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3. März 2018

Rückblick Februar 2018: Brot & Spiele und Worte & Bewegung

Im kurzen Februar habe ich nur zwei - dafür aber eindrückliche - Stücke gesehen.


03.02.2018 BROT und SPIELE von Interrobang (Sophiensäle)

Mitmachen im Theater - nicht jedermanns Sache. Aber bei Interrobang gehörts dazu. Dass man bei der neuesten Produktion der freien Performancegruppe über das Schicksal der Protagonist*innen auf der Bühne in der Weise mitbestimmen kann, dass sie sogar "Demütigungen" - ob berechtigt oder unberechtigt - aushalten müssen, macht die Zuschauer*innen zu Beteiligten. Und so merken wir irgendwann, dass wir selbst Spieler*innen werden. Die Botschaften: Als Nutzer*innen von Online Angeboten geraten wir schneller in ein Spiel, dass wir (vielleicht) nicht mehr kontrollieren können, als wir glauben. Wenn aus dem Spiel Ernst wird, können wir nicht einfach aufhören, denn wir sind auch abhängig von den anderen "Mitspieler*innen". Selbst entscheiden, wann es genug ist? Fehlanzeige!


23.02.2018 revisited TRUST (Schaubühne)

Im April 2010 habe ich dieses Stück zum ersten mal gesehen. Und seit dem immer, immer wieder (ich habe aufgehört zu zählen, wie oft). Mit Freund*innen, die oft ins Theater gehen und mit denen, die ich dafür begeistern will. Trotz einigen Umbestzungen immer wieder ein Highlight. Fürs Herz und für den Kopf.
Hier mein Bericht vom ersten Besuch.

Tanz ergänzt Worte (Foto: Heiko Schäfer)

22. Oktober 2016

Max Penthollow schreibt mir // Kapitel 17: "Die Zeit aus den Fugen" (Podiumsdiskussion an der Schaubühne)

Wenn es gut werden muss!

Am Mittag des gleichen Tages habe ich Carolin Emckes Streitraum besucht. Thema: Kosmopolitismus und Menschenrechte. Carolin Emcke äußerte, dass Sie sich große Sorgen darüber mache, wo heute überhaupt noch Demokratiebildung stattfinde. Ihre Hoffnungen setze sie ins Theater. Diese Idee, was Theater leisten kann, im Kopf ging ich in den Diskussionsabend an der Schaubühne. 

Insgesamt hatte ich von diesem Abend etwas anderes erwartet. Mehr Einblicke in die Möglichkeiten, die Theater hat. Leider ist die Diskussion zu stark in Erklärungsversuche über die Gründe für das Erstarken der AfD abgedriftet. Das wäre vielleicht nicht so schlimm gewesen, wenn die Diskutant/innen dabei nicht immer wieder die Frage „Wozu spielen?“ aus den Augen verloren hätten.

Mir fällt es schwer, den Abend und die Ergebnisse der Diskussion zu bewerten.

Max hat es dennoch versucht und hier sind seine Gedanken zu dem Abend.

Max Penthollow schreibt mir...

Jeden Tag geschehen Dinge in der Welt, die wir nicht verstehen. Wir müssen es aber versuchen!*

(*Werbeslogan für den "Stern" aus den 1980er Jahren)

"Die Zeit ist aus den Fugen…" - wozu spielen?

Diskussionsabend in der Schaubühne am Sonntag, 16. Oktober 2016, 20:30 Uhr, mit Thomas Ostermeier, Ulrich Matthes, Maxi Obexer, Falk Richter
Moderation: Peter Claus, Kulturradio (rbb)

Liebe Maren,

gestern waren wir beide bei der Podiumsdiskussion in Saal C in der Schaubühne, hier sind meine Eindrücke und Gedanken dazu:

"Die Zeit ist aus den Fugen" ist ein Zitat aus "Hamlet" von William Shakespeare. "The time is out of joint!"

Die Zeit war und ist schon immer aus den Fugen! Und die Menschen haben immer Kunst gemacht und sich in der Kunst mit den Dingen in ihrer Welt beschäftigt und darstellende Kunst und Theater und Performances gemacht. Seit 2400 Jahren und Aischylos ist es belegt und wir wissen es genau!

In 85 Generationen Homo sapiens seit Homer ist unsere Spezies in 2800 Jahren (bei angenommenen 3 Generationen pro 100 Jahre) genetisch gleich geblieben. Die Menschen waren gegenüber ihren Mitmenschen zu allen diesen Zeiten und in den Zeiten davor liebevoll, fürsorglich und solidarisch - so wie heute - und genauso auch immer – auch massenweise – aggressiv, mörderisch und grausam - so wie heute. In diesem Sinne war und ist die Zeit und die Welt schon immer aus den Fugen - oder eben auch nicht!

Wozu spielen? Ich sehe es so: weil sie spielen müssen! Weil die Menschen immer Theater gemacht haben! Aus Leidenschaft! Und wozu? Und wozu noch? Um Spaß zu haben oder um die Welt zu verändern, um andere Menschen aufzurütteln, als Getriebene, aus Besessenheit und Lust am Spielen, zur Selbstverwirklichung, für Anerkennung und Bewunderung, für den eigenen Narzissmus, um zu zeigen, was sie können, um die Leidenschaft für das Theater und die Darstellende Kunst mit anderen Menschen zu teilen, um ihren KönigInnen treu zu dienen, um Geld und Lebensunterhalt zu verdienen, zum Lachen und zum Weinen und zum Heulen. Aus Lust und Leidenschaft, apollinisch und dionysisch!

So verstehe ich das Thema!

In Marius von Mayenburgs Schaubühnen-Übersetzung sagt Hamlet: "das ist nicht und wird niemals gut!" Und Hamlet sagt: "die Zeit ist ganz verrenkt, wie gut, dass ich geboren wurde, um sie wieder einzurenken!"

Hamlet hat die Zeit nicht eingerenkt!

Der Diskussionsabend war nach meinem Empfinden von einem gewissen Interesse. Gesellschaftliche und politische Gegenwart in munterer Erörterung waren thematisch die Hauptlast des Schwerpunkts des Abends. Vom Podium aus und aus dem Publikum wurden Meinungen, Ansichten und Haltungen geäußert und dargestellt. Die KünstlerInnen stellten zum Teil ihre Projekte dar und sprachen über ihre Arbeit und ihre Arbeiten und ihre Visionen. Aus dem Publikum kam zu einigen Äußerungen Zustimmung in Form von Klatschen. Das Publikum war gut einbezogen und applaudierte nach einer ausführlichen Veranstaltung nach annähernd zwei Stunden am Schluss länger.

Hamlet sagt: "das ist nicht und wird niemals gut!"

Liebe Maren, wir wollen trotz allem weiter versuchen, alles so zu machen, dass es gut wird!

Allerliebst

Max

10. August 2016

Rückblick Mai bis Juli 2016: Die Macht von Texten, Musik und Bewegung

Auf der Zielgeraden zum Spielzeit-Ende gab es für mich Neu-Erlebtes, Wieder-Erlebtes und viele Erfahrungen hinter den Kulissen.


MAI

05.05.16 PREMIERE Wallenstein von Friedrich Schiller (Schaubühne)
Drei Stunden ohne Pause. Aber die gingen erstaunlich schnell vorbei. Nebel, Nebel, Nebel und eine große überwiegend dunkle Bühne – das Stück ist ja auch düster. Die typische Thalheimer-Ästhetik. Wallenstein (Ingo Hülsmann) sitzt und sitzt. Und sitzt alles aus. Eigentlich hätte ich mir gewünscht, dass er gar nicht aufsteht. Tut er aber im letzten Drittel doch. Dahinter stehend der/die Astrolog/in gespielt von Lise Risom Olsen als Einflüsterer/in – das Geschlecht bewusst im Unklaren gelassen. Ich muss diese Inszenierung unbedingt noch mal sehen. Auch um noch mehr zu verstehen.


Ingo Hülsmann, Urs Jucker, Lise Risom Olsen in "Wallenstein" (Foto: Katrin Ribbe)

Regie: Michael Thalheimer  
Bühne: Olaf Altmann  
Kostüme: Nehle Balkhausen  
Musik: Bert Wrede  

Wallenstein: Ingo Hülsmann  
Octavio Piccolomini: Peter Moltzen  
Max Piccolomini: Laurenz Laufenberg  
Graf Terzky: Felix Römer  
Illo: Andreas Schröders  
Buttler: Urs Jucker  
Isolani, Gefreiter: David Ruland  
Questenberg, Wrangel: Ulrich Hoppe  
Seni: Lise Risom Olsen  
Herzogin von Friedland: Marie Burchard / Cathlen Gawlich  
Thekla: Alina Stiegler  
Gräfin Terzky: Regine Zimmermann  

Dauer: ca. 180 Minuten

Weitere Infos und Trailer.


13.05.16 re-visited Ungeduld des Herzens von Simon McBurney nach dem Roman von Stefan Zweig (Schaubühne)

Christoph Gawenda (Foto: Gianmarco Bresadola)

Grandioses Schauspieler/innen-Theater! Mittlerweile spielen sie ohne Teleprompter und schaffen dieses Text-Monster richtig gut.


20.05.16 Lesung „Skizzen für einen Spielfilm“ von Isa Genzken (Haus der Berliner Festspiele / Theatertreffen)
Drei Schauspieler/innen (Jule Böwe, Karin Pfammatter, Felix Römer)  lesen aus  den 1993 veröffentlichen Texten, in denen die Künstlerin Isa Genzken Momentaufnahmen aus ihrem Leben skizziert. Einfühlsam und profan reihen sich die Erinnerungen aneinander, beginnend mit ihrer Geburt in Bad Oldesloe und endend mit einer Ausstellungseröffnung in Bremen.


22.05.16 Streitraum: Wann ist ein „Nein“ ein „Nein“ (Schaubühne)
Das Sexualstrafrecht vor und nach Köln. - Carolin Emcke diskutierte mit Christina Clemm (Rechtsanwältin), Hilal Sezgin (Journalistin) und Jürgen Thiele (Leiter des Dezernates für Sexualdelikte im Landeskriminalamt Berlin).
Muss sich eine Frau gegen einen Übergriff wehren oder reicht auch, dass sie eindeutig und explizit mit einem »Nein« ihre Ablehnung bekundet? Besonders hängen blieb dieses Bild von Carolin Emcke: Sie müsse sich doch auch nicht an ihren Fernseher klammern, um klarzumachen, dass sie einen Diebstahl ablehne. Bei dem eigenen Körper - etwas Persönlicheres gibt es kaum - wirde aber darüber diskutiert, ob ein "Nein" reichen kann.

Carolin Emcke erhält übrigens in diesem Jahr den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels; sie leiste mit ihren Büchern, Artikeln und Reden einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Dialog und zum Frieden, heißt es in der Begründung des Vereins.

Weitere Infos und Videos vergangener Streiträume hier.
 

22.05.16 re-re-re-re-visited TRUST von Falk Richter (Schaubühne)
Ich glaube, ich habe dieses Stück nun schon fünf mal gesehen. Und, achja, es bleibt einfach eines meiner Lieblingsstücke! „Pack deine Sachen und bleib!“

Nina Wollny (Foto: Heiko Schäfer)


25.05.16 Common Ground von Yael Ronen (Maxim Gorki Theater)
Über diese Inszenierung habe ich einen Artikel verfasst: "Ein Land, das es nicht mehr gibt".


28.5.2016 PREMIERE MACHT was ihr wollt - Ein Projekt der Polyrealisten (Schaubühne)

Elf Spielerinnen und Spieler treten gegeneinander an. Was tun sie, um mächtig zu werden? Jede/r erzählt ihre/seine Geschichte, um Punkte zu sammeln. Dazwischen gibt es weitere Aufgaben. Wie gehen Menschen in eine solchen Wettkampfsituation? Und sind Sie sie bereit ihre Prinzipien zu verraten. Nehmen Sie Rücksicht auf die Bedürfnisse und Nöte der Mitspieler/innen?
Ein Jahr lang haben sich die Polyrealisten, eine Gruppe von Menschen zwischen 27 und 67 Jahren, mit dem Thema »Macht« auseinandergesetzt und treten nun mit den Ergebnissen das erste Mal auf das Spielfeld.

Ikko Masuda von den Polyrealisten (Foto: Gianmarco Bresadola)

Leitung: Wiebke Nonne
Künstlerische Mitarbeit: Nele Rennert, Katharina Berger
Bühne: Emilie Cognard  
Kostüme: Arianna Fantin  

Mit: Robert Akstinat, Chantal Chelli-Zenner, Christian Haffmann, Hannes Hannemann, Anke Liermann, Ikko Masuda, Stefan Matzke, Claudio Melis, Sarah Müller, Eva Reuß-Richter, Heike Schalk

Weitere Infos auf der Seite der Schaubühne.


JUNI
  
01.06.16 Tschick nach dem Roman von Wolfgang Herndorf (Deutsches Theater)
Laut der Werkstatistik des Deutschen Bühnenvereins lag Tschick auf Platz 1 der meistgespielten Texte auf den deutsprachigen Bühnen in der Spielzeit 2014/215. Der Road-Roman für Jugendliche wurde mittlerweile auch von Fatih Akin verfilmt. Am DT läuft das Stück seit 2011 mit großem Erfolg. Das Tolle an der Inszenierung: Die Rollen von Maik und Tschick werden wechselnd von den beiden Schauspielern gespielt und der Wechsel ist jedesmal überzeugend. Ich kann nur sagen: Auf in die Wallachei. Mit dem Lada!

Regie: Alexander Riemenschneider
Bühne und Kostüme: Rimma Starodubzeva
Musik: Arne Jansen
Mit Wiebke Mollenhauer, Sven Fricke, Thorsten Hierse, Arne Jansen

Weitere Infos zum Stück und Programmheft zum Download auf der Seite des DT.


11.06.16 Lesung For the Disconnected Child von Falk Richter (Schaubühne)
Leider ist diese Inszenierung, die 2013/2014 in Kooperation mit der Staatsoper an der Schaubühne lief, nicht mehr zu sehen. Umso schöner, dass der Autor und Regisseur zusammen mit seinen Schauspieler/innen Ursina Lardi und Tilmann Strauß das Stück noch einmal mit Texten und Musik aufleben ließ. Zugleich durften wir dem Gesang von Helgi Jónsson, der neben anderen die Musik dafür komponierte, lauschen. Falk Richter las außerdem einige Texte aus "Small Town Boy" (Maxim Gorki Theater), "Never Forever" (Schaubühne) und "Zwei Uhr Nachts" (Schauspiel Frankfurt). Seine Texte gibt es übrigens auch in Buchform, zu erwerben u.a. in der Theaterbuchhandlung Einar & Bert.


19.06.16 Keiner findet sich schön von René Pollesch (Volksbühne)
Hier habe ich über diese Inszenierung geschrieben: "Iggy Pop oder Robocop".


23.06.16 Freunde der Schaubühne // Freunde hinter den Kulissen: Führung durch die Kostümbildnerei (Schaubühne)
Mein Bericht im Archiv der Freunde der Schaubühne e.V. hier.


25.06.16 re-visited FEAR von Falk Richter (Schaubühne)
Ich habe das Stück nach den rechtlichen Streitigkeiten und der umfangreichen Breichterstattung noch mal mit anderen Augen gesehen. Unter dem unmittelbaren Eindruck des Brexit erscheint auch der Europa-Monolog von Lise Risom Olsen neu.


27.06.16. Freunde der Schaubühne // Freunde treffen Künstler: Ein Abend mit Peter Moltzen, Andreas Schröders und Ingo Hülsmann über Michael Thalheimers „Wallenstein“ (Schaubühne)

Wir sprachen mit Wallenstein, Octavio Piccolomini und Illo oder vielmehr den Schauspielern Ingo Hülsmann, Peter Moltzen und Andreas Schröders über Michael Thalheimers Wallenstein-Inszenierung. Was gibt es Neues aus Politik, Kultur und Sport? Mit dieser Frage beschäftigen sich nicht etwa die Figuren in Schillers Stück. Sie wurde zu Beginn der Proben gestellt. Im Rahmen unseres Abends mit den drei Schauspielern ging es dann natürlich auch um Astrologie und die Frage, warum Wallenstein seine Sache im wahrsten Sinne des Wortes aussitzt.

Alle drei Schauspieler haben bereits mit Michael Thalheimer gearbeitet, der nach "Die Macht der Finsternis" von Leo Tolstoi (2011), "Tartuffe" von Molière (2013) und "Nachtasyl" von Maxim Gorki (2015) mit "Wallenstein" von Friedrich Schiller (Premiere: 5. Mai 2016) nun bereits zum vierten mal an der Schaubühne inszeniert hat. In der kommenden Spielzeit wird Thalheimer sich ein weiteres mal mit Molière beschäftigen und im Januar 2017 "Der eingebildete Kranke" auf die Bühne bringen.


29.06.16 der die mann nach Texten von Konrad Bayer (Volksbühne)
Die Texte des österreichischen Literaten Konrad Bayer humorvoll und bunt von Herbert Fritsch auf die Bühne gebracht. Bayers Wortschöpfungen werden von den Schauspieler/innen zelebriert und man glaubt seinen Augen und Ohren nicht. Wer sowas kann ist ein/e große/r Künstler/in. Rhythmus. Dada. Performance. Gesang. Man verlässt das Theater und hat - kaum zu glauben - ein paar Ohrwürmer, die einen den Rest des Abends begleiten: "Aber Karl gibt nicht auf..."

Kein Wunder, dass Herbert Fritsch mit dieser Inszenierung erneut zum Berliner Theaterterffen eingeladen wurde.

Regie & Bühne: Herbert Fritsch
Kostüme: Victoria Behr
Musikalische Leitung: Ingo Günther

Mit: Florian Anderer, Jan Bluthardt, Werner Eng, Annika Meier, Ruth Rosenfeld, Axel Wandtke und Hubert Wild & dasderdiemannorchester mit Ingo Günther, Michael Rowalska, Taiko Saito und Fabrizio Tentoni


30.6.16 ungefähr gleich von Jonas Hassen Khemiri (Schaubühne)
Als ich den Titel des Stückes das erste mal las - ohne zu wissen, worum es geht - dachte ich, es ginge vielleicht auch hier wieder um Feminismus (ein Thema, das an der Schaubühne in den letzten Monaten sehr präsent war). Auch in "thisisitgirl" und "istgleich" (man achte auf die Ähnlichkeit des Titels!) ging es darum. Doch das Stück handelt von Geld, den Wert von Kunst und Theater und die Suche nach Glück in einer durchökonomisierten Welt. Folgende Assoziation kommt mir in den Sinn: Ein Bekannter sagte kürzlich zu mir, dass Schaubühnen-Tickets mittlerweile wie Goldstaub seien. Das passt zum Bild des im Stück verwendeten goldenen Konfettis, mit dem die Regisseurin Mina Salehpour den Zauber, aber auch die Vergänglichkeit der Kunst am Theater ausdrücken wollte. Greifbar und doch nicht greifbar.

Regie: Mina Salehpour   
Bühne: Andrea Wagner   
Kostüme: Maria Anderski   
Dramaturgie: Bettina Ehrlich   
Mit: Bernardo Arias Porras, Iris Becher, Renato Schuch, Alina Stiegler

Essay zum Stück in Pearson's Preview: Sekt oder Champagner? Ungefähr gleich – Mina Salehpour nimmt Komödien ernst


 JULI
  
01.07.16 Five easy pieces von Milo Rau (Sophiensäle)
Einen ausführlichen Artikel habe ich hier verfasst: "Das Grauen spielen".
Weitere Infos zum Stück auf der Seite des IPM. In 2016/2017 u.a. noch in Frankfurt, Basel, Lausanne, Zürich, Amsterdam, Paris, Manchester/Brighton, Barcelona und Rotterdam zu sehen. Hingehen - es lohnt sich!


08.07.16 My Fair Lady (Komische Oper)
Mein letzter Musical-Besuch liegt schon ein paar Jahre zurück. Was mir an der Inszenierung dieses Klassikers an der Komischen Oper besonders gefiel: Das reduzierte Bühnenbild (Grammophone in verschiedenen Größen) und die bekannten Lieder. Im anschließenden Publikumsgespräch entpuppten sich die beiden Hauptdarsteller/innen Musical-Star Katharine Mehrling (Eliza Doolitle) und Schauspieler Max Hopp (Henry Higgins) als äußerst sympathisch. Was ich sonst noch lernte: Das Musical wird fälschlicherweise meistens als Komödie gesehen, dabei ist der Ausgang der Pygmalion-Geschichte von George Bernard Shaw eher traurig.

Musikalische Leitung: Kristiina Poska, Peter Christian Feigel
Inszenierung: Andreas Homoki
Choreographie: Arturo Gama
Bühnenbild: Frank Philipp Schlößmann
Kostüme: Mechthild Seipel

Professor Henry Higgins: Max Hopp
Eliza Doolittle: Katharine Mehrling, Mirka Wagner
Alfred P. Doolittle: Jens Larsen, Carsten Sabrowski
Oberst Pickering: Christoph Späth, Tom Erik Lie
Mrs. Higgins: Susanne Häusler
Mrs. Pearce: Christiane Oertel
Freddy Eynsford-Hill: Johannes Dunz, Adrian Strooper
Professor Zoltan Karpaty: Zoltan Fekete, Mate Gyenei
Chorsolisten der Komischen Oper Berlin


11.07.16 Eisler on the Beach (Deutsches Theater)
Wie in Shakespeares Dramen geht es zu in der Familie Eisler soll Charlie Chaplin gesagt haben. Die Geschichte um Hanny Eisler und seine beiden Geschwister Gerhart und Ruth, die als Zeugin der Anklage vor dem "Ausschuss für unamerikanische Umtriebe" aussagt. Zusammen mit der Bolschewistischen Kurkapelle Schwarz-Rot erzählen Tom Kühnel und Jürgen Kuttner die Geschichte der Linken im 20. Jahrhundert als Familiengeschichte. Das Problem der Inszenierung: Es wird nicht klar, warum die beiden Regisseure die Geschichte erzählen. Außerdem wird man das Gefühl nicht los, dass auch die Schauspieler nicht richtig bei der Sache sind. Enttäuschend!

Regie: Tom Kühnel, Jürgen Kuttner
Bühne: Jo Schramm
Kostüme: Daniela Selig
Musik: Bolschewistische Kurkapelle Schwarz-Rot
Mit Maren Eggert, Daniel Hoevels, Jürgen Kuttner, Ole Lagerpusch, Jörg Pose, Thomas Neumann, Simone von Zglinicki


15.07.16 The blind poet von Jan Lauwers & Needcompany (Foreign Affairs Festival // Berliner Festspiele)
Portraits der sieben Performer/innen dargestellt in Bewegung und Text. Beleuchtet und gegenüber gestellt werden dabei die persönlichen Biographien und die verschiedenen Nationalitäten - alleine, im Chor, als Songs, als Tänze.  Sie entwickeln auf der Bühne verschiedene Identitäten im gegenwärtigen multikulturellen Europa - mal traurig, mal lustig.

Grace Ellen Barkey mit Clowns-Nase und Clowns-Schuhen (Foto: Maarten Vanden Abeele)

Das belgische Künstlerkollektiv Needcompany wurde 1986 von dem Theatermacher und Künstler Jan Lauwers und der Choreographin Grace Ellen Barkey gegründet.

Text, Regie & Bühne: Jan Lauwers
Musik: Maarten Seghers
Kostüme: Lot Lemm, Bachir bin Ahmed bin Rhaïem El Toukabri

Mit Grace Ellen Barkey, Jules Beckman, Anna Sophia Bonnema, Hans Petter Melø Dahl, Benoît Gob, Maarten Seghers, Mohamed Toukabri, Elke Janssens, Jan Lauwers

Weitere Infos & Trailer auf der Seite der Berliner Festspiele.


16.6.16 Freunde der Schaubühne // Freunde hinter der Kulissen: Theaterführung mit Jürgen Schitthelm & Spielzeitende (Schaubühne)
Jürgen Schitthelm, der 1962 die Schaubühne gründete, ist das, was man eine lebende Theater-Legende nennt. Nicht jede/r kommt in den Genuss, seinen Ausführungen aus über 50 Jahren Schaubühnen-Geschichte zu lauschen. Ein Bericht folgt in Kürze und wird dann im Archiv der Freunde der Schaubühne e.V. veröffentlicht. Der ideale Ausklang der Spielzeit 2015/2016!


"Spaceship Schaubühne": Die Unterbühne (Foto: Maren Vergiels)

Bilder aus über 50 Jahren Schaubühne (Foto: Maren Vergiels)

30. Dezember 2015

Rückblick September bis Dezember 2015: Das Theater greift aktuelle Themen auf

Die erste Hälfte der Spielzeit 2015/16 hat uns viele große und kleine Highlights sowie einige Stücke, die ich wieder und wieder sehen möchte, geboten. Über einige Premieren an der Schaubühne habe ich geschrieben. Viele Eindrücke hat Max mit seinen Texten beigesteuert, dem ich an dieser Stelle herzlich für seine Beiträge danke. So ist auf meinem Blog wieder etwas mehr passiert in den letzten Wochen. Besonderen Spaß hat der Blogbeitrag gemacht, den ich mit Max gemeinsam nach dem Besuch von Interrobang geschrieben habe. Ich freue mich auf weitere tolle Theater-Erlebnisse mit Max genauso wie auf seine Blogbeiträge.


Einige Themen haben die Spielzeit bisher besonders geprägt und spiegeln gleichzeitig aktuelle und brisante gesellschaftliche Themen wider: Angst und Fremdenfeindlichkeit ebenso wie Flucht spielten und spielen eine zentrale Rolle. An Falk Richters FEAR kam in den letzten Wochen kaum jemand vorbei. Nicht nur die Drohungen gegen den Regisseur und die Schaubühne, sondern auch der Gerichtsprozess um die Inszenierung, bei der es um die Zensur von Kunst ging, wurden von vielen Medien besprochen (z.B. Peter Laudenbach in der SZ vom 15.12.2015 "Recht auf Angst").

Daneben schreibt die Schaubühne das Thema Feminismus in dieser Spielzeit mit zwei Inszenierungen (thisisitgirl von Patrick Wengenroth und istgleich von der Werkstattgruppe der Schaubühne) groß. Zusätzlich wurde das Thema in Heinz Budes "Streit ums Politische" diskutiert.

Das zentrale Motiv in Ungeduld des Herzens von Simon McBurney nach dem Roman von Stefan Zweig wird titelgebend auch Anfang des kommenden Jahres eine Rolle spielen, in Milo Raus Stück Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs (Premiere am 16. Januar 2016 an der Schaubühne).


Laurenz Laufenberg und Christoph Gawenda als Hofmiller in "Ungeduld des Herzens" (Foto: Gianmarco Bresadola)

Hier mein Rückblick auf die Monate September bis Dezember 2015.

SEPTEMBER

07.09. Ghosts von Constanza Macras (Schaubühne)
Ein schöner Start nach der Sommerpause - hier zum Nachlesen.

16.09. PREMIERE thisisitgirl von Patrick Wengenroth (Schaubühne)
Ein Stück über Frauen und Frauenfragen... Feminismus: eines der dominierenden Themen an der Schaubühne zur Zeit - hier mein Artikel zur Premiere.

 

OKTOBER

02.10. PREMIERE Westberlin von Rainald Grebe (Schaubühne)
Es beginnt mit einer Abhandlung über die "beste" Berliner Currywurst, die es dann auch in einem Wagen vor dem Theater zu kaufen gibt. Es folgt ein bunter, amüsanter Ritt durch die Geschichte West-Berlins von 1949 bis 1989. Ein Revue vieler Berliner Typen und Promis sowie typische Eigenarten, die es so nur in Berlin gegeben hat. Damals wie heute gilt: Wer wo hingeht und welche Bars, Clubs und Veranstaltungen man besucht, ist wichtig. Bei der Schreibweise im Titel handelt es sich übrigens um die in Ost-Berlin gebräuchliche.

Marie Burchard und Evelyn Gundlach in "Westberlin" (Foto: Gianmarco Bresadola)


16.10. Freunde der Schaubühne: Freunde treffen Künstler - Ein Abend mit der Schauspielerin Jenny König
Jenny folgte gerne unserer Einladung und erzählte uns aus ihrem Leben als Schauspielerin (Infos zu JK hier). Wir hörten ihr gerne zu. Ein Bericht dazu auf der Seite der Freunde der Schaubühne.

25.10. PREMIERE FEAR von Falk Richter (Schaubühne)
Mit dieser Inszenierung ging es bis vors Gericht. Zwei der im Stück erwähnten Personen wollten Zensur üben - bisher zum Glück ohne Erfolg. Mein Bericht zur Premiere hier und eine kurze Zusammenfassungen der Ereignisse, nachdem der Schaubühne und Regisseur Falk Richter massiv gedroht wurde.

26.10. Streit ums Politische: Antikapitalismus »Queer Trans Pop PoC Xeno? Postkapitalistischer Feminismus« (Schaubühne)
Der Soziologe Heinz Bude und Sonja Eismann, Herausgeberin des Missy-Magazins, sprachen darüber, welche Verläufe die Begriffsgeschichte des Feminismus in den letzten Jahren genommen hat, wo aktuell die spannendsten Auseinandersetzungen stattfinden und wo heute noch radikal emanzipatorische Potentiale angesiedelt sein könnten. Infos über weitere Veranstaltungen der Reihe hier.

27.10. Freunde der Schaubühne: Freunde diskutieren - Ein Abend mit Bernd Stegemann
Die Nachfolgeregelung für die Volksbühne durch den Kultursenator Müller und seinen Staatssekretär Tim Renner hat die theaterinteressierte Öffentlichkeit überrascht und eine heftige Debatte in Gang gesetzt und die Frage nach der Form des Theaters aufgeworfen. Mit dem Dramaturgen Bernd Stegemann diskutierte ein interessierter Kreis über das Ensembletheater versus Kuratoriumstheater.

30.10. To like or not to like von Interrobang (Sophiensäle)
Der Text, den Max und ich gemeinsam über den Abend verfasst haben, findet sich hier.


NOVEMBER       

02.11. Der geteilte Himmel von Armin Petras nach Motiven der Erzählung von Christa Wolff (Schaubühne)
Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der Gründungsjahre der DDR mit Jule Böwe, Tilmann Strauß und Kay Bartholomäus Schulze. Die Schauspieler/innen agieren auf einer Art Laufsteg, der den Bühnenraum teilt, die Zuschauer sitzen auf beiden Seiten der Bühne. Viele Szenen werden im Off gespielt und dabei auf eine Leinwand in den Zuschauerraum übertragen. Mehr zum Stück hier.

Jule Böwe in "Der geteilte Himmel" (Foto: Dorothea Tuch)


08.11. thisisitgirl (Schaubühne) re-visited
Auch beim zweiten mal: Tolles Stück!

16.11. Jugend. Erinnerung 1945/2015 vom Jungen DT (Deutsches Theater)
Jugendliche aus Deutschland, Polen und Russland reisen nach Krakau, Wolgograd und Berlin. Sie wollen wissen, was Jugendliche vor 70 Jahren dort erlebt haben. Im Stück des Jungen DT geht es um neue Rituale des Gedenkens. Die 18 Jugendlichen spielen, tanzen, singen und nehmen Bezug auf aktuelle Geschehnisse wie den Krieg in Syrien. Infos zum Stück hier.

22.11. Hamlet - 250. Vorstellung (Schaubühne)
Insgesamt fünf mal habe ich die Inszenierung bereits gesehen, allerdings das erste mal mit Jenny König als Ophelia/Gertrud. Auch diesmal und natürlich für das Jubiläumspublikum hielt Lars Eidinger wieder einige improvisierte Situationen bereit. Ungeplant ist das Loch im Bühnenboden, das während der Vorstellung repariert werden musste. Dass das augerechnet beim Hamlet passierte, war natürlich fast schon eine Steilvorlage für LE. Besonders ist mir diesmal Urs Jucker aufgefallen, der die Rolle des Claudius spielt. Großartiger Schauspieler! Das habe ich auch schon in meinem Beitrag über Tartuffe befunden. Ansonsten war der Abend für mich natürlich auch eine "Vorbereitung" auf Ophelias Zimmer von Katie Mitchell, die sich damit auseinandersetzte, was geschieht, wenn Ophelia (Jenny König) nicht auf der Bühne ist. Ein Beitrag über die 250. Vorstellung von Hamlet von Gastbloggerin Anna folgt in Kürze.


DEZEMBER    
       
06.12. Streitraum Extra: Lesung zum Thema Flucht (Schaubühne)
Schauspieler/innen, Autor/innen und der Künstlerische Leiter der Schaubühne lasen im Rahmen dieser Benefizveranstaltung eigene und fremde Texte, um Geld für PRO ASYL und professionellen Rechtsschutz für Flüchtlinge zu sammeln. Mein Bericht dazu hier.

08.12. PREMIERE Ophelias Zimmer von Katie Mitchell (Schaubühne)
Bendruckendes und gleichzeitig beklemmendes Kunstwerk der britischen Regisseurin Katie Mitchell mit Jenny König als Ophelia. Ich habe meine Eindrücke hier geschildert und Max schreibt hier

13.12. istgleich von der Werkstattgruppe der Schaubühne
Ebenfalls mit dem Thema Feminismus hat sich die Werkstattgruppe der Schaubühne unter der Leitung von Philipp Rost auseinandergesetzt. Ein Spiel mit Konstruktionen, Erfahrungen und Gedanken. Infos zum Stück gibt's hier.

Die Werkstattgruppe der Schaubühne mit "istgleich" (Foto: Silke Briel)

19.12. Voraufführung Ungeduld des Herzens von Simon McBurney nach dem Roman von Stefan Zweig (Schaubühne)
Einer der Höhepunkte der bisherigen Spielzeit. Der britische Schauspieler, Regisseur und Mitbegründer von Complicite entwickelte eine Bühnenfassung von Stefan Zweigs einzigem Roman über die Frage, was wahres Mitleid ist. Dafür arbeitete er das erste mal mit einem deutschen Schauspiel-Ensemble und nutzte Klang und Video. Die Schauspieler/innen sprechen ihre Texte in Mikrophone, wechseln dabei die Rollen und erzeugen ein großes, eindrucksvolles Gesamtkunstwerk. Ich werde dazu noch einen Beitrag verfassen. Infos zum Stück gibt es hier.
Weitere Termine für das Stück:
14.01.2016
15.01.2016
16.01.2016
17.01.2016
11.02.2016
12.02.2016
13.02.2016
14.02.2016

Einen guten Start ins Theaterjahr 2016!

12. November 2015

Zu den Drohungen gegen die Schaubühne und Falk Richter

Morddrohungen gegen Falk Richter, dessen Stück FEAR über das Wiederaufleben rechten Gedankenguts und Fremdenfeindlichkeit im Oktober Premiere an der Schaubühne hatte. Forderungen an die Schaubühne, das Stück abzusetzen. SPD und Grüne fordern jetzt von der AfD, sich davon zu distanzieren.

Während der Aufführungen des Stückes kam es zu einem Zwischenfall als AfD-Anhänger Videoaufnahmen machten. Außerdem wurde die Fassade der Schaubühne mit Graffitis beschmiert. Absurde Vorwürfe, das Stück rufe zur Gewalt auf.

Thomas Ostermeier äußerte sich dazu auf Deutschlandradio Kultur und die Schaubühne nimmt Stellung zu den Vorwürfen: "Die Schaubühne wird alle strafrechtlich relevanten Sachverhalte zur Anzeige bringen. Die Inszenierung FEAR wird, wie geplant, im Januar erneut auf dem Spielplan der Schaubühne stehen."

Der Deutsche Kulturrat fordert: Das Stück darf nicht abgesetzt werden. Künstler müssten sich in die Debatte einmischen. 

Weitere Berichte dazu auf rbb-online, berliner-zeitung.de und morgenpost.de.

Ein sehr guter Blogbeitrag hier: Wenn Theater Menschen wirklich dazu verleiten könnte, Autos anzuzünden und innerhalb eines Abends zu Handlungen bewegen könnte, "die sie vorher weder gedacht noch geplant hatten", dann bräuchte es auch nur ein gutes Stück, um Menschen davon abzuhalten, Flüchtlingsheime anzuzünden.

29. Oktober 2015

Viel Angst, viel Wut: Premiere "FEAR" von Falk Richter (Schaubühne)

Da ist ziemlich viel Wut im ersten Teil von Falk Richters neuem Stück FEAR. Wie kann es sein, dass in Deutschland seit Wochen Fremdenhass, Feindlichkeit gegen Homosexuelle und alternative Familienmodelle, Ablehnung der "Lügenpresse" und Politik massenhaft auf die Straße getragen und öffentlich im Netz und auf Pegida-Demos ausgedrückt werden? Woher kommt diese Angst?

Die Zombies sind wieder da (Foto: Arno Declair)
 Wie Zombies, unberechenbar, tauchen sie auf - Menschen mit Gedankengut, das man für längst überkommen hielt. Sehr aktuell, da nicht mal eine Woche vor der Premiere geschehen: Akif Pirinccis KZ-Rede und der Auftritt von Björn Höcke mit Deutschlandfahne bei Günther Jauch.

Auch andere Ängste spielen eine Rolle: Angst vor dem Verlust des Partners in einer Beziehung, Angst vor der Gestaltung der Zukunft...und natürlich unsere Angst vor Pegida, Neonazis, Fanatikern.

Warum diese Angst? (Foto: Arno Declair)
Mit Tänzeren und Schauspieler/innen versucht Falk Richter der Angst auf die Spur zu kommen. Verstärkt durch die Videos von Bjørn Melhus und O-Töne von Demonstranten. Natürlich ist das alles sehr performativ, aber man kann und darf sich gar nicht genug wehren gegen die Zombies.

"We are the others" - Frank Willens Worte am Ende des Stückes klingen fast wie eine Aufforderung.

Und wenn Tilman Strauß uns in seinem Monolog vorschlägt: Lasst uns doch versuchen, es anders zu machen und Alternativen auszuprobieren - dann ist das wie ein Appell uns nicht entmutigen zu lassen.
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Text, Regie und Choreographie: Falk Richter
(Die Choreographie entstand in Zusammenarbeit mit Denis Kuhnert, Frank Willens und Jakob Yaw.)
Bühne: Katrin Hoffmann   
Kostüme: Daniela Selig   
Musik: Malte Beckenbach   
Video: Bjørn Melhus   
Dramaturgie: Nils Haarmann   
Licht: Carsten Sander   

Mit: Bernardo Arias Porras, Denis Kuhnert, Lise Risom Olsen, Kay Bartholomäus Schulze, Alina Stiegler, Tilman Strauß, Frank Willens, Jakob Yaw   

Dauer: ca. 120 Minuten

Weitere Infos und Trailer auf der Seite der Schaubühne.

12. Juni 2015

Rückblick Mai 2015: Geld, Macht, Körper...Beziehungen

Nun hatte ich im April durch das F.I.N.D. schon einen sehr intensiven Theatermonat,  aber der Mai übertrifft das tatsächlich noch mal. Insgesamt zehn mal war ich im Publikum der Schaubühne, Volksbühne, Sophiensäle, Berliner Feststpiele und des Deutschen Theaters. Dazu gabs eine Veranstaltung der Freunde der Schaubühne.

01.05.15 - Richard III (William Shakespeare // Regie: Thomas Ostermeier // Schaubühne)
Revisited! Im "Globe" habe ich Lars Eidinger als Richard III zum zweiten mal nach der Premiere gesehen. Wie erwartet, entwickelt er die Rolle weiter und improvisiert mehr. Was ich besonders am Globe mag, ist die familiäre Atmosphäre. Dadurch, dass man im Halbrund fast alle Zuschauer der unteren Ränge sehen kann, wird das Gefühl des gemeinsamen Erlebens eines Theaterabends verstärkt.

02.05.15 - I can be your hero baby (Performancegruppe Henrike Iglesias // Sophiensäle)
Textpassagen aus Germany's Next Topmodel werden Interviews mit Prostituierten gegenübergegestellt. Was damit ausgesagt werden soll, ist klar und keine neue Erkenntnis. Dazu kommen Zitate von bekannnten Feministinnen (Judith Butler, Laurie Penny u.a.). Auch das ist logisch und absehbar. Trotzdem macht der Abend in den Sophiensälen Freude und ich finde es erneut bedauerlich, dass hier die Stücke immer nur wenige Male gezeigt werden. Mit vielen Ideen und viel Mut der Darstellerinnen ist ein Stück entstanden, das hoffentlich noch viele (dann eben in anderen Städten) ansehen werden.

04.05.15 - Freunde treffen Künstler: Felix Römer (Freunde der Schaubühne)
Siehe Blogbeitrag vom 9.6.2015 zu dieser Veranstaltung!

05.05.15 - Von einem der auszog, weil er sich die Miete nicht mehr leisten konnte (Oper von Dirk von Lowtzow und René Pollesch // Volksbühne)
Mit dem Stück hat der Titel nichts zu tun. Das Wortspiel ist aber trotzdem lustig. Dass Pollesch und von Lowtzow, die schon lange befreundet sind, nun endlich in einem gemeinsamen Stück zusammengefunden haben, ist eine Freude. Bei der Oper, die der Kopf von Tocotronic komponiert hat, handelt es sich um Pop, eingespielt vom Filmochester Babelsberg. Im Text ist viel vom typischen Pollesch-Diskurs zu finden. Auch bei den Schauspielern bekannte Gesichter: Martin Wuttke und Lilith Stangenberg (deren Singstimme übrigens viel angenehmer als die Sprechstimme ist). Dazu kommt ein Kinderchor, mit dem die Schauspielerin singen darf. Wer Tocotronic mag und Pollesch liebt, ist hier im richtigen Stück!

10.05.15 - Theaterpreisverleihung an Corinna Harfouch (tt15 // Berliner Festspiele)
Kolleg/innen erweisen Corinna Harfouch ihre Ehre: Mit Texten, Lieder und Reden. Besonders bewegend ist Meike Drostes Totenlied mit Akordeonbegleitung aus "Idomeneus", das sich C.H. gewünscht hat. Sie will damit an Jürgen Gosch erinnern. Corinna Harfouch beschließt nach dem üblichen Reden-Marathon der Theaterpreisverleihung, ihre Rede nicht zu halten. 

14.05.15    Vorpremiere Bella Figura (Yasmina Reza // Regie: Thomas Ostermeier // Schaubühne)
16.05.15    PREMIERE Bella Figura (Uraufführung)
Yasmina Reza hat das Stück den Schaubühnen Schauspieler/innen auf den Leib geschrieben. Schon lange bestand seitens der erfolgreichsten Dramatikerin der Gegenwart der Wunsch, eines ihrer Stücke von Thomas Ostermeier inszenieren zu lassen. Verwendet hat sie bekannte "Zutaten": Zwei Paare (Nina Hoss und Mark Waschke, Stephanie Eidt und Renato Schuch), die aufeinander treffen und die sich mit ihren Problemen immer weiter in Diskussionen verwickeln, so dass die Probleme zum Vorschein kommen. Die Fassaden aus schicken Designerklamotten im Yuppi-Restaurant bröckeln schnell. Dazu kommt die verschrobene Mutter des einen Mannes (großartig Lore Stefanek!). Erwähnenswert, weil perfekt ausgewählt: Die Kostüme von Florence von Gerkan.

22.05.15 - Wengenroths Autorenklub - Ausgabe Neun: Maxim Gorki (Schaubühne)
Mit Robert Beyer, Laurenz Laufenberg, Sebastian Schwarz. Musik: Matze Kloppe
Für mich der bisher beste Autorenklub. Diesmal findet er wieder im "Globe" statt und es gibt Wodka, der auch mal umgetreten und verschüttet wird. Es wird zwischendurch kräftig nachgeschenkt - allerdings teilweise auch Wasser (man weiß es erst beim Probieren) - da die Gläser schnell vom Publikum geleert werden. Ob Sebastian Schwarz (als Anton Tschechow) auch Wodka und wenn ja, wie viel getrunken hat, ist unklar. Bei einem Schauspieler weiß man halt nie so genau, ob's vielleicht gespielt ist. Laurenz Laufenberg tritt als Wolfgang Joop auf und hat, sich wie ich finde den Habitus des Designers ziemlich gut abgeschaut. Die große schlanke Erscheinung passt dazu. Alle drei Schauspieler spielen die erste Szene aus "Nachtasyl" mit dreimaliger Wiederholung und bauen dabei noch eine Spitze gegen Lars Eidinger ein (Was bleibt, wenn alle anderen Hamlet spielen? Schau, die Wolken von Sülz Maria!").
In der Spielzeitzeitung wird ein Resümee gezogen. Es ist u.a. zu lesen, dass neben 14 Ensemblemitgliedern und 13 Gästen, 54 Kostüme zu sehen waren, Texte aus 140 Büchern vorgetragen wurden, 5 Flaschen Whiskey, 4 Flaschen Korn, 2 Flaschen Mezcal, 1 Flasche Tequila, 250 Flaschen Bier und 10 Liter Rotwein von Darstellern und Publikum konsumiert wurden. Außerdem fielen 3 Menschen in Ohnmaht, davon 2 Zuschauer und 1 Gast... ("Das alles kann Theater, wenn es live und lebendig ist. Und die gute Nachricht zum Schluss - der Wahnsinn geht weiter!"). Ob das Format in der nächsten Spielzeit fortgesetzt wird, ist noch ungewiss. Wir hoffen!

23.05.15 - Fabian oder Der Gang vor die Hunde (Erich Kästner // Regie: Peter Kleinert // Schaubühne)
Studierende der Ernst Busch Hochsschule für Schauspielkunst im 3. Jahr treten in jeder Spielzeit im Studio der Schaubühne mit einem Stück auf. In der Dramatisierung von Erich Kästners Roman "Fabian" wird das gezeigt, was viele Jugendliche in Berlin auch heute erleben: Das hecktische Suchen nach Spaß um jeden Preis - ohne Orientierung, rasend schnell und unaufhaltsam. Vor allem Hauptdarsteller Timocin Ziegler spielt überzeugend und mitreißend. Erneut ein eindrucksvoller Abend der Ernst-Busch-Schauspielschüler.

26.05.15 - Complexity of Belonging (Falk Richter & Anouk van Dijk // Gastspiel aus Melbourne// Schaubühne)
Zum fünften mal haben Richter und van Dijk (mittlerweile Intendantin der Chunky Move Company Melbourne) gemeinsam ein Stück erarbeitet. "Complexity of Belonging" hatte in diesem Jahr beim Melbourne Festival Premiere. Wieder treffen persönliche Geschichten auf politische und soziale Themen: Die titelgebende Zughörigkeit und die Frage nach der Identität bzw. Herkunft spielt bei den austratralischen Schauspielern und Tänzern eine große Rolle. Wie immer bei Falk Richter geht es aber auch um Beziehungen, Gender und Sexualität sowie Partnerschaft und deren Scheitern. Belonging wird zu longing. Vernetzung und soziale Medien fehlen ebensowenig. Das Theater von Falk Richter ist einmalig - bezeichnend u.a. die Nutzung des gesamten Bühnenraums und die langen, schnellen Monolge, die er seine Schauspieler sprechen lässt (besonders bemerkenswert der Schlussmonolog einer Schauspielerin, die 176 Eingenschaften aufzählt, die ein Mann haben muss). Mal wieder ein beeindruckender, bewegender Abend!

30.05.15 - Das Himbeerreich (Andres Veiel // Deutsches Theater)
Die Welt der Banker. Für sein Stück hat Andres Veiel mehr als 20 führende Banker interviewt und ist in seiner Recherche den Verbindungslinien zwischen den persönlichen Motiven und den gesellschaftlichen Strukturen im Finanzwesen gefolgt. Jeder der Protagonisten erzählt seine persönliche Geschichte, in der Erfolg und Scheitern oft dicht beieinander liegen. Die einzige Frau unter den Erzählenden bringt noch einen zusätzlichen Faktor mit ein: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die für Frauen ohnehin schwieriger ist. Nach 60 Vorstellungen wurde "Das Himbeerreich" am 30. Mai 2015 abgespielt.
Andres Veiel ist für seine Dokumentationen (u.a. "Die Spielwütigen" über vier Schauspielschüler/innen der Ernst Busch Hochschule für Schauspielkunst) und Dokumentarstücke bekannt. Für sein Stück "Der Kick", das die Ermordung eines 16jährigen Jungen durch Neonazis thematisiert, nutzte Veiel 1.500 Seiten Gesprächsprotokoll, die er mit Jugendlichen im brandenburgischen Dorf Potzlow führte. 

18. November 2014

Einar & Bert - Deutschlands erste Theaterbuchhandlung

Die erste Theaterbuchhandlung Deutschlands eröffnete am 1. November am Prenzlauer Berg. „Einar & Bert“ – eine Referenz an Einar Schleef und Bertolt Brecht – bietet auf 80 Quadratmetern Theaterliteratur, Zeitschriften und Plakate der Berliner Theater. Außerdem ist in den Buchladen ein Café integriert.

Noch bis zum 30. November finden Veranstaltungen in der Buchhandlungen statt: Lesungen, Konzerte und Diskussionsrunden (u.a. mit Almut Zilcher, Roland Schimmelpfennig, Gob Squad und Falk Richter). Der Eintritt kostet 8 Euro/ermäßigt 5 Euro. Für Kartenreservierungen schicken Sie eine E-Mail an info@einar-und-bert.de.

Eröffnungsfeier: Einar & Bert, Winsstr. 72, Berlin-Prenzlauer Berg
In der Berliner Schaubühne, im Haus der Berliner Festspiele und im Thalia Theater Hamburg befinden sich ebenfalls Verkauafsstände von „Einar & Bert“. Darüber hinaus sind bundesweit Büchertisch-Kooperationen mit Theatern und Festivals geplant.

Winsstr. 72
10405 Berlin
www.einar-und-bert.de

6. Oktober 2014

London Calling, Friedrich-Luft-Preis und neue Ensemblebilder (Rückblick September 2014)

04.09.2014 - PREMIERE Leonce und Lena (Georg Büchner, Regie: Patrick Wengenroth, Schaubühne)
...inszenierte Langeweile - irgendwie lustig, streckenweise aber auch sehr langatmig...Wengenroths ganz eigener Humor und seine typischen Gesangseinlagen zünden wie immer, das Stück selber ist jedoch nur stellenweise mitreißend...

07.09.2014 - Veranstaltung der Freunde der Schaubühne: Brunch zum Spielzeitbeginn an der Schaubühne (siehe mein Bericht für die Freunde der Schaubühne)

07.09.2014    Never Forever (Falk Richter, Voraufführung, Schaubühne)

15.09.2014   PREMIERE Das Kalkwerk (Thomas Bernhard, Regie: Philipp Preuss, Schaubühne)
...Bernhard großartig in Felix Römers Monolog..

19.09.2014    For the Disconnected Child (Verleihung Friedrich-Luft-Preis, Schaubühne)
....Lucy Frickes Laudatio fast so bewegend wie das Stück und auf den Punkt mein Empfinden beschrieben... 

20.09.2014    Kampagnenvorstellung Ensemblebilder (Fotografen Mahler, Schaubühne)
...wunderbare Bilder, bei denen die Frauen im Ensemble in jedem Fall  die Männer übertreffen...

21.09.2014    Archivübergabe Schaubühne an die Akademie der Künste   

24.-28.09.2014    Londonreise (siehe mein Bericht für die Freunde der Schaubühne)

7. Juli 2014

Eine beeindruckende Schwester, ein Abschied und das letzte Stück der Zwiefachen (Rückblick Mai / Juni / Juli 2014)

Mai       
01.05.2014 - Ismene, Schwester von (Lot Vekemans, Regie: Stephan Kimmig, Deutsches Theater)
...eine beeindruckende Susanne Wolff...

15.05.2014 - Veranstaltung der Freunde der Schaubühne: Ingo Hülsmann Einführung zu "Karl und das 20. Jahrhundert" (Schaubühne)
...Ingo Hülsmann holt uns wirklich ab!...

17.05.2014 - Hyperion. Briefe eines Terroristen nach Friedrich Hölderlin (Regie, Bühnenbild, Licht, Kostüme: Romeo Castellucci, Schaubühne)
..."Bitte verlassen Sie den Saal!"...
Schlussbild "Hyperion"


31.05.2014 - Der talentierte Mr. Ripley (Patricia Highsmith, Regie: Jan-Christoph Gockel, Schaubühne)
...feine, kleine Inszenierung im Studio...
       
Juni       
23.06.2014 - TRUST (Falk Richter, Schaubühne)
... immer und immer wieder gut...

24.06.2014 - Karl und das 20. Jahrhundert (Szenische Einrichtung von Ingo Hülsmann nach dem Roman von Rudolf Brunngraber, Schaubühne)
...Wahnsinn, wie viel Geschichte in diese zwei Stunden passt...

29.06.2014 - Ein Volksfeind (Henrik Ibsen, Regie: Thomas Ostermeier, Schaubühne)
...und wieder diskutieren wir...

Juli       
04.07.2014- Nice to eat you (ein Projekt der Zwiefachen an der Schaubühne) / Verabschiedung Uta Plate (Veranstaltung der Freunde der Schaubühne)
...Goodbye, Uta!...

05.07.2014 - Dämonen (von Lars Norén, Regie: Thomas Ostermeier, Schaubühne)
...was Beziehungen mit uns so tun...

06.07.2014 - Spielzeitende
...Theater-Entzugserscheinungen vorprogrammiert...