27. Oktober 2011

Mit Capri-Sonne im Scout Ranzen auf Terroristenjagd: "Zack 'n' Dave" (Schaubühne)

"Das wird ein linger Ratt!" prophezeit Zack mit ernster Miene, bevor er sich mit seinem Partner Dave auf die bereitstehenden Holzpferde schwingt. Spätestens jetzt ist es um die Contenance der meisten Zuschauer geschehen. Die Krimisoap "Zack 'n' Dave" im Studio der Schaubühne lebt zu einem großen Teil von derlei Quatsch-Wortspielereien und davon, die bekannten Krimiserien der 80er Jahre gehörig auf die Schippe zu nehmen. Wem möchte man den halbseidenen US-Bullen, der keine Karte lesen kann, lieber abkaufen als Sebastian Schwarz (Zack Black). Gemeinsam mit David Ruland (Dave Quietland -total irre mit Scout Ranzen, in dem die Capri-Sonne ausläuft, so dass die beiden Helden schrecklichen Durst erleiden müssen) hat er die Serie "Zack 'n' Dave"konzipiert hat. Hinzu kommen Kurzauftritte von Schaubühnenkollegen auf der Leinwand (Thomas Thieme, Jörg Hartmann), eine überdrehte deutsche Familie auf Urlaub in der Wüste Afghanistans und ein durchgeknallter Taliban. Und wie in jeder ordentlichen Serie gibts spätestens nach 25 Minuten eine Werbepause, nach der die Handlung wie immer viel zu weit vorne wieder einsetzt. Das nervt sogar die Schauspieler, die darum bitten, dass der Film doch bitte im Schnelldurchlauf wieder in an die Stelle gespult wird, an der er abgebrochen wurde.

Spaß haben nicht nur die Zuschauer, sondern offensichtlich auch die Schauspieler. Und für nur 5 Euro ist "Zack 'n' Dave" die perfekte Alternative zum Serienschmarn und CSI-Einerlei im Fernsehen.


Zack’n’Daves schwerster Fall: Seit 2001 jagte die Welt Osama bin Laden, der mit der von ihm gebauten Talibahn aus Tora Bora geflohen war. Boss Thieme wurde entführt und ist nun offenbar in der Hand der Terroristen. Der Präsident der USA setzt auf seine besten Einsatzkräfte, um den Boss nach Hause zu holen...

20. Oktober 2011

Freunde der Schaubühne: Venedig (2)


In Venedig ist alles Kunst. Oder Theater. Sagt Martina, unsere Führerin in der Basilica S. Maria Gloriosa Dei Frari. Und es stimmt. So viel Kunst so geballt habe ich selten erlebt und selten habe ich mir so sehr gewünscht, noch viel mehr Zeit zu haben. Das alles noch mehr zu genießen und vor allem zu verarbeiten.
Sollte ich in meinem Leben noch mal zur Biennale kommen, wünsche ich mir (mindestens) einen ganzen Tag in den Giardini, damit man sich zwischen den Besichtigungen der Pavillons und der großen Ausstellung immer mal wieder in den Garten ans Wasser setzen kann. Ruhe, um das Gesehene zu verarbeiten. Ein weiterer Tag ginge für die Arsenale drauf.


Und wie soll man es bei dieser Üebrdosis zeitgenössischer Kunst noch schaffen, die klassische Kunst zu verarbeiten: Allein der Dogenpalast auf der Piazza San Marco bietet so viele Kunstschätze, dass einem schwindelig werden kann (könnte aber auch das "Phantomschaukeln" sein, das sich nach zwei Tagen Vaporetto-Fahren einstellt).


Und wo haben wir sie, die Verbindung von Kunst und Theater? Im Deutschen Pavillon von Christoph Schlingensief. Egomania. Drinnen: "Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir" kennen wir natürlich (aus dem Theater). Und dann passiert es wieder: Ich habe mal wieder das Gefühl, Schlingesief ist da. Das ging mir zuletzt bei Via Intolleranza so. Und hier liegt es eindeutig wieder an den Videodokumenten, seinen Interviews zu seinen Filmen und anderen Projekten. Und Schlingensief kann man (kann ich) stundenlang beim Reden zuhören.


PS. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an Christian für die Organisation der Venedig-Reise und dafür, dass er immer alles irgendwie noch hinbekommen hat - mit einer großen Portion Humor, Frohsinn und Geduld -, obwohl die Venezianer uns den ein oder anderen Strich durch die Rechnung gemacht haben.

13. Oktober 2011

Freunde der Schaubühne: Venedig (1)

Ich erlaube mir, von unserer Reise nicht chronologisch zu berichten und beginne mit dem eigentlichen Grund und damit gleichzeitig mit dem Höhepunkt unseres Aufenthalts in Venedig: Die Verleihung des Goldenen Löwen an Thomas Ostermeier am Montag, 10.10.2011 im Ca’ Giustinian im Rahmen der Biennale Teatro 2011. Während der gleichen Zeremonie erhielt Stefan Kaegi (bzw. das Rimini Protokoll) den Silbernen Löwen als Auszeichnung für ein vielversprechendes Theaterprojekt. Wäre es nach Ostermeier gegangen, hätte das Rimini-Protokoll ebenso den Goldenen Löwen bekommen, wie er in seiner Dankesrede betont.

Wie kann man eine solche Preisverleihung noch toppen? Klar – mit Theater! Weil ich den Hamlet der Schaubühne (ja, mein Lieblingsstück und von der Schaubühne sowieso!) das letzte mal vor drei Jahren gesehen habe, habe ich mich den ganzen Tag auf die Vorstellung – die Italien-Premiere – gefreut. Die Betreiber des Teatro Goldoni haben es dann auch noch extra spannend gemacht, indem sie statt wie geplant um 20 Uhr einfach ein halbe Stunde später angefangen haben. Sicherlich auch für die Schauspieler, die ja schon vor Beginn des Stückes auf der Bühne sind, keine tolle Situation. Schuld waren Ungereimtheiten bei der Sitzplatzverteilung. Aber so richtig hat uns das zu diesem Zeitpunkt eigentlich nicht mehr gewundert – hatten wir doch die letzten Tage gelernt, dass die Italiener Absprachen manchmal nicht so verbindlich nehmen bzw. Missverständnisse ganz normal sind. Schließlich hatten alle irgendeinen Platz, sogar die, die ohne Karte am Theater ankamen (wie schön!), allerdings nicht immer den allerbesten (nicht so schön!). Wenn man gefühlte 500 Meter entfernt von der Bühne sitzt, die man nur komplett sieht, wenn man aufsteht, ist man froh, wenn man das Stück schon mal gesehen hat. Es ist halt immer besser, wenn man die Gesichter der Schauspieler sehen kann. Aber: Im Rückblick ist das alles nur noch halb so schlimm und das Stück entschädigt für alle Unannehmlichkeiten. Lars Eidinger hat extra für das Venezianische Publikum ein paar Italien spezifische Besonderheiten eingebaut („Mamma Mia!“) und ansonsten freut man sich einfach über die für den Schaubühnen-Hamlet typischen Elemente: Deichkind, New Balls, usw. Und natürlich die tollen, tollen Schauspieler! Wir habens genossen und das italienische Publikum auch.


Der Rest ist ein spätes Abendessen gemeinsam mit dem Schaubühnen-Team im Paradiso Perduto. Für den Weg zurück zum Hotel lassen wir uns viel Zeit, fahren drei Stationen Vaporetto mit einigen Schauspielern. An der letzten Brücke wollen wir eigentlich noch nicht, dass der Tag und damit unsere Venedig-Reise zu Ende ist. Daher bleiben wir hier einfach noch eine halbe Stunde stehen und werfen Münzen in den Kanal, damit wir wieder kommen können.