31. Dezember 2016

Rückblick Dezember 2016: Ein Jahr hinterlässt seine Spuren

Nach diesem Jahr, das viele so schnell wie möglich hinter sich lassen wollen, hat das Theater im Dezember einmal mehr gezeigt, dass es gut ist, inne zu halten, durchzuatmen, sich zu beruhigen und Hass, Angst und Restiments etwas entgegenzusetzen.


03.12.16 PREMIERE Dantons Tod (Schaubühne)
Jedes Jahr gibt Peter Kleinert Schauspielstudent*innen der Ernst Busch Hochschule die Möglichkeit, ihr Können und Erlerntes an einer großen Bühne zu zeigen. Die jungen Schauspieler*innen haben sich in diesem Jahr für Büchners "Dantons Tod" entschieden. Aufgrund der komplexen geschichtlichen Hintergründe kein leichter Stoff. Im Vergleich zu den Ernst-Busch-Inszenierungen an der Schaubühne der letzten drei Jahre fällt das Ergebnis leider etwas ab. Positiv aufgefallen ist Daniel Mühe (in der Rolle des Camilles) und Vincent Redetzki (als Philipeau). Letzterer ist an der Schaubühne kein Unbekannter, da er hier schon - teilweise noch als Kind - für drei Stücke von Falk Richter auf der Bühne stand (aktuell noch in TRUST). Diese Routine merkt man seiner Spielweise an.

Daniel Mühe, Monika Freinberger, Lukas T. Sperber, Lola Fuchs, Gustav Schmidt (Foto: Gianmarco Bresadola)


10.12.16 PREMIERE On Off der WG Schaubühne
Die Werkstattgruppe der Schaubühne unter der Leitung von Katharina Berger bietet Laien die Möglichkeit, sich auf der Bühne auszuprobieren. In der Produktion "On Off" beschäftigten sie sich humorvoll mit der Generation Smartphone und einem von Maschinen bestimmten Leben. Beeindruckend die Performance (Choereographische Mitarbeit: Johanna Berger) zu Beginn des Stücks, die ein bisschen an Charlie Chaplins "Moderne Zeiten" erinnert. Die ersten 20 Minuten konnten die Zuschauer*innen diese beeindruckende Darbietung durch eine Glasfront vor dem Studio der Schaubühne sehen, begleitet von der Musik des DJs Lukas Zepf.

Menschen wie Maschinen (Foto: Maren Vergiels)
 
12.12.16 Streit ums Politische: Europe, what can it teach us? (Schaubühne)
Heinz Bude sprach mit Nikita Dhawan, Professorin für Politische Theorie mit thematischer Akzentuierung im Feld der Frauen- und Geschlechterforschung, über das postkoloniale Europa und das Begehren Europas, die Welt zu zivilisieren.


17.12.16 PREMIERE Professor Bernhardi von Arthur Schnitzler / Fassung von Thomas Ostermeier und Florian Borchmeyer (Schaubühne)
Ich möchte fast sagen, das dies eines der besten Theatererlebnisse des Jahres war. Daher habe ich vor, zu Professor Bernhardi noch einen eigenen Beitrag zu erstellen. Nur so viel: Tolles Stück und so aktuell, denn es geht um strukturelle Rassismen. Und spannend - ich habe sehr gebannt geschaut und gehört. Dies alles ist nicht nur der großartigen Inszenierung zu verdanken sondern vor allem auch den brillanten Schauspieler*innen. Das Timing bei den Dialogen ist auf den Punkt und einfach jeder*m ist perfekt in ihrer*seiner Rolle. Dazu kommt das Bühnenbild (fast ganz in weiß) mit den von Katharina Ziemke mit einem Wachsstift an die Wand geschriebenen Ortsbezeichnungen, die von Szene zu Szene verwischt und überschrieben werden - ein Kunstwerk, das während des Stücks entsteht und doch nicht bleibt. Eine Theater-Metapher. Eine ganze Reihe neuer Ensemblemitglieder gaben ihren Einstand an der Schaubühne: Damir Avdic (Prof. Bernhardis Sohn Dr. Oskar Bernhardi), Lukas Turtur (Dr. Löwenstein), Veronika Bachfischer (Dr. Wenger), Hans-Jochen Wagner (Prof. Dr. Flint), Konrad Singer (Dr. Filitz). Zurück an der Schaubühne und in der Hauptrolle ist Jörg Hartmann.

Thomas Bading, Jörg Hartmann, Sebastian Schwarz (Foto: Arno Declair)

Hier ein Interview mit Thomas Ostermeier zu Enstehung des Stücks (Video).


22.12.16 Ausstellungseröffnung Too late. I got my face on. von Katharina Ziemke (Schaubühne)
Die Künstlerin Katharina Ziemke, die für Thomas Ostermeiers Inszenierungen von "Ein Volksfeind" und "Professor Bernhardi" die Wandmalereien entwarf, zeigt in der Ausstellung Werke, die sich mit Bühne und Schauspiel beschäftigen.
Die ehemalige Universum Lounge (neben dem Kassenfoyer) wird bis Ende Januar als Ausstellungsraum genutzt. Zu sehen sind großformatige Tuscharbeiten, Linolschnitte, Skulpturen und Pastellarbeiten. Katharine Ziemke dienen dabei häufig historische Fotos als Grundlage, die sie mit verschiedensten Techniken (Kratz-, Druck-, Tusch- oder Ölmaltechnik) in einen neuen Maßstab zur Wirklichkeit setzt. Die Künstlerin spiel mit dem Unterbewussten und die wundersamen Bilderwelten pendeln zwischen den thematischen Gegensätzen Jahrmarkt und Jüngstes Gericht.

"Pharmacy" (Wachskreide auf Papier, 99x140 cm) von Katharina Ziemke in der Asstellung "Too late. I got my face on." (Foto: Elmar Engels)

Katharina Ziemke, 1979 in Kiel geboren, studierte Malerei an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris und an der Kungliga Konsthögskola in Stockholm. Neben Einzelausstellungen in Paris, Berlin, New York und Kiel nahm sie an zahlreichen internationalen Ausstellungen teil.

Interview von Joseph Perason mit Katharina Ziemke.

Die Arbeiten von Katharina Ziemke sind noch bis 27. Januar 2017 in den Räumen der ehemaligen Universum Lounge neben dem Kassefoyer der Schaubühne zu sehen (Täglich von 16 bis 20 Uhr geöffnet; der Eintritt ist frei.)

Blick in die ehemalige Universum Lounge mit den Arbeiten von Katharina Ziemke (Foto: Maren Vergiels

  
23.12.16 Lesung Gegen Hass und Angst – für Mitmenschlichkeit (Schaubühne)
Nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz entschloss sich die Schaubühne dazu im Rahmen einer Sonderveranstaltung dem Gefühl von Angst und Verzagen etwas entgegenzusetzen. Es lasen Thomas Ostermeier, Carolin Emcke, Lars Eidinger und Ursina Lardi Texte von Ingeborg Bachmann, Gottfried Benn, Bertolt Brecht, Carolin Emcke und Rainer Maria Rilke. Igor Levit spielte auf dem Klavier Stücke von Bach, Schubert und Brahms.


29.12.2016 re-visited Wallenstein (Schaubühne)
Noch mal zwischen den Jahre ins Theater. Ich hatte angekündigt, dass ich dieses Stück noch mal sehen muss: Wallenstein. Diesmal sitze ich sehr weit vorne und kann die Gesichter der Schauspieler*innen gut sehen. Obwohl mir die drei Stunden wieder nicht lang werden, ist es ein anstrengendes Stück. Umso höher muss ich die Leistungen der Schauspieler*innen bewerten. Ob ich diesmal mehr verstanden habe? Kann ich nicht beantworten.

Laurenz Laufenberg, Regine Zimmermann, Alina Stiegler, Ingo Hülsmann (Foto: Katrin Ribbe)

Ich freue mich auf ein tolles Theaterjahr 2017 und über alle, die mir hier Feedback geben. The stage is yours!

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