28. August 2015

Max Penthollow schreibt mir // Kapitel 2: Kurzzusammenfassungen und Bewertungen zum "Hamlet" der Schaubühne und "Rigoletto" der Komischen Oper


Max Penthollow schreibt mir...

Liebe Maren,

hier ist meine eigene Zusammenfassung und Bewertung zu

Hamlet - Shakespeare – Schaubühne Berlin - Premiere 2008

Hamlet, Kronprinz von Dänemark, hat jede Menge Schwierigkeiten mit seiner königlichen Familie und mit der Familie seiner Freundin Ophelia, sucht Zuflucht im Wahnsinn und steht schwere Zeiten und Krisen durch. Am Ende des Stücks sind alle Vertreter der beiden Familien tot, einschließlich Hamlet und Ophelia.
Höchst kurzweilige skurril-heitere Show mit Slapstick als darstellerischem Leitmotiv der Inszenierung, was die Tragik und die Bitterkeit der erzählten Geschichte besonders drastisch verdeutlicht.

165 Minuten ohne Pause. Grandioses Intro. Beste Besetzung. Superb.

Regie: Thomas Ostermeier   
Bühne: Jan Pappelbaum   
Kostüme: Nina Wetzel   
Musik: Nils Ostendorf   
Dramaturgie: Marius von Mayenburg   
Video: Sébastien Dupouey   
Licht: Erich Schneider   
Kampfchoreographie: René Lay   

Claudius; Geist: Urs Jucker   
Hamlet: Lars Eidinger   
Gertrud; Ophelia: Jenny König   
Polonius; Osrik: Robert Beyer   
Horatio; Güldenstern: Sebastian Schwarz   
Laertes; Rosenkranz: Franz Hartwig

Infos zur Inszenierung auf der Seite der Schaubühne.


Rigoletto - Komische Oper Berlin – Premiere 2009


Rigoletto will aus Rache für die Verführung seiner Tochter deren  Verführer umbringen lassen. Bei dem Mordkomplott wird aber seine Tochter statt ihres Verführers Opfer des Anschlags und stirbt.

Rigoletto hat mit seiner Tochter seinen Lebensinhalt, sein Ein und Alles verloren.


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Edit vom 11.9.2015 - Ergänzung:
Zynisch, finster, hoffnungslos und schockierend. Verdi haut sein Publikum in die Pfanne. Superb.

Aus meiner Sicht wunderbar inszeniert, gesungen und gespielt.
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2 Stunden (ohne Pause)

Musikalische Leitung: Henrik Nánási
Inszenierung: Barrie Kosky
Bühnenbild und Kostüme: Alice Babidge
Dramaturgie: Ingo Gerlach
Chöre: David Cavelius
Licht: Franck Evin

Il Duca Di Mantova: Rafael Rojas
Rigoletto: Alejandro Marco-Buhrmester
Gilda: Nicole Chevalier
Sparafucile / Monterone: Alexey Antonov
Der Graf von Ceprano / Gerichtsdiener: Yakov Strizhak
La Contessa Di Ceprano / Maddalena / Giovanna / Paggio: Fredrika Brillembourg
Marullo: Nikola Ivanov
Borsa: Johannes Dunz

Infos zur Inszenierung auf der Seite der Komischen Oper.


Allerliebst

Max

8. August 2015

"Dritte Generation" von Yael Ronen & Company (Schaubühne)

Zehn israelische, palästinensische und deutsche Schauspieler/innen der dritten Generation nach dem Holocaust und der Nakba (Flucht und Vertreibung von 700.000 arabischen Palästinensern aus Palästina im Mai 1948) konfrontieren sich mit Vorurteilen, Erinnerungen (den eigenen und denen der Eltern und Großeltern) und Familiengeschichten. Klar führt das zu Konflikten und Streit und der Zuschauer weiß manchmal nicht so genau, ob das jetzt noch Spiel ist oder ernst. Hier ist viel Wut zu sehen. Und es werden viele Fragen gestellt. Für oder gegen was soll man demonstrieren? Wer ist wem was schuldig? Ist es langsam mal genug mit den Schuldgefühlen? Verstehen wir - die dritte Generation - überhaupt was damals passiert ist, was das heute passiert? "Don't compare" - der Monolg einer Israelin, der Vergleiche zwischen Holocaust und Nakba ad absurdum führt. Die Selbstironie, mit der die Schauspieler/innen der Schaubühne und des Habima National Theatre of Israel das alles auf die Bühne bringen ist vielleicht erst in der dritten Generation erlaubt und möglich. Oder auch nicht.

Das Stück wird in Deutsch, Englisch, Hebräisch und Arabisch mit deutschen und englischen Übertiteln gespielt.


Eine Koproduktion der Schaubühne mit dem Habima National Theatre of Israel und der Ruhrtriennale 2009 im Auftrag von Theater der Welt 2008 Halle, mit Unterstützung der Kulturstiftung des Bundes und des Goethe-Instituts.

Autorin: Yael Ronen & the Company
Regie: Yael Ronen   
Dramaturgie: Amit Epstein, Irina Szodruch   
Fotograf: Erez Galonska
Video: Arik Avigdor

Mit: Knut Berger, Niels Bormann, Karsten Dahlem/Matthias Matschke, Ishay Golan/Roi Miller, George Iskandar, Orit Nahmias, Rawda Slimann, Ayelet Robinson/Riki Blich/Tamar Ben-Ami, Judith Strößenreuter/Cathlen Gawlich, Yousef Sweid/Loai Noufi

Dauer: ca. 105 Minuten

Einen Trailer zum Stück gibt es hier zu sehen.

30. Juli 2015

Pari Dukovic fotografiert die Imagekampagne der Schaubühne

"Der New Yorker Fotograf Pari Dukovic hat das Ensemble der Schaubühne für die Imagekampagne der Spielzeit 2015/16 portraitiert. Nach Juergen Teller und Ute Mahler und Werner Mahler setzt das Theater damit die Zusammenarbeit mit bedeutenden zeitgenössischen Fotografen fort, die sich künstlerisch mit dem Ensemble der Schaubühne auseinandersetzen."
(Auszug aus der Pressemitteilung der Schaubühne am Lehniner Platz e.V. vom 1.7.2015)
Die gesamte Pressemitteilung hier.

Die Fotos von Pari Dukovic sind ab sofort auf der Website sowie den Werbemitteln (Leporello, Zeitung, Plakate, Postkarten) der Schaubühne zu sehen.

14. Juli 2015

Rückblick Juni: Viel Dreck und viel Nebel

06.06.15 - PREMIERE Nachtasyl (Maxim Gorki // Regie: Michael Thalheimer // Schaubühne)
Diese Inszenierung ist eine Riesenanstrengung für die Schauspieler. In Gorkis Stück geht es um Menschen die "Ganz unten" (alternativer Titel des Stückes) gelandet sind. Folglich sieht auch das Bühnenbild von Olaf Altmann aus wie eine Kanalisation. Hier ist kein Auftritt oder Abgehen möglich. Die 13 Schauspieler rutschen von oben auf die Bühne und müssen sich wieder nach oben ziehen, wenn sie die Szene verlassen. Der Dreck, der immer mehr wird, tut sein übriges. Diese letzte Inszenierung der Spielzeit ist gleichzeitig auch die erste für die neuen Ensemble-Mitglieder Peter Moltzen, Lise Risom Olsen und Alina Stiegler.

10.06.15 - Iwanow (Anton Tschechow // Regie: Dimiter Gotscheff // Volksbühne)
Diese Dernière war sehr besonders und bewegend. Vor allem als die Schauspieler während des Schlussapplauses Grüße gen Himmel schickten, um somit noch einmal dem verstorbenen Dimiter Gotschef ihre Dankbarkeit zu zeigen. Herausragend: Milan Peschel. Und wie immer das Duo Samuel Finzi und Wolfram Koch. Das Bühnenbild von Katrin Brack besteht aus einer leeren Bühne, alle "Räume" werden durch den aus dem Boden kommenden Nebel geschaffen - die Bühnenbildnerin bekam dafür den FAUST-Theaterpreis 2006 in der Kategorie Ausstattung. Die Inszenierung wurde 2006 zum Theatertreffen eingeladen.

20.06.15 - We are golden (Eva Meckbach // Schaubühne)
Zum Dritten! Leider ist diese auch die letzte Ausgabe von Eva Meckbachs Liederabend. Diesmal war ich mit vier Freund/innen da, die noch nie zuvor in der Schaubühne waren, aber nach diesem Abend ganz sicher noch öfter hier her kommen wollen. Eva Meckbach kündigt an bzw. wünscht sich in der kommenden Spielzeit weitere Liederabende zu machen, mit einem neuen Programm. Das hoffen wir sehr, denn in finde, jeder muss sie einmal im Leben gehört haben.

27.06.2015 - Happy Endings (Ein Startup-Projekt der Polyrealisten // Schaubühne)
Die letzte Premiere der Spielzeit kommt von den Polyrealisten und sie fragen: Welchen Herzenswunsch wollten Sie sich schon immer einmal erfüllen? Finden Sie Zeit, sich Ihren Träumen zu widmen? Wie oft haben Sie schon aufgegeben oder haben gar nicht erst angefangen? In ihrem Stück über Aufstieg, Scheitern und Doch-Nicht-Ganz-Scheitern geht es auch darum, ob man seine eigenen Träume begraben muss, wenn einfach das Geld fehlt, um eine Idee umsetzen zu können. Und darum, dass es vielleicht doch einen Weg gibt, auch wenn die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung stehen.

12. Juni 2015

Rückblick Mai 2015: Geld, Macht, Körper...Beziehungen

Nun hatte ich im April durch das F.I.N.D. schon einen sehr intensiven Theatermonat,  aber der Mai übertrifft das tatsächlich noch mal. Insgesamt zehn mal war ich im Publikum der Schaubühne, Volksbühne, Sophiensäle, Berliner Feststpiele und des Deutschen Theaters. Dazu gabs eine Veranstaltung der Freunde der Schaubühne.

01.05.15 - Richard III (William Shakespeare // Regie: Thomas Ostermeier // Schaubühne)
Revisited! Im "Globe" habe ich Lars Eidinger als Richard III zum zweiten mal nach der Premiere gesehen. Wie erwartet, entwickelt er die Rolle weiter und improvisiert mehr. Was ich besonders am Globe mag, ist die familiäre Atmosphäre. Dadurch, dass man im Halbrund fast alle Zuschauer der unteren Ränge sehen kann, wird das Gefühl des gemeinsamen Erlebens eines Theaterabends verstärkt.

02.05.15 - I can be your hero baby (Performancegruppe Henrike Iglesias // Sophiensäle)
Textpassagen aus Germany's Next Topmodel werden Interviews mit Prostituierten gegenübergegestellt. Was damit ausgesagt werden soll, ist klar und keine neue Erkenntnis. Dazu kommen Zitate von bekannnten Feministinnen (Judith Butler, Laurie Penny u.a.). Auch das ist logisch und absehbar. Trotzdem macht der Abend in den Sophiensälen Freude und ich finde es erneut bedauerlich, dass hier die Stücke immer nur wenige Male gezeigt werden. Mit vielen Ideen und viel Mut der Darstellerinnen ist ein Stück entstanden, das hoffentlich noch viele (dann eben in anderen Städten) ansehen werden.

04.05.15 - Freunde treffen Künstler: Felix Römer (Freunde der Schaubühne)
Siehe Blogbeitrag vom 9.6.2015 zu dieser Veranstaltung!

05.05.15 - Von einem der auszog, weil er sich die Miete nicht mehr leisten konnte (Oper von Dirk von Lowtzow und René Pollesch // Volksbühne)
Mit dem Stück hat der Titel nichts zu tun. Das Wortspiel ist aber trotzdem lustig. Dass Pollesch und von Lowtzow, die schon lange befreundet sind, nun endlich in einem gemeinsamen Stück zusammengefunden haben, ist eine Freude. Bei der Oper, die der Kopf von Tocotronic komponiert hat, handelt es sich um Pop, eingespielt vom Filmochester Babelsberg. Im Text ist viel vom typischen Pollesch-Diskurs zu finden. Auch bei den Schauspielern bekannte Gesichter: Martin Wuttke und Lilith Stangenberg (deren Singstimme übrigens viel angenehmer als die Sprechstimme ist). Dazu kommt ein Kinderchor, mit dem die Schauspielerin singen darf. Wer Tocotronic mag und Pollesch liebt, ist hier im richtigen Stück!

10.05.15 - Theaterpreisverleihung an Corinna Harfouch (tt15 // Berliner Festspiele)
Kolleg/innen erweisen Corinna Harfouch ihre Ehre: Mit Texten, Lieder und Reden. Besonders bewegend ist Meike Drostes Totenlied mit Akordeonbegleitung aus "Idomeneus", das sich C.H. gewünscht hat. Sie will damit an Jürgen Gosch erinnern. Corinna Harfouch beschließt nach dem üblichen Reden-Marathon der Theaterpreisverleihung, ihre Rede nicht zu halten. 

14.05.15    Vorpremiere Bella Figura (Yasmina Reza // Regie: Thomas Ostermeier // Schaubühne)
16.05.15    PREMIERE Bella Figura (Uraufführung)
Yasmina Reza hat das Stück den Schaubühnen Schauspieler/innen auf den Leib geschrieben. Schon lange bestand seitens der erfolgreichsten Dramatikerin der Gegenwart der Wunsch, eines ihrer Stücke von Thomas Ostermeier inszenieren zu lassen. Verwendet hat sie bekannte "Zutaten": Zwei Paare (Nina Hoss und Mark Waschke, Stephanie Eidt und Renato Schuch), die aufeinander treffen und die sich mit ihren Problemen immer weiter in Diskussionen verwickeln, so dass die Probleme zum Vorschein kommen. Die Fassaden aus schicken Designerklamotten im Yuppi-Restaurant bröckeln schnell. Dazu kommt die verschrobene Mutter des einen Mannes (großartig Lore Stefanek!). Erwähnenswert, weil perfekt ausgewählt: Die Kostüme von Florence von Gerkan.

22.05.15 - Wengenroths Autorenklub - Ausgabe Neun: Maxim Gorki (Schaubühne)
Mit Robert Beyer, Laurenz Laufenberg, Sebastian Schwarz. Musik: Matze Kloppe
Für mich der bisher beste Autorenklub. Diesmal findet er wieder im "Globe" statt und es gibt Wodka, der auch mal umgetreten und verschüttet wird. Es wird zwischendurch kräftig nachgeschenkt - allerdings teilweise auch Wasser (man weiß es erst beim Probieren) - da die Gläser schnell vom Publikum geleert werden. Ob Sebastian Schwarz (als Anton Tschechow) auch Wodka und wenn ja, wie viel getrunken hat, ist unklar. Bei einem Schauspieler weiß man halt nie so genau, ob's vielleicht gespielt ist. Laurenz Laufenberg tritt als Wolfgang Joop auf und hat, sich wie ich finde den Habitus des Designers ziemlich gut abgeschaut. Die große schlanke Erscheinung passt dazu. Alle drei Schauspieler spielen die erste Szene aus "Nachtasyl" mit dreimaliger Wiederholung und bauen dabei noch eine Spitze gegen Lars Eidinger ein (Was bleibt, wenn alle anderen Hamlet spielen? Schau, die Wolken von Sülz Maria!").
In der Spielzeitzeitung wird ein Resümee gezogen. Es ist u.a. zu lesen, dass neben 14 Ensemblemitgliedern und 13 Gästen, 54 Kostüme zu sehen waren, Texte aus 140 Büchern vorgetragen wurden, 5 Flaschen Whiskey, 4 Flaschen Korn, 2 Flaschen Mezcal, 1 Flasche Tequila, 250 Flaschen Bier und 10 Liter Rotwein von Darstellern und Publikum konsumiert wurden. Außerdem fielen 3 Menschen in Ohnmaht, davon 2 Zuschauer und 1 Gast... ("Das alles kann Theater, wenn es live und lebendig ist. Und die gute Nachricht zum Schluss - der Wahnsinn geht weiter!"). Ob das Format in der nächsten Spielzeit fortgesetzt wird, ist noch ungewiss. Wir hoffen!

23.05.15 - Fabian oder Der Gang vor die Hunde (Erich Kästner // Regie: Peter Kleinert // Schaubühne)
Studierende der Ernst Busch Hochsschule für Schauspielkunst im 3. Jahr treten in jeder Spielzeit im Studio der Schaubühne mit einem Stück auf. In der Dramatisierung von Erich Kästners Roman "Fabian" wird das gezeigt, was viele Jugendliche in Berlin auch heute erleben: Das hecktische Suchen nach Spaß um jeden Preis - ohne Orientierung, rasend schnell und unaufhaltsam. Vor allem Hauptdarsteller Timocin Ziegler spielt überzeugend und mitreißend. Erneut ein eindrucksvoller Abend der Ernst-Busch-Schauspielschüler.

26.05.15 - Complexity of Belonging (Falk Richter & Anouk van Dijk // Gastspiel aus Melbourne// Schaubühne)
Zum fünften mal haben Richter und van Dijk (mittlerweile Intendantin der Chunky Move Company Melbourne) gemeinsam ein Stück erarbeitet. "Complexity of Belonging" hatte in diesem Jahr beim Melbourne Festival Premiere. Wieder treffen persönliche Geschichten auf politische und soziale Themen: Die titelgebende Zughörigkeit und die Frage nach der Identität bzw. Herkunft spielt bei den austratralischen Schauspielern und Tänzern eine große Rolle. Wie immer bei Falk Richter geht es aber auch um Beziehungen, Gender und Sexualität sowie Partnerschaft und deren Scheitern. Belonging wird zu longing. Vernetzung und soziale Medien fehlen ebensowenig. Das Theater von Falk Richter ist einmalig - bezeichnend u.a. die Nutzung des gesamten Bühnenraums und die langen, schnellen Monolge, die er seine Schauspieler sprechen lässt (besonders bemerkenswert der Schlussmonolog einer Schauspielerin, die 176 Eingenschaften aufzählt, die ein Mann haben muss). Mal wieder ein beeindruckender, bewegender Abend!

30.05.15 - Das Himbeerreich (Andres Veiel // Deutsches Theater)
Die Welt der Banker. Für sein Stück hat Andres Veiel mehr als 20 führende Banker interviewt und ist in seiner Recherche den Verbindungslinien zwischen den persönlichen Motiven und den gesellschaftlichen Strukturen im Finanzwesen gefolgt. Jeder der Protagonisten erzählt seine persönliche Geschichte, in der Erfolg und Scheitern oft dicht beieinander liegen. Die einzige Frau unter den Erzählenden bringt noch einen zusätzlichen Faktor mit ein: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die für Frauen ohnehin schwieriger ist. Nach 60 Vorstellungen wurde "Das Himbeerreich" am 30. Mai 2015 abgespielt.
Andres Veiel ist für seine Dokumentationen (u.a. "Die Spielwütigen" über vier Schauspielschüler/innen der Ernst Busch Hochschule für Schauspielkunst) und Dokumentarstücke bekannt. Für sein Stück "Der Kick", das die Ermordung eines 16jährigen Jungen durch Neonazis thematisiert, nutzte Veiel 1.500 Seiten Gesprächsprotokoll, die er mit Jugendlichen im brandenburgischen Dorf Potzlow führte. 

9. Juni 2015

Freunde treffen Künstler: Ein Abend mit Felix Römer

Anfang Mai 2015 trafen sich die Freunde der Schaubühne mit dem Schauspieler Felix Römer, um bei einem Gläschen Veltliner (passend zum Anlass gab’s österreichischen Wein) über seine Arbeit an der Schaubühne und seine Jugend in Österreich zu sprechen. Mein Bericht dazu hier!


Felix Römer in "Das Kalkwerk" im Studio der Schaubühne (Foto: Thomas Aurin)

Felix Römer ist an der Schaubühne aktuell in folgenden Inszenierungen zu sehen:

Also sprach Zarathustra
Eine Übermensch-Revue für Alle und Keinen
von Patrick Wengenroth nach Friedrich Nietzsche

Angst essen Deutschland auf

Ein Blick zurück nach vorn aus der Sicht und mit den Worten von Rainer Werner Fassbinder
Realisation: Patrick Wengenroth

Das Kalkwerk
von Thomas Bernhard
Regie: Philipp Preuss

Der Tod in Venedig/Kindertotenlieder

nach Thomas Mann/Gustav Mahler
Regie: Thomas Ostermeier

Nachtasyl
von Maxim Gorki
Regie: Michael Thalheimer

Tartuffe
von Molière
Regie: Michael Thalheimer

The Forbidden Zone
von Duncan Macmillan
Uraufführung
Regie: Katie Mitchell

Website von Felix Römer mit Kolumnen, Prosa-Texten, Reiseberichten und Theaterstücken:
www.felix-roemer.com

12. Mai 2015

Liv Ullmann und Katie Mitchell: Fräulein Julie revisited (Max Penthollow schreibt mir)

Max Penthollow schreibt mir... Gedanken zum Film "Fräulein Julie" von Liv Ullmann

Schauspieler/innen: Jessica Chastain, Colin Farrell, Samantha Morton, Nora McMenamy
Drehbuch: Liv Ullmann, Irland/Norwegen 2014 nach August Strindberg
Englischsprachige Originalfassung mit deutschen Untertitel

Ein Kammerspiel. Drei Hauptdarsteller, eine weitere vierte Rolle: Fräulein Julie als junges Mädchen am Anfang des Films, kurzer Auftritt.

Ort der Handlung: Irland 1890, Mittsommernacht.

Viel Strindberg-Originaltext, Filmdauer etwas über zwei Stunden, vielleicht ein bisschen lang, wie auch immer.

Sehr schöne Leistungen der Schauspieler bzw. Schauspielerinnen. Nach meiner gründlichen Vorbereitung auf das Stück durch meine zahlreichen (!)  Schaubühnenbesuche bei „Fräulein Julie“(!) fand ich den Film sehr schön, Strindberg revisited.

Das Besondere an dem Film für mich – deswegen schreibe ich diesen Text – sind Ähnlichkeiten und Parallelen zu der Inszenierung von Katie Mitchell an der Schaubühne mit dem live gemachten und gezeigten Film.

Nach meiner Auffassung des Ganzen sind diese Ähnlichkeiten Zitate und Querverweise und Hommagen an die Inszenierung von Katie Mitchell (Premiere am 25.09.2010). Vielleicht sind ja auch beide Inszenierungen von einer gleichen Quelle einer Darstellung inspiriert, aber wohl eher nicht. Das fand ich jedenfalls besonders faszinierend!

Die Ähnlichkeiten, die ich gesehen habe, sind in bestimmten Leitmotiven, in einzelnen Aspekten von Regie und Drehbuch und Ausstattung.

Leitmotive: Wasser, Regen mit Gewitter, Blut, das das Wasser rot färbt (am Schluss), dann das Feuer im Küchenofen und in den Petroleumlampen, die immer wieder mal angezündet werden, geraucht wird hier nicht (politisch korrekt: im Film von 2014 darf natürlich auch nicht geraucht werden oder wird eben nicht geraucht, so habe ich es jedenfalls gesehen). Dann die Verwendung von Blumenblüten am Anfang und am Schluss des Films, auch der Einsatz der Cello-Musik (hier mit Klavier).

Dann: das Szenenbild mit dem getöteten Vogel auf dem „Hauklotz“ in der Küche gleicht im Film weitgehend dem Szenenbild in der Schaubühnen-Inszenierung.

Auch den Schluss finde ich sehr ähnlich in beiden Inszenierungen (bei Strindberg geht Fräulein Julie nur zur Tür hinaus, mit dem Rasiermesser, aber der Strindberg-Text lässt keinen Zweifel darüber, was sie dann tun wird). Das Wasser wird vom Blut rot gefärbt, in der Schaubühne auf dem Küchentisch, im Film in einem Bach.

Diese Dinge fand ich alle sehr spannend in dem Film und das war es genau, was ich sehen wollte, und ich habe im Wesentlichen alles bekommen, was ich wollte. Das finde ich richtig toll!

Tilmann Strauß und Jule Böwe in Katie Mitchells Schaubühnen-Inszenierung von "Fräulein Julie" (Foto: Stephen Cummiskey)
Insgesamt ist mir Katie Mitchells Schaubühnen-Inszenierung von „Fräulein Julie“ näher als der Film, sie ist kürzer, für mich lebendiger, der Geschlechterkampf und die Abgründe in den Beziehungen sind verkürzt und mehr konzentriert und stilisiert und gemildert durch die eingefügte dänische Lyrik, die mir immer und immer wieder sehr gut gefällt. („die Orangenbäume, die Aprikosenbäume, die vierzehn Kristallgitter, die sieben kristallinischen Systeme, Zypressen, Cerebellum“, „das unbenutzte Bett des Schlaflosen“ und so weiter).

Trivia: Etwa in der Mitte des Films erzählt Fräulein Julie John von ihrer Mutter und öffnet bei dieser Gelegenheit ein kleines Medaillon mit einem Foto (schwarzweiß) von ihrer Mutter. Man sieht das Foto nur in zwei kurzen Einstellungen. Ich habe niemanden erkannt, aber ich dachte, es ist ein besonderer Moment in einem Film für einen kurzen Auftritt der abgebildeten Person und habe dann im Nachhinein erwartet, dass es vielleicht Liv Ullmann gewesen sein könnte. Aber dann kam das Bild nicht mehr und auf meine Frage habe ich also bisher keine Antwort.

Ich denke an Alfred Hitchcock und seine kurzen Auftritte in seinen Filmen. In „Dial „M“ for Murder“ („Bei Anruf Mord“) von 1954 ist Alfred Hitchcock z.B. auf einem Foto in einer Herrenrunde an einem Tisch sitzend zu sehen.

Der Film „Fräulein Julie“ läuft seit 22.01.2015 in mehreren kleinen Kinos (Programmkinos) in Berlin, deutsch oder englisch OmU (Central, Moviemento u.a.).

Für Theater-, „Fräulein Julie“- und Katie Mitchell-Fans wie mich aus meiner Sicht ganz spannend und höchst zu empfehlen!

Wer ist die Frau (Fräulein Julies Mutter) auf dem Schwarzweißfoto in dem Medaillon? Liv Ullmann? Im Abspann ist ziemlich am Schluss zu lesen: „in memory Asa Allen“).