erwähnt - Valery Tscheplanowa erzählte.

4. Mai 2016

Max Penthollow schreibt mir // Kapitel 16: Laut und leise ("Sommergäste" in der Volksbühne)

Max Penthollow schreibt mir...

Liebe Maren,

ich war am 15. März 2016 in der Premiere von "Sommergäste" nach(!) Maxim Gorki an der Volksbühne und ein weiteres mal am Freitag, 18.März 2016 (erste Vorstellung nach der Premiere).

"Sommergäste" von Maxim Gorki - Volksbühne Berlin - Regie: Silvia Rieger - Premiere am Dienstag, 15. März 2016, 20 Uhr

Bei der Premiere habe ich es so empfunden:
Student/innen der Ernst-Busch-Hochschule für Schauspielkunst. Ich fand es schön und interessant, die Darsteller/innen hatten viel Freude ebenso wie das Publikum. Allerdings habe ich bisher keinen wirklichen Zugang gefunden zum Konzept der Inszenierung. Es war für mich insgesamt sehr laut und die Darsteller/innen haben teilweise sehr laut gesprochen (herausgeschrien und herausgebrüllt!), teilweise so laut, dass ich es nicht richtig verstanden habe.

Das Publikum saß auf der Bühne, das Stück spielte im Zuschauerraum. Einige Motive habe ich aus der Schaubühnen-Inszenierung wiedererkannt (ich habe die Schaubühnenfassung von Alvis Hermanis  fünfmal gesehen, vor drei oder vier Jahren).

Ich würde die Absicht der Regisseurin, Silvia Rieger,  gern besser verstehen. Aus meiner Sicht konnten die Schauspielstudenten einen Teil von den tollen Sachen zeigen, die sie können, aber mehr davon wäre für mich auch spannend gewesen.

Interessant und sehenswert ist die Inszenierung aus meiner Sicht allemal!

Nach der Premiere hat es mir keine Ruhe gelassen und ich bin noch einmal in das Stück gegangen. Nun komme ich zu dem folgenden Ergebnis:

Die Darsteller/innen haben zwar in ihrem Spiel viel und dominierend geschrien, das Schreien hat mich aber diesmal weniger irritiert und mehr beeindruckt als bei der Premiere, ich habe die Texte diesmal besser verstanden, und es gab doch immer noch und im ganzen Stück auch viele leise Momente, die für mich ganz bezaubernd waren. Sie waren in meiner Wahrnehmung am ersten Abend unter den lauten Tönen weitgehend untergegangen.

Silvia Riegers Inszenierung ist schlicht und schnörkellos, der Text und die Bühnenshow sind auf Wesentliches reduziert und durch Neues ergänzt.

Ich fand es wieder ganz toll, mit welcher Begeisterung und Lust und Freude die Darsteller/innen ihr Spiel gemacht haben! Die schwarze Bühne ist weitgehend leer, es gibt wenige Leitmotive: eine große weiße Birke, einen großen weißen Pilz und ein langes rotes Tischtuch schräg über den Bühnenboden, mit weißen Esstellern und silberglänzendem Besteck. Sehr schöne fantasie- und liebevoll gestaltete Kostüme, schönes Licht und eindrucksvolle Musik!

Mein Fazit: Gorkis "Sommergäste" ist und bleibt ein wunderbares Stück und die Inszenierung von Silvia Rieger und das begeisterte muntere Spiel der Darsteller/innen haben mir sehr gut gefallen! Sehr fein!

Es gab fröhlichen Applaus!

Allerliebst

Max
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Eine Kooperation mit der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin

Regie: Silvia Rieger
In der Bühne von: Bert Neumann
Kostüme: Laurent Pellissier
Licht: Torsten König
Einrichtung Musik und Ton: Wolfgang Urzendowsky
Dramaturgie: Sabine Zielke

Mit: Frank Büttner, Maximilian Hildebrandt, Daniel Klausner, Benjamin Kühni, Martin Otting, Marie Louise Rathscheck, Theresa Riess, Celina Rongen, Kim Schnitzer, Janet Stornowski, Ulvi Erkin Teke, Léa Wegmann und Felix Witzlau

Dauer: 1 Stunde 55 Minuten  

Weitere Infos auf der Seite der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.

3. Mai 2016

Max Penthollow schreibt mir // Kapitel 15: Steht der Tropfen höhlt den Stein! ("Die Affäre Rue de Lourcine" am Deutschen Theater)

"Der Schnaps hat's ganz schön in sich!" (Zitat aus der Aufführung, vorgetragen vom Dienstmädchen Justine) 

Max Penthollow schreibt mir...

Liebe Maren,

kürzlich habe ich im Deutschen Theater Eugene Labiches "Die Affäre Rue de Lourcine"  gesehen.

Hier ist mein Bericht:

"Die Affäre Rue de Lourcine"  von Eugène Labiche – Deutsch von Elfriede Jelinek – Regie: Karin Henkel – Deutsches Theater Berlin -  Premiere am Sonntag, 17. Januar 2016, 19:30 Uhr

Eugène Labiche hat von 1815 bis 1888 gelebt, in Frankreich, erst in Paris und später auf dem Lande. Nach abgeschlossenem Jurastudium arbeitete er als Journalist, Stückeschreiber, als Landwirt auf seinem Gut und als  Politiker, mit 55 Jahren war er Bürgermeister von Sologne. Eugène Labiche hat 175 Theaterstücke geschrieben mit 48 Koautoren und hatte mit seinen Stücken einen Riesenerfolg! Das Schreiben sei ihm ganz leicht gefallen! (Quelle: Programmheft des Deutschen Theaters zum Stück).  Labiche's Thema: die Welt des Bürgertums - seines Bürgertums: seine Welt!

"Die Affäre Rue de Lourcine", ist in deutscher Sprachfassung erstmalig 1988 an der Berliner Schaubühne aufgeführt worden (Quelle: Wikipedia), nun am Deutschen Theater Berlin, damals wie heute in der Übersetzung aus dem  Französischen von Elfriede Jelinek.

Eine Farce aus dem Jahr 1857: zwei Männer, Lenglumé und Mistingue, erinnern sich nach einer Sauftour vom Vorabend und der vergangenen Nacht beim "Jahrestreffen der Ehemaligen" an gar nichts mehr. Am Mittag des nun angebrochenen Tages soll eine Kindstaufe stattfinden, zu der sich gerüstet werden muss. Lenglumés wechselhaft strenge Ehefrau Norine liest aus der Zeitung vor, dass in der vergangenen durchzechten Nacht in ihrer Straße (Rue de Lourcine) ein junges Kohlenmädchen grausam ermordet worden sei. Es gibt nur wenige Indizien, aber die weisen laut dem Zeitungsbericht unerbittlich und kompromisslos auf die beiden Männer als die Täter bzw. als Tatbeteiligte hin.

Für mich ist es eine schrille, von Karin Henkel liebevoll und spannend inszenierte Posse, ein Schwank mit überraschender Wendung und kathartischem Schluss! Die Darsteller/innen haben große Freude an ihrem Spiel, die Bühne dreht sich stimmungsvoll zu déjà vus, das Publikum geht gut mit!  

Ich finde: 160 Jahre nach ihrer Entstehung und fast 30 Jahre nach ihrer deutschen Erstaufführung ist "Die Affäre Rue de Lourcine" im Deutschen Theater eine besondere Perle!

Ich fand es ganz toll!

Liebste Grüße

Max
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Regie: Karin Henkel
Bühne: Henrike Engel
Kostüme: Nina von Mechow
Musik: Arvild Baud
Dramaturgie: Claus Caesar, Hannes Oppermann

Oscar Lenglumé: Michael Goldberg
Mistingue / Norine: Felix Goeser
Norine: Anita Vulesica
Potard / Justine: Christoph Franken
Justine: Wiebke Mollenhauer
Sohn / Justine / Oscar Lenglumé: Camill Jammal


Weitere Infos auf der Seite des Deutschen Theaters.