4. Juli 2016

"Mit Interesse und Bestürzung" - Reaktion auf Volksbühnen-Brief: Offener Brief internationaler Kunstschaffender

Ein weiteres Kapitel in der Debatte um die Nachfolge der Volksbühnen-Leitung.

Ein offener Brief internationaler Kulturarbeiter/innen sorgt für neuen Gesprächsstoff. Die Unterzeichnenden, unter ihnen Okwui Enwezor, Dercons Nachfolger als Leiter des Münchner Hauses der Kunst, haben sich am 1. Juli 2016 schriftlich mit Chris Dercon solidarisiert.

Die Verfasser/innen unterstellen den Volksbühnen-Mitarbeiter/innen, dass es ihnen nicht um den Erhalt von Arbeitsplätzen und den Schutz des Erbes der Volksbühne ginge ("A cursory reading of the complaints and the charges leveled within the letter reveals clearly that the motive is not about jobs or the defense and protection of the legacy of the Volksbühne...), sondern glauben, dass hier Machtmissbrauch vorliege, um Ideen bzw. eine persönliche Vision zu vernichten ("the abuse of the privilege conferred by public employment to defeat an individual’s vision"). Sie loben Dercons Qualitäten im Bereich der bildenden Kunst, der als visionärer Leiter im Bereich des Museumswesens während der letzten drei Jahrzehnte starke und nachhaltige Strukturen aufgebaut habe ("Chris Dercon brings with him to Berlin strong record of visionary leadership in the museum field over three decades").

Hier mehr zum offenen Brief der Volksbühnen-Mitarbeiter/innen vom 20. Juni 2016.

2. Juli 2016

Das Grauen spielen: "Five Easy Pieces" von Milo Rau (Sophiensäle)

Five Easy Pieces: Sieben Kinder spielen. (Foto: Phile Deprez)
Kann man mit Kindern als Schauspieler/innen das Leben, die Verbrechen und das Umfeld des belgischen Kindermörders Marc Dutroux in einem Stück darstellen? Wo sind die Grenzen? Kann man Kindern soetwas überhaupt zumuten? Und wie weit darf man in der Darstellung gehen?

Jedes Kind in Belgien kennt diesen negativen nationalen Mythos, erkennt Marc Dutroux auf einem Foto, kann sofort erzählen, was er getan hat. In „Five Easy Pieces“ zeigt Milo Rau in fünf Szenen mit sieben Kinder-Schauspieler/innen aus Belgien und einem erwachsenen Schauspieler (Peter Seynaeve), der als Spielleiter fungiert, die Familien vom Marc Dutroux und seiner Opfer sowie die Opfer selber. Er geht dabei auch auf geschichtliche Details wie die Kolonialisierung des Kongo durch Belgien ein, in der Dutrouxs Vater Lehrer war, sowie die plötzliche Unabhängigkeit des Landes und den kongolesischen Unabhängigkeitskämpfer Patrice Lumumba. Milo Rau geht dabei an Grenzen (und man überlegt: überschreitet er sie sogar?) des für die Kinder Zumutbaren. Etwa als eine achtjährige Kinder-Schauspielerin eines der entführten Mädchen darstellen und sich dabei entkleiden soll. Oder als ein dreizehnjähriger Junge, der den Vater eines Opfers spielt, dazu gedrängt wird, echte Tränen zu weinen. Wahrscheinlich weiß jede/r im Raum, dass alles nur mit dem absoluten Einverständnis der Kinder geschieht und niemand zu etwas gezwungen wird. Aber trotzdem fühlt man sich bei diesen Szenen extrem unwohl. Erträglich ist das alles nur, weil die Szenen immer wieder gebrochen und die Zuschauer/innen daran erinnert werden, dass wir uns im Theater befinden und die Kinder „nur“ Rollen spielen. Spielen wollen ("Theater ist wie Puppenspiel, nur mit echten Menschen").

Maurice Leerman als Victor Dutroux im Interview (Foto: Phile Deprez)

Dabei handelt es sich um mehr als Reenactments. Denn es werden Performancefragen erörtert und mit moralischen Themen verknüpft: Was ist das Wichtigste für eine/n Schauspieler/in? Würdet ihr eine/n andere/n Schauspieler/in in einer Szene küssen? Habt ihr schon einmal getötet?

Jede Szene wird mit einer kurzen Videoaufnahme eingeleitet, in der erwachsene Schauspieler/innen das Thema des Pieces anspielen, die Kinder stellen dabei synchron das Dargestellte auf der Bühne nach. Dann beginnen die Monologe von Victor Dutroux, einem Polizisten, einem Opfer und den Eltern der entführten Mädchen. Die Monologe werden von Peter Seynaeve gefilmt. Zwischen den Szenen sprechen er und die Kinder über Alltägliches, die eigene Familie und Belgien. Sie fühlen sich auf der Bühne und in ihren Szenen offensichtlich nicht unwohl und spielen dabei so gut wie ausgebildete Schauspieler/innen. Eine solche Leistung von Kindern habe ich noch nie auf der Bühne gesehen.

Reenactment: Die belgisch-kongolesische Schauspielerin Elle Liza Tayou als Patrice Lumumba (Foto: Phile Deprez)

Der Titel des Stückes ist übrigens angelehnt an Igor Stravinskys „Five Easy Pieces“, eine Komposition, mit der Kindern das Klavier­spielen beigebracht werden sollte, sowie an Marina Abramovićs „Seven Easy Pieces”, die ikonische Aktionen der Performance­kunst nachspielte.

Wie alle Stücke, die ich bisher von Milo Rau („Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs“ an der Schaubühne, „The Dark Ages“ im Rahmen des FIND 2016, „The Civil Wars“ im Rahmen des FIND 2015) gesehen habe, geht mir das alles sehr nahe. Und wenn die Kritik schreibt, dass Milo Rau einer der wichtigsten Regisseur unserer Zeit ist, dann hat sie hier recht.

Ich überlege, wem ich empfehlen würde, in dieses Stück zu gehen (im Grunde jedem/jeder) und bei wem dabei zu viele Ängste produziert würden (mein Bruder und meine Freund/innen, die Kinder haben)...

"Five Easy Pieces" läuft noch am 2. und 3. Juli, jeweils um 19.30 Uhr in den Sophiensaelen.

Winne Vanacker als König möchte tanzen. (Foto: Phile Deprez)


Das Stück wurde bereits in Brüssel, Utrecht und Berlin gezeigt und ist in 2016/17 außerdem in Oslo, Hertogenbosch, Singapur, Genf, Rom, Terni, Prato, München, Gent, Aalst, Frankfurt, Valenciennes, Basel, Turnhout, Lausanne, Zürich, Amsterdam, Mons, Genk, Paris, Manchester/Brighton, Oostende, Barcelona, Rotterdam und Roeslare zu sehen. 

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Eine Produktion von IIPM und CAMPO Gent in Koproduktion mit Kunstenfestivaldesarts Brussels 2016, Münchner Kammerspiele, La Bâtie – Festival de Genève, Kaserne Basel, Gessnerallee Zürich, Singapore International Festival of Arts (SIFA), SICK! Festival UK, Le phénix scène nationale Valenciennes pôle européen de création und SOPHIENSÆLE.

Konzept, Text, Regie: Milo Rau
Spiel: Rachel Dedain, Maurice Leerman, Pepijn Loobuyck, Willem Loobuyck, Polly Persyn, Peter Seynaeve, Elle Liza Tayou, Winne Vanacker
Spiel Video: Sara De Bosschere, Pieter-Jan De Wyngaert, Johan Leysen, Jan Steen, Ans Van den Eede, Hendrik Van Doorn, Annabelle Van Nieuwenhuyse
Dramturgie: Stefan Bläske
Regieassistenz, Performance Coach: Peter Seynaeve
Bühne, Kostüme: Anton Lukas

Weitere Infos zum Stück auf der Seite des IIPM.

23. Juni 2016

"Wir sehen die Zukunft der Volksbühne bedroht!" - Offener Brief der Volksbühnen-Mitarbeiter/innen

Aus aktuellem Anlass: Am 20.6.2016 richteten sich die Mitarbeiter/innen der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in einem offenen Brief an die Berliner Kulturpolitik. Ab 2017 wird Chris Dercon (bisher Leiter der Londoner Tate Modern) Intendant der Volksbühne, er hat umfangreiche Veränderungen für das Haus angekündigt. In dem Brief, der von 180 Schauspieler/innen, Regiseur/innen und weiteren Mitarbeiter/innen des Hauses unterzeichnet wurde, wird die Sorge um die Zukunft der Volksbühne und die Befürchtung vor einem massiven Stellenabbau ausgedrückt. Eine konzeptionelle Weiterentwicklung sei bei Dercon nicht zu erkennen.

Die Unterzeichner/innen kritisieren die Berliner Kulturpolitik:
"Im Namen einer vermeintlichen Internationalisierung und Vielfalt arbeitet sie intensiv an der Zerstörung von Originalität und Eigensinn, mit der die Volksbühne weltweit Anerkennung findet."

Der Brief endet mit der Bitte an den Senat das Konzept von Chris Dercon und der Programmdirektorin Marietta Piekenbrock zu überprüfen.

Der offene Brief der Volksbühne an  die Parteien im Abgeordneten Haus von Berlin und die Staatsministerin für Kultur und Medien, Frau Prof. Monika Grütters.

Eine Reaktion von Claus Peymann, Direktor des Berliner Ensembles, ließ natürlich nicht lange auf sich warten. Er schrieb seinerseits einen offenen Brief und schimpft darin erneut auf den Regierenden Bürgermeister von Berlin Michael Müller sowie den Kulturstaatssekretär Tim Renner, glaubt die Volksbühne wird zur "Eventbude" degradiert und fordert Müller auf "seinen Fehler einzusehen". Peymanns Brief birgt, wie zu erwarten, eine gewisse Komik - größtenteils sicherlich gewollt, teilweise bestimmt auch ungewollt, wenn er z.B. von dem "ganzen, anderen modischen Quatsch, von dem man hört und weiß" spricht.

Der offene Brief von Claus Peymann an den Regierenden Bürgermeister von Berlin Michael Müller.

Zur Debatte um die Führung der Volksbühne hat sich u.a. Herbert Fritsch, Regisseur an der Volksbühne, in einem Tagesspiegel-Interview geäußert.

Auch Jürgen Schitthelm, Gründer und bis 2012 Direktor der Berliner Schaubühne, sprach im rbb kulturradio dazu. Er kritisierte, dass Dercon bisher keine klaren Aussagen zum Programm gemacht hat, obwohl er den Kurator für seine Verdienste in der bildenden Kunst schätzt, und äußerte Verständnis für die Mitarbeiter/innen der Volksbühne.

19. Juni 2016

Iggy Pop oder Robocop: "Keiner findet sich schön" von René Pollesch (Volksbühne)

„Wer so eine Frisur hat, hat doch kein Leben!“

Es wurde viel gelacht in der Volksbühne und alle, die da saßen, erkannten sich in Polleschs Stück wieder. Auf Tinder und Grinder matcht es oder auch nicht. Immer wieder die Frage, gehe ich raus (zum Iggy Pop Konzert, bei dem alle nur kurz das Smartphone wegstecken, um den stage-divenden Star aufzufangen) oder bleibe ich zu Hause (und schaue Robocop). Und wenn ich rausgehe oder rausgegangen wäre, was wäre dann geschehen? Mit mir, dem Nachbarn, der Frau, die ich (nicht) getroffen habe (hätte)...

"no fear" - Teddy auf Stripes-Boden: Bühnenbild von Bert Neumann (Foto: Maren Vergiels)

Trotz all des Witzes und trotz des Lachens – irgendwie ist die Essenz des Stückes auch ein wenig traurig und frustrierend oder macht zumindest nachdenklich. Es geht um Liebeskummer, Beziehungsunmöglichkeit, das Gescheitert-Sein der Vierziger, die Frage „Was wäre gewesen wenn“, die Restzeit-Story (untermalt von der Musik der West Side Story mit Jets- und Sharks-Tänzer/innen in US-Flaggen-Stars auf US-Flaggen-Stripes). Der knuddelige aufblasbare Teddy lässt sich auch nicht richtig aufrichten und Fabian Hinrichs singt "I did it your way" - nicht in New York sondern Schweinfurt.

„Ein Paar sitzt im Restaurant. Sagt der eine zum anderen: Warum bist du so geistesabwesend? - Ja, bitte mit Eis.“ (Sigmund Freud)

Nach dem Schlussapplaus kommt Fabian Hinrichs noch einmal auf die Bühne und erklärt entschuldigend, er habe die Souffleuse heute ein wenig zu oft um Hilfe gebeten (dabei habe ich gedacht: bei Pollesch ist das doch immer so - die Souffleusen haben hier immer einen wichtigen Part, weil die Schauspieler/innen dauernd nach dem Text fragen und sie spielen in seinen Stücken häufig quasi eine Nebenrolle, manchmal auch auf der Bühne). Er sei vor zwei Tagen zum zweiten mal Vater geworden und habe daher so gut wie nicht geschlafen, er sei daher mit dem Kopf teilweise nicht bei der Sache gewesen. Aaaw!

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Mit: Fabian Hinrichs

Tanz und Choreographie: Nina Baukus, Rebekka Esther Böhme, Uri Burger, Nikos Fragkou, Jessica Kammerer, Denise Noack, Tobias Roloff

Text und Regie: René Pollesch
Bühne: Bert Neumann
Kostüme: Tabea Braun
Licht: Frank Novak
Ton: Tobias Gringel, William Minke
Souffleuse: Katharina Popov
Dramaturgie: Anna Heesen

Spieldauer: 1 Stunde 20 Minuten 

Weitere Infos und Textauszug auf der Seite der Volksbühne.

28. Mai 2016

Ein Land, das es nicht mehr gibt: "Common Ground" von Yael Ronen & Ensemble (Maxim Gorki Theater)

Basierend auf einer gemeinsamen Reise nach Bosnien hat Yael Ronen mit sieben Schauspieler/innen, davon fünf aus dem ehemaligen Jugoslawien (bzw. Serbien, Bosnien und Herzegowina), das Stück entwickelt. Sie kamen als Kinder oder Jugendliche während des Kriegs in den 90ern nach Berlin. Welchen Common Ground (= Gemeinsamkeiten, auch: gemeinsamen Boden) haben sie? Wo kreuzen sich die Biographien? Und kann die Generation, die nach dem Krieg aufwuchs, vergeben und die Schuld der Eltern sühnen. Welche Konflikte und Vorurteile herrschen heute, über 20 Jahre nach dem Krieg, noch?

Im ersten Teil des Stückes wird in schnellen kurzen Szenen die Geschichte Jugoslawiens, Deutschlands, Europas zu Beginn der 90er gezeigt und die mit den Biographien der Schauspieler/innen zu diese Zeit verknüpft. Im zweiten Teil geht es um die Reise nach Bosnien und den Versuch, den Balkankonflikt zu verstehen. Immer wieder treten dabei auch (rassistisch) Vorurteile zu Tage.

Das Schaffen von Feindbildern und deren Entmenschlichung, das Schüren von Ängsten, die Inszenierung von Bedrohung durch die "anderen" - als das hat zu den Kriegen geführt. Und wie aktuell ist das Stück damit heute! Denn genau das ist es, was Rechtpopulisten derzeit in Deutschland tun...

Das Stück funktioniert u.a. deswegen so gut, weil neben Schauspieler/innen aus Ex-Jugoslawien auch Niels Borman (Deutschland) und Orit Nahmias (Israel) auf der Bühne stehen. Und weil sie witzig sind. Die Spannung des Stückes liegt in den oftmals schnellen Wechseln zwischen Bestürzung über die Kriegsverbrechen und Lachen können über die humorvoll gespielten Szenen aus dem Leben der Darsteller/innen.

Wieder  -  wie in Milo Raus ""The Dark Ages"  - schafft man es nicht so einfach, die einzelnen geschichtlichen Details, Parteien, Zugehörigkeiten, Religionen etc. klar zu definieren und ausseinanderzuhalten. Auch das ist Thema des Stückes und wird unter anderem geschildert in der Familiengeschichte von Dejan Bucin.

Die Figur der Jasmina (Tochter eines Mannes, der im KZ ermordet wurde) wird von der Schauspielerin Mateja Meded und die der Mateja (Tochter eines Mannes, der in einem KZ arbeitete) von der Schauspielerin Jasmina Musić gespielt - also in vertauschten Rollen. Möglicherweise sollte somit das sehr Persönliche der beiden Schicksale aufgelöst werden. Im Stück treffen sie aufeinander und müssen einen Weg finden miteinander umzugehen, vor allem Mateja weiß nicht, wie sie Jasmina entgegentreten soll und fühlt sich schuldig.

Am Ende haben manche der Schauspieler/innen Tränen in den Augen. Man weiß nicht so genau, ob es "echt" ist oder gespielt. Dennoch: es gehört zum Stück.

Standing ovations vom Publikum für dieses tolle Stück und viele gerührte Menschen.

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Die Inszenierung wurde zum Theatertreffen 2015 eingeladen und ist Gewinner des Publikumspreises "Stücke 2015" Mülheimer Theatertage.

Regie: Yael Ronen
Bühne: Magda Willi
Kostüme: Lina Jakelski
Video: Benjamin Krieg, Hanna Slak
Dramaturgie: Irina Szodruch
Musik: Nils Ostendorf

Mit: Vernesa Berbo, Dejan Bućin, Niels Bormann, Mateja Meded, Jasmina Musić, Orit Nahmias, Aleksandar Radenković

Weitere Infos zum Stück auf der Seite des Maxim Gorki Theater.

Ein Interview mit Yael Ronen zur Stückentwicklung zum Anschauen.

11. Mai 2016

Rückblick Januar bis April 2016: Autorenklub, Streitraum, Poetry Slam, Karneval, Hommage und ((re-)re-)re-visited Stücke

Schon sind wieder vier Monate seit dem letzten Rückblick vergangen. Viel hat sich angesammelt an Erfahrungen und Erlebnissen. Ich habe 21 Stücke gesehen, 2 Autorenklubs von Wengenroth besucht und an 8 weiteren Theater-Veranstaltungen teilgenommen. Der April war natürlich vom FIND geprägt - dazu hatte ich bereits ausführlich berichtet. Auch Max Penthollow hat mir wieder geschrieben, seine Berichte habe ich im Text verlinkt.


JANUAR

08.01. Probedurchlauf Die Mutter von Bertolt Brecht (Schaubühne)
Studierende der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" zeigen zusammen mit Urusla Werner als Mutter einen Theaterklassiker "aus einer Zeit, in der die Utopie einer herrschaftsfreien Gesellschaft noch möglich schien" und blicken "auf eine Gegenwart, die Revolution und Veränderung immer nötiger hat". Wie immer führt Peter Kleinert Regie. Die Musik kommt von Hanns Eisler, die musikalische Leitung hat Mark Scheibe. Wir vom Freundeskreis dürfen diesen Probedurchlauf sehen, bevor die Student/innen vor dem "richtigen" Publikum spielen können.

Ursula Werner als "Die Mutter" mit Celina Rongen, Felix Witzlau (Foto: Gianmarco Bresadola)


16.01. PREMIERE Mitleid. Die Geschichte des Maschinengewehrs von Milo Rau (Schaubühne)
Eine großartige Ursina Lardi in einem bedrückenden wie beeindruckenden Stück über den Völkermord in Ruanda, die Grenzen des Humanismus und Mitleids. Der Text entstand als eine Art Zusammenschnitt von Interviews mit NGO-Mitarbeiter/innen und Kriegsopfern sowie eigenen Erfahrungen der Schauspielerin und des Regisseurs.

Ursina Lardi als Entwicklungshelferin in "Mitleid" (Foto: Daniel Seiffert)

18.01. Freunde der Schaubühne // Freunde feiern: Neujahrsempfang bei Friedrich Barner 
Bericht im Archiv des Freundeskreises

22.01. re-visited Stück Plastik (Schaubühne)
Hatte ich beim letzten mal erwähnt, wie gut das Stück im "Globe" funktioniert? Ohne diesen Bühnen- und Zuschauerraum wäre das Stück nicht das, was es ist. Und dass, obwohl es sich um ein zeitgenössisches Stück handelt.

Perfekt im Globe: "Stück Plastik" mit Robert Beyer, Jenny König, Sebastian Schwarz, Marie Burchard (Foto: Arno Declair)


28.01. Wengenroths Autorenklub: Stefan Zweig (Schaubühne)
Viele Flaschen Blauer Zweigelt. Eine Flasche Veronal. Gesang. Eine Bowie-Hommage von Eva Meckbach. Laurenz Laufenberg eingehüllt in einen Teppich. Ulrich Hoppe sterbend auf dem Sofa. Wengenroth as always: great. Texte über Europa. Stefan Zweig!


FEBRUAR
 
01.02. Brasch/Eidinger/Kranz (Schaubühne)
Bericht von Max Penthollow und mir "Eine Verbeugung vor Thomas Brasch"

02.02. re-re-visited thisisitgirl (Schaubühne)
Dieses Stück muss bitte noch lange gespielt und von vielen gesehen werden. Hier noch mal der Link zu meinem Bericht von der Premiere.

Männer und Feminismus: Ulrich Hoppe und Laurenz Laufenberg in "thisisitgirl" (Foto: Gianmarco Bresadola)


12.02. Freunde der Schaubühne // Freunde treffen Künstler: "Nehmense 'n andern" - Ein Abend mit Ulrich Hoppe
...aber zum Glück haben wir ihn doch eingeladen! Bericht im Archiv des Freundeskreises

14.02. PREMIERE Borgen (Schaubühne)
Bericht von Max Penthollow "Brillanter Trash"

Fernsehen im Theater: Sebastian Rudolph in "Borgen" (Foto: Arno Declair)
 
19.02. Filmreihe Luc Bondy: Wintermärchen (Schaubühne)
Zum Andenken an Luc Bondy wurden in der Schaubühne Aufzeichungen verschiedener Bondy-Inszenierungen gezeigt. Eine Hommage an einen großen (Schaubühnen-)Regisseur.

28.02. Jewgeni Onegin (Komische Oper)
Eine seltene Ausnahme: Ich bin mal in der Oper. Und ich genieße es. Tolles Bühnenbild. Tolle Sänger sowieso. Eine Inszenierung von Barrie Kosky.


MÄRZ   

01.03. re-visited Die kleinen Füchse (Schaubühne)
Beim zweiten mal hat mir das Stück besser gefallen und ich habe die Qualität der Inszenierung erkannt. Max Penthollow schrieb darüber. Urisana Lardi als Birdie Hubbard - fantastisch!


Frauen gegen das Boys-Network: Ursina Lardi als Birdie in "Die kleinen Füchse" (Foto: Arno Declair)

11.03. re-re-re-visited Tartuffe (Schaubühne)
Ja, es ist immer noch gut. Nein, es ist auch beim vierten mal nicht langweilig.
Max schrieb darüber. Und: Ich auch.

Cathlen Gawlich als Dorine und Franz Hartwig als Damis in "Tartuffe" (Foto: Katrin Ribbe)


20.03. Carnival Al Ladjin - Karneval der Geflüchteten
My Right Is Your Right! und die Berliner Bühnen veranstalteten anlässlich des Globalen Aktionstags gegen Rassismus eine Demo und hatten folgende Forderungen:
Für ein Recht auf Bewegungsfreiheit
Für ein Recht auf Bildung
Für ein Recht auf Arbeit
Für ein Leben in Würde
Für ein Recht auf Mitgestaltung, Teilhabe und Teilnahme
Für die Abschaffung der Residenzpflicht
Gegen antimuslimischen Rassismus
Gegen Abschiebungen

Für ein Recht auf Mitgestaltung: Carnival Al Ladjin (Foto: Stefanie Eisenschenk)


24.03. Poetry Slam – Dead or Alive (Schaubühne)
Die Lebenden, vier Poetry Slamer (Lisa Eckhart, Frank Klötgen, Julian Heun, Toby Hoffmann) treten mit ihren selbst geschriebenen Texten gegen die Toten, vier bereits verstorbene Dichter, an. Die Dichter werden dargestellt von Iris Becher (Mascha Kaléko), Ulrich Hoppe (Konrad Bayer), Bernardo Arias Porras (Pumuckl) und Jenny König (Pablo Neruda). Besonders viel Spaß (sic!) hatte das Publikum mit Pumuckl, der von Bernardo Arias Porras als das interpretiert wurde, was er eigentlich ist: Ein Punk und Anarchist. Im Finale versuchen die Dichter mit Goethes "Prometheus" zu punkten und treten im Boxer-Outfit an - trotz Pumuckls beeindruckender Rezitation des Gedichts gewinnen (natürlich!) die Slamer.


APRIL
        
03.04. Streitraum: Antisemitismus in Europa (Schaubühne)
Carolin Emcke im Gespräch mit Daniel Cohn-Bendit, Agnes Heller und Stefanie Schüler-Springorum: Wie lässt sich Antisemitismus in Europa begegnen? Was sind die Ursprünge - welche Milieus und Motive bedingen Antisemitismus? Welche Rolle spielt der Nahost-Konflikt?

Über das FIND 2016 habe ich ausführlich berichtet.
Hier meine Reviews Teil 1, Teil 2 und Teil 3

21.04. Nora (Deutsches Theater)
Armin Petras hat das Stück von Ibsen für das DT überarbeitet: Nora und ihr Mann leben in einer bunten poppigen Welt. Sie sprechen eine - in dieser Inszenierung künstlich überzeichnete - Hippster-Sprache. In welchem gesellschaftlichen Konstrukt sollen sie leben?

25.04. Wengenroths Autorenklub: Friedrich Schiller (Schaubühne)
In der elften Ausgabe wird Schiller von Goethe (Performer Johannes Dullin) Konkurrenz gemacht. Außerdem gibt's Apfelkorn und verfaulte Äpfel auf der Bühne (jaja, Schiller - Tell - der Apfel). Und Ulrich Hoppe darf einen Text aus den Räubern als Ente sprechen (im Andenken an seine Ausbildungszeit bei einem "sehr berühmten Pantomime-Lehrer"). Iris Becher, Jule Böwe, Tilman Strauß und Mark Waschke konzentrieren sich auf Johanna, die Räuber und Goetz von Berlechingen. Tilman Strauß singt außerdem ein Abschiedslied, denn er wird das Ensemble (leider!) verlassen. Rührend!

26.04. Hamletmaschine (Deutsches Theater)
Vor neun Jahren hat Dimiter Gotscheff Heiner Müllers Hamletmaschine inszeniert und selbst darin gespielt. Zu einem Gastspiel in Havanna konnte er im Herbst 2013 nicht mehr mitreisen, trug aber dafür Sorge, dass eine Version gezeigt werden konnte, die seine Passagen per Video einspielte. Aus Anlass von Gotscheffs 73. Geburtstag ist diese Variante seiner legendären Inszenierung nun noch einmal am Deutschen Theater zu sehen. Im Zuschauerraum sind viele traurige und weinende Menschen - es ist eine Veranstaltung im Gedenken an eine großen Regisseur. Meinen Bezug zu diesem Theaterbesuch hatte ich im Zusammenhang mit dem FIND und der Milo Rau Inszenierung "The Dark Ages" bereits erwähnt - Valery Tscheplanowa erzählte.

4. Mai 2016

Max Penthollow schreibt mir // Kapitel 16: Laut und leise ("Sommergäste" in der Volksbühne)

Max Penthollow schreibt mir...

Liebe Maren,

ich war am 15. März 2016 in der Premiere von "Sommergäste" nach(!) Maxim Gorki an der Volksbühne und ein weiteres mal am Freitag, 18.März 2016 (erste Vorstellung nach der Premiere).

"Sommergäste" von Maxim Gorki - Volksbühne Berlin - Regie: Silvia Rieger - Premiere am Dienstag, 15. März 2016, 20 Uhr

Bei der Premiere habe ich es so empfunden:
Student/innen der Ernst-Busch-Hochschule für Schauspielkunst. Ich fand es schön und interessant, die Darsteller/innen hatten viel Freude ebenso wie das Publikum. Allerdings habe ich bisher keinen wirklichen Zugang gefunden zum Konzept der Inszenierung. Es war für mich insgesamt sehr laut und die Darsteller/innen haben teilweise sehr laut gesprochen (herausgeschrien und herausgebrüllt!), teilweise so laut, dass ich es nicht richtig verstanden habe.

Das Publikum saß auf der Bühne, das Stück spielte im Zuschauerraum. Einige Motive habe ich aus der Schaubühnen-Inszenierung wiedererkannt (ich habe die Schaubühnenfassung von Alvis Hermanis  fünfmal gesehen, vor drei oder vier Jahren).

Ich würde die Absicht der Regisseurin, Silvia Rieger,  gern besser verstehen. Aus meiner Sicht konnten die Schauspielstudenten einen Teil von den tollen Sachen zeigen, die sie können, aber mehr davon wäre für mich auch spannend gewesen.

Interessant und sehenswert ist die Inszenierung aus meiner Sicht allemal!

Nach der Premiere hat es mir keine Ruhe gelassen und ich bin noch einmal in das Stück gegangen. Nun komme ich zu dem folgenden Ergebnis:

Die Darsteller/innen haben zwar in ihrem Spiel viel und dominierend geschrien, das Schreien hat mich aber diesmal weniger irritiert und mehr beeindruckt als bei der Premiere, ich habe die Texte diesmal besser verstanden, und es gab doch immer noch und im ganzen Stück auch viele leise Momente, die für mich ganz bezaubernd waren. Sie waren in meiner Wahrnehmung am ersten Abend unter den lauten Tönen weitgehend untergegangen.

Silvia Riegers Inszenierung ist schlicht und schnörkellos, der Text und die Bühnenshow sind auf Wesentliches reduziert und durch Neues ergänzt.

Ich fand es wieder ganz toll, mit welcher Begeisterung und Lust und Freude die Darsteller/innen ihr Spiel gemacht haben! Die schwarze Bühne ist weitgehend leer, es gibt wenige Leitmotive: eine große weiße Birke, einen großen weißen Pilz und ein langes rotes Tischtuch schräg über den Bühnenboden, mit weißen Esstellern und silberglänzendem Besteck. Sehr schöne fantasie- und liebevoll gestaltete Kostüme, schönes Licht und eindrucksvolle Musik!

Mein Fazit: Gorkis "Sommergäste" ist und bleibt ein wunderbares Stück und die Inszenierung von Silvia Rieger und das begeisterte muntere Spiel der Darsteller/innen haben mir sehr gut gefallen! Sehr fein!

Es gab fröhlichen Applaus!

Allerliebst

Max
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Eine Kooperation mit der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin

Regie: Silvia Rieger
In der Bühne von: Bert Neumann
Kostüme: Laurent Pellissier
Licht: Torsten König
Einrichtung Musik und Ton: Wolfgang Urzendowsky
Dramaturgie: Sabine Zielke

Mit: Frank Büttner, Maximilian Hildebrandt, Daniel Klausner, Benjamin Kühni, Martin Otting, Marie Louise Rathscheck, Theresa Riess, Celina Rongen, Kim Schnitzer, Janet Stornowski, Ulvi Erkin Teke, Léa Wegmann und Felix Witzlau

Dauer: 1 Stunde 55 Minuten  

Weitere Infos auf der Seite der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.