3. Oktober 2017

Rückblick September 2017: Spielzeitbeginn - Fritsch erstmals auf der Schaubühne - "Rückkehr nach Reims" jetzt auch in der deutschen Fassung

Die theaterfreie Zeit ist vorbei - die Spielzeit 2017/18 hat begonnen. Und hier kommt der erste Monatsrückblick.


08.09.2017 Gastspiel Acceso von Roberto Farías und Pablo Larraín (Schaubühne)

Dieses Ein-Mann-Stück von Roberto Farías und Pablo Larraín wurde im Rahmen des Festival Internationale Neue Dramatik (FIND) 2017 erstmals an der Schaubühne gezeigt. Aufgrund der großen Nachfrage lud die Schaubühne die Produktion aus Chile noch einmal für drei Vorstellungen ein. Beim zweiten mal war es nicht weniger berührend und nachhaltig beeindruckend.

Hier habe ich während des FIND 2017 darüber berichtet.

"Acceso" von Roberto Farías und Pablo Larraín, Regie: Pablo Larraín (Foto: Sergio Armstrong)


17.09.2017 Brunch der Freunde der Schaubühne e.V.

Mittlerweile können wir über 1.000 Mitglieder verzeichnen. Kein Wunder also, dass bei unserem diesjähringen Brunch zur Spielzeiteröffnung über 120 Freundinnen und Freunde anwesend waren. Wer Interesse an einer Mitgliedschaft hat, findet hier entsprechende Infos. Wir bieten neben Künstler*innen-Treffen auch Führungen hinter die Kulissen, Reisen und gemeinsame Feiern an. Mit unseren Mitteln fördern wir diverse Projekte der Schaubühne.


19.09.2017 PREMIERE Zeppelin von Herbert Fritsch frei nach Texten von Ödön von Horvàth  (Schaubühne)

Es ist soweit. Herbert Fritsch ist mit seinen Schauspieler*innen (Florian Anderer, Werner Eng, Bastian Reiber, Ruth Rosenfeld, Carol Schuler, Axel Wandtke) und dem Musiker Ingo Günther an der Schaubühne angekommen. Für seine erste Produktion holt er sich Jule Böwe und Alina Stiegler aus dem bisherigen Ensemble dazu. In Zeppelin bedient sich Fritsch diverser Texte von Horváth und mischt diese fröhlich durcheinander. Der Satz "Irgendwann werden sie das alles verstehen" ist fast schon Programm und natürlich auch sehr selbtreferenziell ironisch. Denn Fritsch geht es gar nicht darum, dass alles immer einen Sinn ergibt. Was zählt ist die Freude an den Worten, die von der Fritsch-Truppe gesprochen, gerufen, gesungen werden. Große Augen, Grimassen, turnerische Darbietung. Sie hängen, klammern und klettern im Zeppelin. Immer wieder der Balanceakt auf, in und unter dem Ding, das über der Bühne schwebt. Da zeigt sich wahre Körperbeherrschung und Können. Der Zeppelin ist dabei allerdings nur ein Gerüst bzw. das Skelett eines Luftschiffs und scheint mal leicht, mal schwer. Ein Gerippe, ein Käfig, Schutz und Bedrohung zugleich. Auch diese Produktion ist wie alle Stücke von Fritsch vor allem Augen- und Ohrenweide - Hauptsache die Zuschauer*innen haben Spaß. Einer der Höhepunkte: Am Ende stehen sie auf den Sprossen im Zeppelin, es pendelt gefühlte zehn Minuten aus. Geklatscht werden darf erst, wenn es still steht. Das muss man aushalten da unten im Zuschauerraum.

Balanceakt im Zeppelin: Florian Anderer, Ruth Rosenfeld, Bastian Reiber, Jule Böwe, Carol Schuler, Axel Wandtke, Alina Stiegler (Foto: Thomas Aurin)

Regie und Bühne: Herbert Fritsch   
Kostüme: Victoria Behr   
Musik: Ingo Günther   
Dramaturgie: Bettina Ehrlich   
Licht: Torsten König   

Mit: Florian Anderer, Jule Böwe, Werner Eng, Ingo Günther, Bastian Reiber, Ruth Rosenfeld, Carol Schuler, Alina Stiegler, Axel Wandtke 

Essay zum Stück in Pearson's Preview:  »Kein Piña Colada«. Herbert Fritsch, Volksbühnen-Vertriebene und ein riesiges Luftschiff


24.09. PREMIERE Rückkehr nach Reims nach Didier Eribon in einer Fassung der Schaubühne
Regie: Thomas Ostermeier

Nach der Uraufführung in englischer Sprache beim Manchester International Festival (MIF) im Juli - hier habe ich darüber berichtet - folgte nun die deutschsprachige Erstaufführung von "Rückkehr nach Reims" nach dem Buch von Didier Eribon. Die Premiere wurde extra auf den Sonntag der Bundestagswahl gelegt, um (wie Ostermeier in verschiedenen Interviews erklärte), sich damit auseinandersetzen zu müssen, warum es die SPD wieder nicht geschafft habe. Wie wir mittlerweile wissen, ist das Ergebnis für sie so schlecht wie nie ausgefallen. Dafür konnte die AfD erschreckend viele Wähler*innen gewinnen.

Die Rollen von Bush Moukarzel und Ali Gadema übernehmen in der deutschen Fassung Hans-Jochen Wagner und Renato Schuch. Für mich hat das Stück in meiner Muttersprache und durch die unterschiedliche Besetzung eine andere Stimmung erhalten. Insbesonder die Rolle des Regisseurs (Wagner) bekommt einen anderen Aspekt. Während Bush Moukarzel witziger oder ironischer wirkt, kommt H.-J. Wagner arroganter rüber. Nina Hoss' langer, ruhiger Bericht über das Leben ihres Vaters Willi Hoss wirkt auf mich in der deutschen Fassung weniger "angeheftet". Auch wenn Nina Hoss im ersten Teil des Stücks noch die Schauspielerin Katrin ist und erst im letzten Drittel sie selbst wird, ist sie für mich doch immer Nina Hoss. Und in H.-J. Wagner erkennte man Thomas Ostermeier zumindest optisch, denn er trägt Hose, Pullover und Reebok-Turnschuhe, die quasi zu Ostermeiers Signature Look gehören.

Nina Hoss als Katrin und Hans-Jochen Wagner als Regisseur diskutieren (Foto: Arno Declair)


Im November wird "Rückkehr nach Reims" / "Returning to Reims" auch fünf mal in der englischen Originalbesetzung gezeigt:
22. und 25.-28.11.2017 (hierfür sind noch Tickets erhältlich).

Regie: Thomas Ostermeier   
Bühne und Kostüme: Nina Wetzel   
Film: Sébastien Dupouey, Thomas Ostermeier   
Kamera: Markus Lenz, Sébastien Dupouey   
Ton: Peter Carstens
Musik: Nils Ostendorf   
Sounddesign: Jochen Jezussek
Dramaturgie: Florian Borchmeyer, Maja Zade   
Licht: Erich Schneider   

Mit: Nina Hoss   
Mit: Bush Moukarzel / Hans-Jochen Wagner   
Mit: Ali Gadema / Renato Schuch