8. Juni 2018

Wenn andere erzählen: Premiere "Im Herzen der Gewalt" (Schaubühne)

Für die Bühnenfassung von "Im Herzen der Gewalt" adaptierte Thomas Ostermeier gemeinsam mit Édouard Louis dessen Roman.

Sowohl der Roman als auch das Stück leben von der Gegenüberstellung und Überblendung der jeweiligen Erzählung des Protagonisten und seiner Schwester. Geschildert wird eine Nacht, in der Édouard (Laurenz Laufenberg) einen Mann, Reda (Renato Schuch), mit zu sich nach Hause nimmt. Nach einer Liebesnacht schlägt die Situation um. Reda beraubt Édouard, bedroht ihn mit einer Pistole und vergewaltigt ihn schließlich. Nach den traumatischen Erlebnissen begibt sich Édouard ins Krankenhaus und zur Polizei. Dort wie auch bei seiner Schwester Clara schildert er die Geschehnisse. Rassismus und Homophobie werden erkennbar. Der Täter ist Algerier, darauf wird alles reduziert. Èdouard wird seiner eigenen Geschichte beraubt.

Laurenz Laufenberg, Christoph Gawenda, Renato Schuch, Alina Stiegler (Foto: Arno Declair)

In der Bühnenfassung erhält die Schwester (Alina Stiegler) eine stärkere Stimme und tritt immer wieder als Figur auf, die das Verhaltens des Bruders kritisiert, ihn als zu naiv, zu eingebildet darstellt, als jemand, der aus Scham seine Herkunft verdrängen möchte. Als Gegenfigur zu dem gebildeten Aufsteiger ist sie die einfache Frau aus der nordfranzösischen Provinz, die immer wieder Zwischenbemerkungen macht, sich in die Szenen einmischt.

Die Darstellung der Gewalt beeindruckt auf der Bühne noch mehr als im Buch. Fast unerträglich die Szene zwischen Laurenz Laufenberg und Renato Schuch, in der die Vergwaltigung gezeigt wird.

Als beim Schlussapplaus der Autor selbst auf die Bühne kommt, schwankt die Stimmung zwischen Euphorie (über das gelungene Stück) und Beklemmung (weil der, der es erlebte hier ist). Tränen im Publikum, wache Diskussion unter den Zuschauern im Anschluss - ein großer Theaterabend!

Laurenz Laufenberg, Renato Schuch und Alina Stiegler (Foto: Arno Declair)


Regie: Thomas Ostermeier   
Mitarbeit Regie: David Stöhr   
Bühne und Kostüme: Nina Wetzel   
Musik: Nils Ostendorf   
Video: Sébastien Dupouey   
Dramaturgie: Florian Borchmeyer   
Licht: Michael Wetzel   
Mitarbeit Choreographie: Johanna Lemke   

Mit: Christoph Gawenda, Laurenz Laufenberg, Renato Schuch, Alina Stiegler   
Musiker: Thomas Witte

Essay zum Stück in Pearson's Preview: Für Opfer und Täter sprechen

3. Juni 2018

TheaterRückBlick Mai 2018: Revisited

Bekannte Stücke im Mai. Und doch war hier einiges neu.


3.-7. 05. 2018 Reise nach Lyon / Professor Bernhardi (Freunde der Schaubühne e.V.)

Programmheft "Professor Bernhardi" in Lyon


Mit den Freunden der Schaubühne waren wir in Lyon. Die Schaubühne war mit "Professor Bernhardi" zu einem Gastspiel ins Celestins Theatre de Lyon eingeladen. Neben einem Mittagessen mit dem Team und den Schauspieler*innen, durften wir die Stadt kennenlernen. Highlight: Natürlich der Besuch des Stücks.

Celestins Theatre de Lyon


17. 05. 2018 The Encounter von Complicité/Simon McBurney (Schaubühne)
Nach dem Roman "Amazon Beaming" von Petru Popescu

Im April 2015 hatte Simon McBurney im Rahmen des FIND sein Work in Progress "Amazon Beaming" vorgestellt. Unter dem Titel "The Encounter" wurde die Performance nun als Gastspiel an der Schaubühne gezeigt. Was ist real? Was ist Erfindung? Keine*r weiß, wann das Spiel beginnt und wann der Schauspieler improvisiert mit dem Publikum kommuniziert. Mithilfe von Kopfhörern, die Teil einer neuartigen Audiotechnologie sind, wird eine Klangwelt als Reise für die Zuschauer*innen/Zuhörer*innen erschaffen.


29. 05. 2018 der die mann von Herbert Fritsch nach Texten von Konrad Bayer (Schaubühne)

Mit der Spielzeit 2017/18 wurde der die mann von Herbert Fritsch, das auch zum Theatertreffen 2016 eingeladen wurde, von der Volksbühne an die Schaubühne übernommen. Damals habe ich das Stück mit Steffi E. gesehen, die darüber auf TheaterBlick geschrieben hat.

Im September ist es noch mehrmals zu sehen, Tickets gibt es hier.

Florian Anderer, Annika Meier, Axel Wandtke, Ruth Rosenfeld (Foto: Thomas Aurin)


Regie und Bühne: Herbert Fritsch   
Kostüme: Victoria Behr   
Musikalische Leitung: Ingo Günther   

Mit: Florian Anderer, Jan Bluthardt, Werner Eng, Annika Meier, Ruth Rosenfeld, Axel Wandtke, Hubert Wild   
dasderdiemannorchester: Ingo Günther, Michael Rowalska, Taiko Saito, Fabrizio Tentoni