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5. Oktober 2018

TheaterRückBlick August & September 2018: Wiederholung & Neuanfänge

Die Theaterferien sind vorbei! Im August und September gab es Neues und Bekanntes.

August   

31.08.2018 Neues Stück II Tanztheater Wuppertal Pina Bausch / Alan Lucien Oyen (Tanz im August / Volksbühne)

Im Stück der Pina Bausch Company wird der Grenzbereich zwischen Tanz, Theater, Text und Film erkundet. Die Schönheit der Bewegung zählt auf der Bühne. Es gibt außerdem ein Wiedersehen mit bekannten Gesichtern wie Nazareth Parandero, einer Webgleiterin von Pina Bausch.
 

September   
   
01.09. 2018 Deutschland-PREMIERE Die Wiederholung von Milo Rau (Schaubühne)

Meinen Bericht zu dieser Inszenierung gibt es hier!


02. 09. 2018 Lö Grand Bal Almanya von Nurkan Erpulat (Maxim-Gorki-Theater)

„57 Jahre Scheinehe“ - lautet der ironische Untertitel des Stücks von Nurkan Erpulat, das bereits 2010 im Ballhaus Naunynstraße lief und am Gorki-Theater wiederaufgelegt wurde. Beschrieben wird die Geschichte der türkischen Gastarbeiter*innen, die im Rahmen des Anwerbeabkommens in den 60ern nach Deutschland kamen. Die Texte, die die Schauspieler*innen sprechen sind Originalzitate von Politiker*innen zwischen den 80er Jahren bis heute. Es wird aber auch viel gesungen (der Abend wird als Singspiel angekündigt). Eine Parodie auf das schwierige Verhältnis der Deutschen und Türken, die mittlerweile in der dritten Generation hier leben, mit aktuellen Bezügen wie die NSU-Morde und deutschen Waffenlieferungen in Kriegsgebiete. Insgesamt ein kurzweiliger Abend, der leider aber auch zu viele Klischees ausweist, was irgendwann ermüdet.

13. 09. 2018 Yes but No von Yael Ronen (Maxim-Gorki-Theater)

Meinen Bericht zu dieser Inszenierung gibt es hier!


21. 09. 2018 re-revisited Ungeduld des Herzens nach dem Roman von Stefan Zweig in einer Fassung von Simon McBurney, James Yeatman, Maja Zade und dem Ensemble (Schaubühne)

Laurenz Laufenberg und Marie Burchard in "Ungeduld des Herzens" (Foto: Gianmarco Bresadola)

Meine Begeisterung für dieses Stück ist auch beim dritten Besuch ungebrochen. Großartig choreographiert, schnell und präzise gespielt,


23. 09. 2018 Brunch zum Spielzeitbeginn der Freunde der Schaubühne

Unser traditioneller Brunch zum Beginn der Spielzeit der Schaubühne. Direktor Tobias Veit nahm diesen zum Anlass, zu erläutern wie es zur „Absage“ der geplanten Vorstellungen des Volksfeind-Gastspiels in Nanjing (China) kam. Hierzu hat die deutsche Presse berichtet, z.B. hier. http://www.taz.de/!5535414/ Die Filmemacher Matthias Schellenberg und Andreas Nickl, die schon seit einigen Jahren die Volksfeind-Gastpiele im Ausland begleiten und dokumentieren waren in China vor Ort, so dass sie Geschehnisse tw. mit der Kamera festgehalten werden konnten. Der Film „Volksfeind auf Reisen“ wird durch den Freundeskreis finanziell ermöglicht.

2. Oktober 2018

Ja sagen, nein meinen: "Yes but no" von Yael Ronen (Maxim Gorki Theater)

Der Beitrag des Gorki-Theaters zur #MeToo Debatte.

Yael Ronens Schauspieler*innen schildern in dem 75-minütigen Stück "Yes but no" ihre Erfahrungen beginnend mit ersten Erlebnissen in der Pubertät bis ins Erwachsenenalter - als Opfer und als Täter*innen.

Themen sind die Überschreitung von sexuellen Grenzen, Missbrauch, Ängste, die eigene Unsicherheit darüber, was ein "Nein" bedeutet - für mich, für den*die andere*n -, Kommunikation, wo Schamgrenzen beginnen, Verschiebung von Grenzen durch die Online-Möglichkeiten. Wo beginnt Verletzung? Wo wird geschwiegen, statt zu reden? Warum folgen eigentlich immer noch so viele den patriarchalen Strukturen?

Dass Yael Ronen die Biografien ihrer Schauspieler*innen zum Bestandteil des Stückes macht, ist nicht neu. Doch hier geht sie noch ein Stück weiter.

Etwa in der Mitte des Stücks fragen die Schauspieler*innen das Publikum, wer schon einmal Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen gesammelt hat, wer diese angezeigt hat, wer persönlich und in seinem*ihrem Umfeld etwas dagegen unternommen hat. Dass sich viele Frauen melden würden, wenn gefragt wird, schon einmal sexuell belästigt wurde, war klar. Erschütternd ist, dass sich bei dieser Frage fast alle Frauen im Publikum melden und auch viele Männer. 

So deprimierend das hier alles klingen mag, der Abend ist nicht düster. Dank der Songs und der Musik erhält das Stück eine versöhnliche Note. Außerdem fühlt man sich aufgefordert, es nicht beim Hashtag zu belassen, sondern gerade jetzt weiterzudenken und weiterzukämpfen - diese Erkenntnis erlangt man nicht zuletzt Dank der Umfrage im Stück.

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Regie: Yael Ronen
Bühne: Magda Willi
Kostüme: Amit Epstein
Songs und Musik: Yaniv Fridel, Shlomi Shaban, Ofer Shabi
Additional Songwrinting: Riah May Knight, Lindy Larsson
Video: Hanna Slak
Mit: Riah May Knight, Lindy Larsson, Svenja Liesau, Orit Nahmias, Taner Şahintürk

Nächste Vorstellungen:
5. Oktober 2018
29. Oktober 2018
7. November 2018

Tickets und weitere Infos zum Stück auf der Seite des Gorki-Theaters.

2. Juli 2018

Vision Gypsy Europa*: "Roma Armee" von Yael Ronen (Maxim Gorki Theater)

Romnija, Rom und Romani Traveller aus verschiedenen europäischen Ländern (Schweden, England, Deutschland, Österreich, Serbien, Rumänien, Kosovo). Dazu der Deutsch-Türke Mehmet Atesci und Orit Nahmias aus Israel, die in vielen Inszenierungen von Yael Ronen mitwirkt. Sie bilden die Roma Armee, die Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus den Kampf ansagt. Jede*r präsentiert sich dabei mit ihrer*seiner persönlichen Geschichte. Keiner*r ist nur eins, nur Roma, ihre Identitäten machen viel mehr aus: Mann, Frau und Eltern, queer, feministisch, divers und übernational, Schauspieler*in, Sänger*in, Politiker*in und Aktivisti*in. Es ist jeweils die Summe dieser biografischen Merkmale, die jede Persönlichkeit auf der Bühne ist. 

Die Schwestern Simonida und Sandra Selimović (Gründerinnen des ersten feministischen und professionellen Romatheaterverein Romano Svato) haben zusammen mit der Gorki Hausregisseurin Yael Ronen das Stück entwickelt, um historische Ereignisse sowie persönlichen Erfahrungen zu erforschen. In Roma Armee geht es um Selbstermächtigung und das Hinterfragen der eigenen Rolle. Zusammen mit den bildenden Künstler*innen Delaine und Damian Le Bas aus England wurde eine Vision für ein Safe European Home („Gypsy Europa“) entwickelt.

Schon nach wenigen Minuten nehmen die Schauspieler*innen das Publikum für sich ein. Mit ihren Geschichten, mit Gesang und Rap, mit dem humorvollen Umgang mit Klischees, mit ihrem Selbstbewusstsein. Auch wenn die Roma, Gypsies und Traveller in Europa immer noch strukturell ausgegrenzt werden und sie mit den typischen Vorurteilen behandelt werden, ist das Stück weit entfernt davon sie in die Opferrolle zu drängen. Zwar wird ihre Situation thematisiert, aber der Stolz auf die eigene Identität hat ebenfalls viel Raum. Und die Vision eines europäischen "Gypsylandes"*.

Regie: Yael Ronen

Nach einer Idee von Sandra und Simonida Selimovic

Mit: Mehmet Atesci, Mihaela Dragan, Riah May Knight, Lindy Larsson, Orit Nahmias, Sandra Selimovic, Simonida Selimovic

In English, German, Romanes

*siehe hierzu auch den Text von Damian Le Bas im Programmheft zu "Roma Armee"

Nächste Vorstellungen: 22. und 23.09.2018 um 19:30

Vor dem Gorki Theater

6. Dezember 2017

Rückblick Oktober & November 2017: Eine Welt im Theater, ein Theater in der Welt

Mir fällt auf, dass der Oktober fast ausschließlich im Zeichen des Feminismus stand und gleichzeitig ein Vorbote auf die Themen im November war: Weltpolitik, Globalisierung, Demokratie.


OKTOBER

1.10.2017 Es sagt mir nichts das sogenannte draußen von Sibylle Berg (Maxim Gorki Theater)

Vier Schauspielerinnen spielen eine Frau – typische (?) Mitzwanzigerin, aber kein role models, wie sie selbst sagt. Keine Lust auf Zumba? Aber auch andere sagen, dass sie sich damit total gut fühlen („den Körper spüren“). Was ist so schlimm daran, zu Hause zu bleiben? Die Versprechungen der Party erfüllen sich ja doch nicht. Schließlich muss sie auf dem Laufenden bleiben, was die Liebes-Ent-und Verwicklungen des Schwarms angeht – das Handy immer am Start (nur mal kurz in die Nachricht gucken). Die Anrufe der Mutter, die wissen will, was sie so für die Zukunft geplant hat, stören da eigentlich auch nur. Lieber Typen verprügeln. Sibylle Berg hat einen Tex für vier Schauspielerinnen des Maxim Gorki Theaters geschrieben - und die sind vor allem eins: wütend - aber dabei auch unglaublich komisch. Sie zeigt, wie Frauenbilder von der Medien und der Werbung produziert werden. Körperkult und Fitnesswahn, Shoppingexzesse zwischen den BWL-Vorlesungen und der Vertrieb von selbstsynthetisierten Drogen über das Internet - wie soll Frau da wissen, wie sie leben soll?  

Vier Frauen auf der Suche nach dem richtigen Leben: Rahel Jankowski, Cynthia Micas, Suna Gürler, Nora Abdel-Maksoud (Foto: Thomas Aurin)

Das Stück wurde von der Fachzeitschrift „Theater Heute“ zum deutschsprachigen Stück des Jahres 2014 gewählt.

Text: Sibylle Berg
Regie: Sebastian Nübling
Choreografie: Tabea Martin
Bühnenbild: Magda Willi
Kostüme: Ursula Leuenberger und Moïra Gilliéron
Mit: Nora Abdel-Maksoud, Cynthia Micas, Suna Gürler, Rahel Jankowski


5.10.2017 revisited thisisitgirl von Patrick Wengenroth (Schaubühne)

Das war mein sechster Besuch dieser Inszenierungen. Es gibt aber auch immer noch Freund*innen, die dieses tolle Stück noch nicht gesehen haben. Hier noch mal ein Link zu meinem Bericht aus 2015.


19.10.2017 PREMIERE LENIN von Milo Rau (Schaubühne)

Nach der Oktoberrevolution 1917 kämpft Lenin (Ursina Lardi) in seinem Landhaus mit seinem körperlichen Verfall, mehrere Schlaganfälle führen dazu, dass er auf die Hilfe seiner Familie und Freund*innen angewiesen ist. Dieses Setting wählt Milo Rau für sein Stück. Und sein Nachfolger und Gegenspieler Stalin (Damir Avdic) wird immer stärker. Der Autor-Regissuer und das Ensemble der Schaubühne blicken auf die zentralen Charaktere der wohl folgenreichsten Revolution der Menschheitsgeschichte. Aufbruch und Apathie, Revolutionssehnsucht und reaktionäre Widerstände, ein Labyrinth der Hoffnungen und Ängste, der politischen Ideale und kollektiven Gewalterfahrung. Düster und beklemmend sieht man auf der Bühne und parallel per Video, was nicht aufzuhalten ist. Ein "Gruselfilm in historischen Kostümen" hat Milo Rau sein Inszenierung genannt. Die Schauspieler*innen verwandeln sich immer mehr in ihre Figuren, sie ziehen sich auf der Bühne um und erhalten ihre Masken. Auch wenn diese Inszenierung sich von den letzten Arbeiten Raus unterscheidet, ist hier doch das Re-Enactment zu erkennen. Während am Anfang noch alle deutsche sprechen, ist zum Schluss fast nur noch russisch zu hören.

Damir Avdic, Ursina Lardi, Jakov Ahrens (Foto: Thomas Aurin)

Essay zum Stück in Pearson's Preview: Schöpferische Unruhe: Milo Raus »LENIN«

Regie: Milo Rau   
Bühne und Kostüme: Anton Lukas, Silvie Naunheim   
Video: Kevin Graber   
Dramaturgie: Stefan Bläske, Florian Borchmeyer, Nils Haarmann   

Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin: Ursina Lardi   
Nadeschda Konstantinowna Krupskaja: Nina Kunzendorf   
Lew Dawidowitsch Bronstein, genannt Leo Trotzki: Felix Römer   
Iossif Wissarionowitsch Dschugaschwili, genannt Stalin: Damir Avdic   
Anatoli Wassiljewitsch Lunatscharski: Ulrich Hoppe   
Fjodor Alexandrowitsch Guetier: Kay Bartholomäus Schulze   
Pjotr Petrowitsch Pakaln: Lukas Turtur   
Lydia Alexandrowna Koschkina: Iris Becher   
Sapogow: Konrad Singer   
Feiga Shabat: Veronika Bachfischer   
Kinder: Jakov und Sophia Ahrens / Georg Arms und Lia Vinogradova / Benjamin und Mirjam Wachsmuth
Live-Kamera: Florian Baumgarten, Moritz von Dungern, Matthias Schoebe

Dauer: ca. 120 Minuten


23.10.17 Feminista, Baby! (Deutsches Theater)
nach dem SCUM-Manifesto von Valerie Solanas

1968 schoss Valerie Solanas auf Andy Warhol, verletze ihn lebensgefährlich. Jahre später verstarb der Künstler an den Spätfolgen dieses Attentats. Als Solanas nach den Gründen für die Tat gefragt wurde, verwies sie auf ihr Manifest: SCUM. Bedeutung? Abschaum. Aber auch Society for cutting up men. Auch: Eine Selbstbezeichnung einer weiblichen, zukünftigen Elite, "dominierenden, sicheren, selbstvertrauenden, widerlichen, gewalttätigen, eigensüchtigen, unabhängigen, stolzen, sensationshungrigen, frei rotierenden, arroganten Frauen, die sich imstande fühlen, das Universum zu regieren."

Den feministischen Text von Valerie Solanas, der voller Witz und Furor steckt, hat Jürgen Kuttner mit drei Schauspielern (Bernd Moss, Markwart Müller-Elmau, Jörg Pose) im Deutschen Theater auf die Bühne gebracht. Ein feministisches Manifest gespielt von drei Männern - funktioniert das?

Zu Beginn des Stückes ziehen sich die drei Marilyn-Monroe-Kleider und -Perücken an und schminken sich. Und dann geht es los. Kuttner hat sich wohl dafür entschieden, die Texte von Solanas von Männern sprechen zu lassen, weil sie somit an Schärfe verlieren und koödiantischer wirken. Das ist keine schlechte Idee. Aber trotzdem denke ich die ganze Zeit: Wie wäre es, wenn das jetzt eine Frau sagen würde. Am Ender legen die Schauspieler die Frauenkleider wieder ab und steigen in ihre Männerklamotten. Alles nur ein Spiel. Alles nicht ganz ernst?

Kuttner selbst spielt auch mit: Prototyp des Machos und deswegen schwer erträglich. Diese plakative Vorstellung braucht es für mich nicht, ärgert eigentlich nur. Solanas Text reicht doch.

Das Beste an dem Abend sind die Songs von Christiane Rösinger, die einzig wahre Feministin des Abends.

Regie: Tom Kühnel, Jürgen Kuttner
Bühne: Jo Schramm
Kostüme: Daniela Selig
Musik: Christiane Rösinger, Andreas Spechtl

Jürgen Kuttner, Bernd Moss, Markwart Müller-Elmau, Jörg Pose
Live-Musik: Christiane Rösinger, Andreas Spechtl, Ramin Bijan
Live-Kamera: Marlene Blumert, Bernadette Knoller


30.10.17 Die Entführung Europas (Berliner Ensemble)
Ein Crime Noir von Alexander Eisenach

...oder der seltsame Fall vom Verschwinden einer Zukunft.

Der Privatdetektiv Max Messer (Alter Ego von Heiner Müller) wird beauftragt, die verschwundene Europa ausfindig zu machen. Tipps erhält er vom Börsenspekulaten Teiresias. Nach einer durchzechten Nacht befindet er sich im Kongo, verwirrt und ohne eine Ahnung, welche Zeit gerade herrscht. Autor und Regisseur Alexander Eisenach nimmt ein Hörspiel von Heiner Müller als Vorlage für sein Stück, um zentrale Fragen unserer Gegenwart zu stellen: Kann Europa, das noch vor wenigen Jahren ein Versprechen schien, neues Leben eingehaucht werden? Oder wird unser auch kulturell vielfältiger Kontinent unter der Vorherrschaft des ökonomischen Paradigmas weiter an Attraktivität einbüßen?

Regie: Alexander Eisenach
Bühne: Daniel Wollenzin
Kostüme: Lena Schmid , Pia Dederichs
Musik: Sven Michelson
Video: Mareike Trillhaas
Dramaturgie: Frank Raddatz

Max Messer: Christian Kuchenbuch
Grace / Europa: Stephanie Eidt
Margaret: Kathrin Wehlisch
Jupiter Kingsby: Peter Moltzen
Teiresias: Laurence Rupp



NOVEMBER

01.11.17 General Assembly: Was ist globaler Realismus? - Diskussion mit Harald Welzer und Milo Rau (Schaubühne)

Moderation: Doris Akrap (taz)

Als Auftakt zur General Assembly und anlässlich des Erscheinens des Buches »Wiederholung und Ekstase« wurde im Rahmen dieser Diskussionsrunde der Versuch unternommen, die Hintergründe für soziale und politische Ungerechtigkeit im 21. Jahrhundert, zu erklären. Dabei wurden folgende Fragen angeschnitten: Was sind die Aufgaben und Grenzen eines Weltparlaments im Zeitalter von globalem Kapitalismus, Klimawandel und Massenmigration?

In Kooperation mit FuturZwei, Diaphanes Verlag und taz.die tageszeitung.

03.-5.11.2017 General Assembly: Plenarsitzungen (Schaubühne)

07.11.17 General Assembly: Sturm auf den Reichstag (Schaubühne)

Einen ausführlichen Bericht zu den Sitzungen der General Assembly und dem Sturm auf den Reichstag habe ich bereits veröffentlicht. 


18.11.2017 revisitd Bella Figura von Yasmina Reza (Schaubühne)

Eine Freundin hat sich gewünscht, dieses Stück (Regie: Thomas Ostermeier), deren Rollen Reza auf die Schauspieler*innen zugeschnitten hat, zu sehen. Also habe ich es nach gut zweieinhalb Jahren noch mal angeschaut. Es kratzt ja immer etwas an der Boulevard Komödie, ist es aber dank seiner Dialoge dann eben doch nicht. Natürlich ist das eingespielte Duo Hoss-Waschke sowie das übrige Ensemble weit davon entfernt Boulevard zu sein. Die Anleihen sind vielleicht gewollt? Neben mir die Freundin kommentiert: Das ist wie bei uns zu Hause! Wie viele im Publikum denken das auch? Und wieder bin ich entzückt von der perfekten Auswahl der Kostüme (Florence von Gerkan).

Die Fassade bröckelt: Renato Schuch, Lore Stefanek, Nina, Hoss, Mark Waschke und Stephanie Eidt (Foto: Arno Declair)


21.11.17 Filmvorführung & Diskussion: Ein Volksfeind unterwegs (Freunde der Schaubühne e.V.)

Es passt, dass der Volksfeind-Film, der von den weltweiten Gastpielen der Schaubühne mit der Inszenierung "Ein Volksfeind" von Thomas Ostermeier, handelt, die weltpolitischen Themen, die in der General Assembly verhandelt wurden, beinhaltet. Für die Freund*innen der Schaubühne wurde die zweistündige Dokumentation über die Aufführungen der Inszenierung in Instanbul, London, Moskau, Torun, Seoul, Dehli, Santiago de Chile u.a. Städten exklusiv gezeigt. Die Filmemacher Matthias Schellenberg und Andreas Nickel waren anwesend und standen im Anschluss für eine Diskussion mit den Freundekreismitgliedern zur Verfügung.

Bisher ist noch nicht sicher, in welchem Rahmen, der Film noch einmal gezeigt wird. Interessierte können sich aber in der Mediathek der Schaubühne Ausschnitte ansehen.

26. März 2017

Rückblick Februar & März 2017: Über Schuld, Kunst und Karrieristen

Auch wenn der Februar natürlich vor allem von der Berlinale bestimmt wurde, blieb immer etwas Zeit fürs Theater. Und weil Ende März schon wieder das FIND (Festival Internationale Neue Dramatik an der Schaubühne am Lehniner Platz - 30.3. bis 9.4.) beginnt und ich hierfür eigene Beiträge geplant habe, fasse ich die letzten beiden Moante in einem Artikel zusamen.


FEBRUAR
01.02.17 Interrobang: Der Prozess 2.0 (Sophiensäle)
Ein Schuldlabyrinth nach Kafka. Theater zum Mitmachen. Mitmachen müssen, können, sollen. Nach dem Betreten des Parcours, müssen die Zuschauer*innen (=Teilnehmer*innen) dieses Theaterprojekts sich ihren persönlichen Ordner abholen, verschiedene Fragen beantworten, Aufgaben erledigen und sich entscheiden, welchen persönlichen Weg sie gehen wollen. All das wird von einem Gericht ausgewertet und in einer Verhandlung für und gegen einen vorgetragen. Das sogenannte "Innere Gericht" verurteilt zunächst noch präzise und detalliert, später im Sammel- und noch später im Eilverfahren jede*n zum Handeln. Dabei spielt es für das Gericht gar keine Rolle mehr, was wirklich hinter den Antworten steckt und (scheinbar) willkürlich werden einzelne Sätze oder Aussagen aus der Akte gegen eine*n verwendet. Eine Mischung aus "Bloß nicht meinen Fall verhandeln" und "Warum nicht meine Akte? Bin ich etwas so langweilig?" macht sich breit. Und was dabei verdächtig im Raum schwebt, ist die Tatsache, dass es egal ist, wie man sich verhält oder was man denkt, alles kann gegen mich verwendet werden. Die Zusammenhänge sind gleichgültig. Und wie Josef K. in Kafkas Prozess, hege ich den Verdacht, dass an dem, was das Gericht da gegen mich vorbingt, vielleicht etwas dran sein könnte...
Interrobang schafft es, die gegenwartsrelevanten Motive aus Kafkas Klassiker in ein instellatives Stück zu packen und die Zuschauer*innen dabei ordentlich aufzurütteln.

Von und mit Till Müller-Klug, Nina Tecklenburg, Lajos Talamonti, Elisabeth Lindig


02.02.17 Zeit der Kannibalen von Johannes Naber nach dem Drehbuch von Stefan Weigl (Vagantenbühne)
Sollte man einen Film einfach so nachspielen? Die Verfilmung mit Katharina Schüttler, Sebastian Blomberg und Devid Striesow ist großartig - keine Frage. Die kammerspielartige Kapitalismus-Kritik mit dem bösen Humor und der Darstellung der Busninessmenschen, deren Welt in nur wenigen Stunden ins Wanken gerät, bietet sich auch fürs Theater an. Dennoch habe ich von dieser Inszenierung  etwas Neues erwartet. Allerdings ist für diejenigen, die den Film nicht kennen, die Bühnenadaption sicher sehr lohnenswert. Meine Empfehlung: Hingehen sollte, wer den Film nicht kennt.

Regie: Bettina Rehm

Mit Björn Bonn, Johann Fohl, Senita Huskić, Hannah von Peinen, Joachim Villegas und Axel Strothmann


03.02.17 Love Hurts In Tinder Times von Patrick Wengenroth (Schaubühne)
Gleich mal vornweg: Mit Tinder hat das Stück (zum Glück) gar nicht so viel zu tun. Tinder Times steht viel mehr für diese Zeit, in der viele nach neuen Wegen des Zusammenlebens und von Liebesbeziehungen suchen. Kann ich einen exklusiven Anspruch auch eine*n Partner*in erheben? Warum schmerzt es den*die andere*n, wenn man sich außerhalb der Beziehung Befriedigung und Bestätigung sucht? Und: Ist es nicht immer ganz anders als es aussieht? Garniert wird dieser Wengenroth-Abend (wie immer) mit viel Musik, diesmal vorrangig aus den 80ern. Und so findet auch der kürzlich verstorbene George Michael seinen Platz im Stück. Die sich nackt in Farbe wälzenden und Kunst machenden Protagonist*innen (Mark Waschke, Lise Risom Olsen, Andreas Schroeders) sehe ich weniger als Provokation, denn als humorvolle gedachte Anspielung auf Performance Künstler und vielleicht sogar das Theater selbst.

Realisation: Patrick Wengenroth   
Bühne: Mascha Mazur   
Künstlerische Mitarbeit Bühne: Céline Demars   
Kostüme: Ulrike Gutbrod   
Musik: Matze Kloppe  

Mit Matze Kloppe, Lise Risom Olsen, Andreas Schröders, Mark Waschke, Patrick Wengenroth

Andreas Schröders, Mark Waschke, Lise Risom Olsen (Foto: Gianmarco Bresadola)


Essay zum Stück in Pearson's Preview: LOVE HURTS IN TINDER TIMES. Ein Gespräch mit Patrick Wengenroth


12.02.17    revisited Hedda Gabler von Henrik Ibsen (Schaubühne)
Nach vielen Jahren mal wieder dieses Stück. Die Angst vor dem sozialen Abstieg, jede*r kennt sie und erkennte sich in dem Stück wieder. Man kann Hedda (Katharina Schüttler) und ihr Handeln gleichzeitig verabscheuen und bemitleiden. Und wie steht es um ihren Mann Jorgen Tesmann (Lars Eidinger) und den um seine Arbeit betrogenen Eilert Lovborg (Kay Bartholomäus Schulze)? Das Besondere an dem Stück ist, dass man keine*n so richtig mag oder hasst. Zerissen, betroffen, gerührt verlässt man das Theater.

Lore Stefanek, Katharina Schüttler, Lars Eidinger (Foto: Arno Declair)

Regie: Thomas Ostermeier   
Bühne: Jan Pappelbaum   
Kostüme: Nina Wetzel   
Musik: Malte Beckenbach   
Dramaturgie: Marius von Mayenburg   
Video: Sébastien Dupouey   

Jørgen Tesman, Privatdozent der Kulturgeschichte: Lars Eidinger   
Frau Hedda Tesman, seine Frau: Katharina Schüttler   
Fräulein Juliane Tesman, seine Tante: Lore Stefanek   
Frau Elvstedt: Annedore Bauer   
Richter Brack: Jörg Hartmann   
Eilert Løvborg: Kay Bartholomäus Schulze
 


MÄRZ
04.03.17 Denial von Yael Ronnen (Maxim-Gorki-Theater)
Das Stück über Verleugnung und Verdrängung wurde von Yael Ronen gemeinsam mit den Schauspieler*innen entwickelt. In verschiedenen Konstellationen zeigen sie, was es bedeutet, wenn man versucht, die Realität zu verarbeiten, zurechtzubiegen oder einfach zu verstehen. Coming out, Intoleranz und Gewalt in der eigenen Familie, politische Verfolgung und andere traumatische Erlebnisse werden in kurzen Szenen aufgearbeitet bzw. dargestellt. Wie immer bei Yael Ronen wechseln sehr traurige und berührende Geschehnisse mit witzigen Einschüben. Und nie weiß man - auch das ist typisch für ihre Stücke - was aus den Biographien der Schauspieler*innen stammt und was Fiktion ist.

Regie: Yael Ronen
Bühnenbild: Magda Willi
Kostüme: Amit Epstein
Musik: Nils Ostendorf
Video: Hanna Slak

Mit Oscar Olivo, Dimitri Schad, Cigdem Teke, Maryam Zaree und Orit Nahmias.


23.03.17 re-revisited Stück Plastik (Schaubühne)
Darf man Geld rumliegen lassen, wenn die Putzhilfe da ist? Ist Michael, der für Ärzte ohne Grenzen nach Afrika gehen will, ein Egoist? Warum hat Ulrike als Künstlerin versagt?  Und ist Sohn Vincent ein Junge oder ein Mädchen? Diese und viele, viele andere Fragen werden im Stück verhandelt, vielmehr wird darüber gestritten. Das eigentlich interessante ist aber auch, dass die Person, die den Streitimpuls gibt, überhaupt nichts zur Debatte beitragen kann, weil sie einfach nicht zu Wort kommt. Sie drückt sich im Gesang aus, im Gespräch mit dem 12jährigen Sohn der Familie, für die sie putzt und übt Rache. Dialoggewaltiges und äußerst lustiges Stück über richtiges und falsches Verhalten, kommunizieren und zuhören. Stück Plastik von Marius von Mayenburg schrammt manchmal knapp an einer Boulevard-Komödie vorbei und ist deswegen gerade so gut. Die zahlreichen Anspielungen auf die Kunstwelt und das eigene Milieu mit den zackigen Monologen (die von den brillanten Schauspieler*innen einfach mitreißend gespielt werden) machen die Inszenierung zu einer Perle im Spielplan.

Mit Marie Burchard, Robert Beyer, Laurenz Laufenberg, Sebastian Schwarz und Jenny König.
Regie: Marius von Mayenburg


25.03.17 re-visited Professor Bernhardi von Arthur Schnitzler (Schaubühne)
Spannend wie beim ersten mal. Die Aktualität dieses Stückes ist so groß, dass bei fast jeder Szene der Puls hoch geht. Wie in der Sitzungszene die Intrige gegen Professor Bernhardi entsponnen wird - da muss man sich empören. Aber es gibt in dieser Inszenierung nicht immer ein klares Gut und Böse, Richtig oder Falsch. Keine unverfälschten Sympathien. Und das lässt einen noch lange über den Abend hinaus nachdenken.


Damir Avdic, Laurenz Laufenberg, Veronika Bachfischer, Jörg Hartmann (Foto: Arno Declair)

Regie: Thomas Ostermeier   
Bühne: Jan Pappelbaum   
Kostüme: Nina Wetzel   
Musik: Malte Beckenbach   
Wandzeichnungen: Katharina Ziemke

Dr. Bernhardi: Jörg Hartmann   
Dr. Ebenwald: Sebastian Schwarz   
Dr. Cyprian: Thomas Bading   
Dr. Pflugfelder: Robert Beyer   
Dr. Filitz: Konrad Singer   
Dr. Tugendvetter: Johannes Flaschberger   
Dr. Löwenstein: Lukas Turtur   
Dr. Schreimann/Kulka, ein Journalist: David Ruland   
Dr. Adler: Eva Meckbach   
Dr. Oskar Bernhardi: Damir Avdic   
Dr. Wenger/Krankenschwester: Veronika Bachfischer   
Hochroitzpointner: Moritz Gottwald   
Professor Dr. Flint: Hans-Jochen Wagner   
Ministerialrat Dr. Winkler: Christoph Gawenda   
Franz Reder, Pfarrer: Laurenz Laufenberg   

10. August 2016

Rückblick Mai bis Juli 2016: Die Macht von Texten, Musik und Bewegung

Auf der Zielgeraden zum Spielzeit-Ende gab es für mich Neu-Erlebtes, Wieder-Erlebtes und viele Erfahrungen hinter den Kulissen.


MAI

05.05.16 PREMIERE Wallenstein von Friedrich Schiller (Schaubühne)
Drei Stunden ohne Pause. Aber die gingen erstaunlich schnell vorbei. Nebel, Nebel, Nebel und eine große überwiegend dunkle Bühne – das Stück ist ja auch düster. Die typische Thalheimer-Ästhetik. Wallenstein (Ingo Hülsmann) sitzt und sitzt. Und sitzt alles aus. Eigentlich hätte ich mir gewünscht, dass er gar nicht aufsteht. Tut er aber im letzten Drittel doch. Dahinter stehend der/die Astrolog/in gespielt von Lise Risom Olsen als Einflüsterer/in – das Geschlecht bewusst im Unklaren gelassen. Ich muss diese Inszenierung unbedingt noch mal sehen. Auch um noch mehr zu verstehen.


Ingo Hülsmann, Urs Jucker, Lise Risom Olsen in "Wallenstein" (Foto: Katrin Ribbe)

Regie: Michael Thalheimer  
Bühne: Olaf Altmann  
Kostüme: Nehle Balkhausen  
Musik: Bert Wrede  

Wallenstein: Ingo Hülsmann  
Octavio Piccolomini: Peter Moltzen  
Max Piccolomini: Laurenz Laufenberg  
Graf Terzky: Felix Römer  
Illo: Andreas Schröders  
Buttler: Urs Jucker  
Isolani, Gefreiter: David Ruland  
Questenberg, Wrangel: Ulrich Hoppe  
Seni: Lise Risom Olsen  
Herzogin von Friedland: Marie Burchard / Cathlen Gawlich  
Thekla: Alina Stiegler  
Gräfin Terzky: Regine Zimmermann  

Dauer: ca. 180 Minuten

Weitere Infos und Trailer.


13.05.16 re-visited Ungeduld des Herzens von Simon McBurney nach dem Roman von Stefan Zweig (Schaubühne)

Christoph Gawenda (Foto: Gianmarco Bresadola)

Grandioses Schauspieler/innen-Theater! Mittlerweile spielen sie ohne Teleprompter und schaffen dieses Text-Monster richtig gut.


20.05.16 Lesung „Skizzen für einen Spielfilm“ von Isa Genzken (Haus der Berliner Festspiele / Theatertreffen)
Drei Schauspieler/innen (Jule Böwe, Karin Pfammatter, Felix Römer)  lesen aus  den 1993 veröffentlichen Texten, in denen die Künstlerin Isa Genzken Momentaufnahmen aus ihrem Leben skizziert. Einfühlsam und profan reihen sich die Erinnerungen aneinander, beginnend mit ihrer Geburt in Bad Oldesloe und endend mit einer Ausstellungseröffnung in Bremen.


22.05.16 Streitraum: Wann ist ein „Nein“ ein „Nein“ (Schaubühne)
Das Sexualstrafrecht vor und nach Köln. - Carolin Emcke diskutierte mit Christina Clemm (Rechtsanwältin), Hilal Sezgin (Journalistin) und Jürgen Thiele (Leiter des Dezernates für Sexualdelikte im Landeskriminalamt Berlin).
Muss sich eine Frau gegen einen Übergriff wehren oder reicht auch, dass sie eindeutig und explizit mit einem »Nein« ihre Ablehnung bekundet? Besonders hängen blieb dieses Bild von Carolin Emcke: Sie müsse sich doch auch nicht an ihren Fernseher klammern, um klarzumachen, dass sie einen Diebstahl ablehne. Bei dem eigenen Körper - etwas Persönlicheres gibt es kaum - wirde aber darüber diskutiert, ob ein "Nein" reichen kann.

Carolin Emcke erhält übrigens in diesem Jahr den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels; sie leiste mit ihren Büchern, Artikeln und Reden einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Dialog und zum Frieden, heißt es in der Begründung des Vereins.

Weitere Infos und Videos vergangener Streiträume hier.
 

22.05.16 re-re-re-re-visited TRUST von Falk Richter (Schaubühne)
Ich glaube, ich habe dieses Stück nun schon fünf mal gesehen. Und, achja, es bleibt einfach eines meiner Lieblingsstücke! „Pack deine Sachen und bleib!“

Nina Wollny (Foto: Heiko Schäfer)


25.05.16 Common Ground von Yael Ronen (Maxim Gorki Theater)
Über diese Inszenierung habe ich einen Artikel verfasst: "Ein Land, das es nicht mehr gibt".


28.5.2016 PREMIERE MACHT was ihr wollt - Ein Projekt der Polyrealisten (Schaubühne)

Elf Spielerinnen und Spieler treten gegeneinander an. Was tun sie, um mächtig zu werden? Jede/r erzählt ihre/seine Geschichte, um Punkte zu sammeln. Dazwischen gibt es weitere Aufgaben. Wie gehen Menschen in eine solchen Wettkampfsituation? Und sind Sie sie bereit ihre Prinzipien zu verraten. Nehmen Sie Rücksicht auf die Bedürfnisse und Nöte der Mitspieler/innen?
Ein Jahr lang haben sich die Polyrealisten, eine Gruppe von Menschen zwischen 27 und 67 Jahren, mit dem Thema »Macht« auseinandergesetzt und treten nun mit den Ergebnissen das erste Mal auf das Spielfeld.

Ikko Masuda von den Polyrealisten (Foto: Gianmarco Bresadola)

Leitung: Wiebke Nonne
Künstlerische Mitarbeit: Nele Rennert, Katharina Berger
Bühne: Emilie Cognard  
Kostüme: Arianna Fantin  

Mit: Robert Akstinat, Chantal Chelli-Zenner, Christian Haffmann, Hannes Hannemann, Anke Liermann, Ikko Masuda, Stefan Matzke, Claudio Melis, Sarah Müller, Eva Reuß-Richter, Heike Schalk

Weitere Infos auf der Seite der Schaubühne.


JUNI
  
01.06.16 Tschick nach dem Roman von Wolfgang Herndorf (Deutsches Theater)
Laut der Werkstatistik des Deutschen Bühnenvereins lag Tschick auf Platz 1 der meistgespielten Texte auf den deutsprachigen Bühnen in der Spielzeit 2014/215. Der Road-Roman für Jugendliche wurde mittlerweile auch von Fatih Akin verfilmt. Am DT läuft das Stück seit 2011 mit großem Erfolg. Das Tolle an der Inszenierung: Die Rollen von Maik und Tschick werden wechselnd von den beiden Schauspielern gespielt und der Wechsel ist jedesmal überzeugend. Ich kann nur sagen: Auf in die Wallachei. Mit dem Lada!

Regie: Alexander Riemenschneider
Bühne und Kostüme: Rimma Starodubzeva
Musik: Arne Jansen
Mit Wiebke Mollenhauer, Sven Fricke, Thorsten Hierse, Arne Jansen

Weitere Infos zum Stück und Programmheft zum Download auf der Seite des DT.


11.06.16 Lesung For the Disconnected Child von Falk Richter (Schaubühne)
Leider ist diese Inszenierung, die 2013/2014 in Kooperation mit der Staatsoper an der Schaubühne lief, nicht mehr zu sehen. Umso schöner, dass der Autor und Regisseur zusammen mit seinen Schauspieler/innen Ursina Lardi und Tilmann Strauß das Stück noch einmal mit Texten und Musik aufleben ließ. Zugleich durften wir dem Gesang von Helgi Jónsson, der neben anderen die Musik dafür komponierte, lauschen. Falk Richter las außerdem einige Texte aus "Small Town Boy" (Maxim Gorki Theater), "Never Forever" (Schaubühne) und "Zwei Uhr Nachts" (Schauspiel Frankfurt). Seine Texte gibt es übrigens auch in Buchform, zu erwerben u.a. in der Theaterbuchhandlung Einar & Bert.


19.06.16 Keiner findet sich schön von René Pollesch (Volksbühne)
Hier habe ich über diese Inszenierung geschrieben: "Iggy Pop oder Robocop".


23.06.16 Freunde der Schaubühne // Freunde hinter den Kulissen: Führung durch die Kostümbildnerei (Schaubühne)
Mein Bericht im Archiv der Freunde der Schaubühne e.V. hier.


25.06.16 re-visited FEAR von Falk Richter (Schaubühne)
Ich habe das Stück nach den rechtlichen Streitigkeiten und der umfangreichen Breichterstattung noch mal mit anderen Augen gesehen. Unter dem unmittelbaren Eindruck des Brexit erscheint auch der Europa-Monolog von Lise Risom Olsen neu.


27.06.16. Freunde der Schaubühne // Freunde treffen Künstler: Ein Abend mit Peter Moltzen, Andreas Schröders und Ingo Hülsmann über Michael Thalheimers „Wallenstein“ (Schaubühne)

Wir sprachen mit Wallenstein, Octavio Piccolomini und Illo oder vielmehr den Schauspielern Ingo Hülsmann, Peter Moltzen und Andreas Schröders über Michael Thalheimers Wallenstein-Inszenierung. Was gibt es Neues aus Politik, Kultur und Sport? Mit dieser Frage beschäftigen sich nicht etwa die Figuren in Schillers Stück. Sie wurde zu Beginn der Proben gestellt. Im Rahmen unseres Abends mit den drei Schauspielern ging es dann natürlich auch um Astrologie und die Frage, warum Wallenstein seine Sache im wahrsten Sinne des Wortes aussitzt.

Alle drei Schauspieler haben bereits mit Michael Thalheimer gearbeitet, der nach "Die Macht der Finsternis" von Leo Tolstoi (2011), "Tartuffe" von Molière (2013) und "Nachtasyl" von Maxim Gorki (2015) mit "Wallenstein" von Friedrich Schiller (Premiere: 5. Mai 2016) nun bereits zum vierten mal an der Schaubühne inszeniert hat. In der kommenden Spielzeit wird Thalheimer sich ein weiteres mal mit Molière beschäftigen und im Januar 2017 "Der eingebildete Kranke" auf die Bühne bringen.


29.06.16 der die mann nach Texten von Konrad Bayer (Volksbühne)
Die Texte des österreichischen Literaten Konrad Bayer humorvoll und bunt von Herbert Fritsch auf die Bühne gebracht. Bayers Wortschöpfungen werden von den Schauspieler/innen zelebriert und man glaubt seinen Augen und Ohren nicht. Wer sowas kann ist ein/e große/r Künstler/in. Rhythmus. Dada. Performance. Gesang. Man verlässt das Theater und hat - kaum zu glauben - ein paar Ohrwürmer, die einen den Rest des Abends begleiten: "Aber Karl gibt nicht auf..."

Kein Wunder, dass Herbert Fritsch mit dieser Inszenierung erneut zum Berliner Theaterterffen eingeladen wurde.

Regie & Bühne: Herbert Fritsch
Kostüme: Victoria Behr
Musikalische Leitung: Ingo Günther

Mit: Florian Anderer, Jan Bluthardt, Werner Eng, Annika Meier, Ruth Rosenfeld, Axel Wandtke und Hubert Wild & dasderdiemannorchester mit Ingo Günther, Michael Rowalska, Taiko Saito und Fabrizio Tentoni


30.6.16 ungefähr gleich von Jonas Hassen Khemiri (Schaubühne)
Als ich den Titel des Stückes das erste mal las - ohne zu wissen, worum es geht - dachte ich, es ginge vielleicht auch hier wieder um Feminismus (ein Thema, das an der Schaubühne in den letzten Monaten sehr präsent war). Auch in "thisisitgirl" und "istgleich" (man achte auf die Ähnlichkeit des Titels!) ging es darum. Doch das Stück handelt von Geld, den Wert von Kunst und Theater und die Suche nach Glück in einer durchökonomisierten Welt. Folgende Assoziation kommt mir in den Sinn: Ein Bekannter sagte kürzlich zu mir, dass Schaubühnen-Tickets mittlerweile wie Goldstaub seien. Das passt zum Bild des im Stück verwendeten goldenen Konfettis, mit dem die Regisseurin Mina Salehpour den Zauber, aber auch die Vergänglichkeit der Kunst am Theater ausdrücken wollte. Greifbar und doch nicht greifbar.

Regie: Mina Salehpour   
Bühne: Andrea Wagner   
Kostüme: Maria Anderski   
Dramaturgie: Bettina Ehrlich   
Mit: Bernardo Arias Porras, Iris Becher, Renato Schuch, Alina Stiegler

Essay zum Stück in Pearson's Preview: Sekt oder Champagner? Ungefähr gleich – Mina Salehpour nimmt Komödien ernst


 JULI
  
01.07.16 Five easy pieces von Milo Rau (Sophiensäle)
Einen ausführlichen Artikel habe ich hier verfasst: "Das Grauen spielen".
Weitere Infos zum Stück auf der Seite des IPM. In 2016/2017 u.a. noch in Frankfurt, Basel, Lausanne, Zürich, Amsterdam, Paris, Manchester/Brighton, Barcelona und Rotterdam zu sehen. Hingehen - es lohnt sich!


08.07.16 My Fair Lady (Komische Oper)
Mein letzter Musical-Besuch liegt schon ein paar Jahre zurück. Was mir an der Inszenierung dieses Klassikers an der Komischen Oper besonders gefiel: Das reduzierte Bühnenbild (Grammophone in verschiedenen Größen) und die bekannten Lieder. Im anschließenden Publikumsgespräch entpuppten sich die beiden Hauptdarsteller/innen Musical-Star Katharine Mehrling (Eliza Doolitle) und Schauspieler Max Hopp (Henry Higgins) als äußerst sympathisch. Was ich sonst noch lernte: Das Musical wird fälschlicherweise meistens als Komödie gesehen, dabei ist der Ausgang der Pygmalion-Geschichte von George Bernard Shaw eher traurig.

Musikalische Leitung: Kristiina Poska, Peter Christian Feigel
Inszenierung: Andreas Homoki
Choreographie: Arturo Gama
Bühnenbild: Frank Philipp Schlößmann
Kostüme: Mechthild Seipel

Professor Henry Higgins: Max Hopp
Eliza Doolittle: Katharine Mehrling, Mirka Wagner
Alfred P. Doolittle: Jens Larsen, Carsten Sabrowski
Oberst Pickering: Christoph Späth, Tom Erik Lie
Mrs. Higgins: Susanne Häusler
Mrs. Pearce: Christiane Oertel
Freddy Eynsford-Hill: Johannes Dunz, Adrian Strooper
Professor Zoltan Karpaty: Zoltan Fekete, Mate Gyenei
Chorsolisten der Komischen Oper Berlin


11.07.16 Eisler on the Beach (Deutsches Theater)
Wie in Shakespeares Dramen geht es zu in der Familie Eisler soll Charlie Chaplin gesagt haben. Die Geschichte um Hanny Eisler und seine beiden Geschwister Gerhart und Ruth, die als Zeugin der Anklage vor dem "Ausschuss für unamerikanische Umtriebe" aussagt. Zusammen mit der Bolschewistischen Kurkapelle Schwarz-Rot erzählen Tom Kühnel und Jürgen Kuttner die Geschichte der Linken im 20. Jahrhundert als Familiengeschichte. Das Problem der Inszenierung: Es wird nicht klar, warum die beiden Regisseure die Geschichte erzählen. Außerdem wird man das Gefühl nicht los, dass auch die Schauspieler nicht richtig bei der Sache sind. Enttäuschend!

Regie: Tom Kühnel, Jürgen Kuttner
Bühne: Jo Schramm
Kostüme: Daniela Selig
Musik: Bolschewistische Kurkapelle Schwarz-Rot
Mit Maren Eggert, Daniel Hoevels, Jürgen Kuttner, Ole Lagerpusch, Jörg Pose, Thomas Neumann, Simone von Zglinicki


15.07.16 The blind poet von Jan Lauwers & Needcompany (Foreign Affairs Festival // Berliner Festspiele)
Portraits der sieben Performer/innen dargestellt in Bewegung und Text. Beleuchtet und gegenüber gestellt werden dabei die persönlichen Biographien und die verschiedenen Nationalitäten - alleine, im Chor, als Songs, als Tänze.  Sie entwickeln auf der Bühne verschiedene Identitäten im gegenwärtigen multikulturellen Europa - mal traurig, mal lustig.

Grace Ellen Barkey mit Clowns-Nase und Clowns-Schuhen (Foto: Maarten Vanden Abeele)

Das belgische Künstlerkollektiv Needcompany wurde 1986 von dem Theatermacher und Künstler Jan Lauwers und der Choreographin Grace Ellen Barkey gegründet.

Text, Regie & Bühne: Jan Lauwers
Musik: Maarten Seghers
Kostüme: Lot Lemm, Bachir bin Ahmed bin Rhaïem El Toukabri

Mit Grace Ellen Barkey, Jules Beckman, Anna Sophia Bonnema, Hans Petter Melø Dahl, Benoît Gob, Maarten Seghers, Mohamed Toukabri, Elke Janssens, Jan Lauwers

Weitere Infos & Trailer auf der Seite der Berliner Festspiele.


16.6.16 Freunde der Schaubühne // Freunde hinter der Kulissen: Theaterführung mit Jürgen Schitthelm & Spielzeitende (Schaubühne)
Jürgen Schitthelm, der 1962 die Schaubühne gründete, ist das, was man eine lebende Theater-Legende nennt. Nicht jede/r kommt in den Genuss, seinen Ausführungen aus über 50 Jahren Schaubühnen-Geschichte zu lauschen. Ein Bericht folgt in Kürze und wird dann im Archiv der Freunde der Schaubühne e.V. veröffentlicht. Der ideale Ausklang der Spielzeit 2015/2016!


"Spaceship Schaubühne": Die Unterbühne (Foto: Maren Vergiels)

Bilder aus über 50 Jahren Schaubühne (Foto: Maren Vergiels)

28. Mai 2016

Ein Land, das es nicht mehr gibt: "Common Ground" von Yael Ronen & Ensemble (Maxim Gorki Theater)

Basierend auf einer gemeinsamen Reise nach Bosnien hat Yael Ronen mit sieben Schauspieler/innen, davon fünf aus dem ehemaligen Jugoslawien (bzw. Serbien, Bosnien und Herzegowina), das Stück entwickelt. Sie kamen als Kinder oder Jugendliche während des Kriegs in den 90ern nach Berlin. Welchen Common Ground (= Gemeinsamkeiten, auch: gemeinsamen Boden) haben sie? Wo kreuzen sich die Biographien? Und kann die Generation, die nach dem Krieg aufwuchs, vergeben und die Schuld der Eltern sühnen. Welche Konflikte und Vorurteile herrschen heute, über 20 Jahre nach dem Krieg, noch?

Im ersten Teil des Stückes wird in schnellen kurzen Szenen die Geschichte Jugoslawiens, Deutschlands, Europas zu Beginn der 90er gezeigt und die mit den Biographien der Schauspieler/innen zu diese Zeit verknüpft. Im zweiten Teil geht es um die Reise nach Bosnien und den Versuch, den Balkankonflikt zu verstehen. Immer wieder treten dabei auch (rassistisch) Vorurteile zu Tage.

Das Schaffen von Feindbildern und deren Entmenschlichung, das Schüren von Ängsten, die Inszenierung von Bedrohung durch die "anderen" - als das hat zu den Kriegen geführt. Und wie aktuell ist das Stück damit heute! Denn genau das ist es, was Rechtpopulisten derzeit in Deutschland tun...

Das Stück funktioniert u.a. deswegen so gut, weil neben Schauspieler/innen aus Ex-Jugoslawien auch Niels Borman (Deutschland) und Orit Nahmias (Israel) auf der Bühne stehen. Und weil sie witzig sind. Die Spannung des Stückes liegt in den oftmals schnellen Wechseln zwischen Bestürzung über die Kriegsverbrechen und Lachen können über die humorvoll gespielten Szenen aus dem Leben der Darsteller/innen.

Wieder  -  wie in Milo Raus ""The Dark Ages"  - schafft man es nicht so einfach, die einzelnen geschichtlichen Details, Parteien, Zugehörigkeiten, Religionen etc. klar zu definieren und ausseinanderzuhalten. Auch das ist Thema des Stückes und wird unter anderem geschildert in der Familiengeschichte von Dejan Bucin.

Die Figur der Jasmina (Tochter eines Mannes, der im KZ ermordet wurde) wird von der Schauspielerin Mateja Meded und die der Mateja (Tochter eines Mannes, der in einem KZ arbeitete) von der Schauspielerin Jasmina Musić gespielt - also in vertauschten Rollen. Möglicherweise sollte somit das sehr Persönliche der beiden Schicksale aufgelöst werden. Im Stück treffen sie aufeinander und müssen einen Weg finden miteinander umzugehen, vor allem Mateja weiß nicht, wie sie Jasmina entgegentreten soll und fühlt sich schuldig.

Am Ende haben manche der Schauspieler/innen Tränen in den Augen. Man weiß nicht so genau, ob es "echt" ist oder gespielt. Dennoch: es gehört zum Stück.

Standing ovations vom Publikum für dieses tolle Stück und viele gerührte Menschen.

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Die Inszenierung wurde zum Theatertreffen 2015 eingeladen und ist Gewinner des Publikumspreises "Stücke 2015" Mülheimer Theatertage.

Regie: Yael Ronen
Bühne: Magda Willi
Kostüme: Lina Jakelski
Video: Benjamin Krieg, Hanna Slak
Dramaturgie: Irina Szodruch
Musik: Nils Ostendorf

Mit: Vernesa Berbo, Dejan Bućin, Niels Bormann, Mateja Meded, Jasmina Musić, Orit Nahmias, Aleksandar Radenković

Weitere Infos zum Stück auf der Seite des Maxim Gorki Theater.

Ein Interview mit Yael Ronen zur Stückentwicklung zum Anschauen.