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3. März 2016

Max Penthollow scheibt mir // Kapitel 14: Brillanter Trash (Premiere von "Borgen" an der Schaubühne)


Max Penthollow schreibt mir...

Liebe Maren,

kürzlich war ich bei der Premiere von „Borgen“ in der Schaubühne.

„Borgen“ - nach der TV-Serie von Adam Price, entwickelt mit Jeppe Gjervig Gram und Tobias Lindholm - Schaubühne Berlin – Regie: Nicolas Stemann - Premiere am Sonntag, 14. Februar 2016, 19:30 Uhr

Hier ist mein Text, für mich war es so:

„Borgen“, auf Deutsch „Die Burg“ (Schloss Christiansborg), nach der dänischen Polit-TV-Serie „Borgen“ von Adam Price.


Die Darsteller/innen kommen auf die Bühne und nehmen am Tisch Platz, es gibt Begrüßungsapplaus.

Die Politiker/innen inszenieren sich selbst, mithilfe des Fernsehens, als Produkte für den Wähler und die Wählerin. Sie versuchen, sich gegenseitig auszumanövrieren, selbst die Überlebenden der immerwährenden Intrige zu sein.


Stephanie Eidt als Birgitte Nyborg (Foto: Arno Declair)

Die wichtigen politischen Entscheidungen werden anderswo und von anderen getroffen, von Kartellen, Syndikaten und Lobbies. Das System hat die Macht und das System regiert.

Auf der Bühne sind etliche Monitore mit ausgeklügelten Live-Videostrecken, zusätzlich im Saal und auf der Bühne Teleprompter mit den Texten des Stücks, für die Darsteller/innen zum Ablesen, dazu kommen improvisatorische Elemente.

Es gibt Polit-Talkshows, Gesprächsrunden, den runden Elefantensitz als Symbol für den Zirkus. Der Fernsehsender TV1 kämpft gegen die TV-Konkurrenz um Zuschauer und Einschaltquoten.

Die Show zieht sich hin, das Stück scheint kein Ende zu finden, 3 ½ Stunden sind schon vergangen und es geht immer noch weiter, die Schauspieler/innen auf der Bühne rackern sich ab. Nach der ersten und nach der zweiten Pause sind etliche der Premierengäste schon gegangen, einige Sitzreihen haben sich gelichtet.


Wer hat das Nachsehen im Polit-Poker? (Foto: Arno Declair)

Einer der Darsteller sagt als Fernsehvertreter von TV1 gegen Ende des Stücks vorn an der Rampe: „wir haben viele Zuschauer verloren“. Er meint die Fernsehzuschauer von TV1, aber hier sind es die Zuschauer/innen des Premierenpublikums!

Talkrunde bei TV1 (Foto: Arno Declair)

Die Darsteller/innen haben alle wunderbar gespielt! Von den Dagebliebenen gibt es anhaltenden und teilweise begeisterten Applaus! Die Edlen sind schon der Ehre wert!

Für mich ist das Drama als Polit-Soap-Opera mit der Talkshow-Sitzgarnitur und den Monitoren und Telepromptern, mit der ganzen Mühe und den Anstrengungen der Darsteller/innen auf der Bühne und dem nach 3 ½ Stunden endlos erscheinenden Schlussteil inklusive Zuschauerverlust eine Metapher für das, was die Show porträtiert.

Schon deswegen ist es für mich brillanter und edelster Trash!

Liebe Maren, ich finde das Stück in diesem Sinne wunderbar und crazy und so abgefahren! Es wird sein Publikum finden!

Liebste Grüße

Max
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Regie: Nicolas Stemann   
Bühne: Katrin Nottrodt   
Kostüme: Katrin Wolfermann
Musik: Thomas Kürstner, Sebastian Vogel   
Video: Claudia Lehmann   
Dramaturgie: Bernd Stegemann, Bettina Ehrlich   
Licht: Erich Schneider   

Mit: Stephanie Eidt, Sebastian Rudolph, Tilman Strauß, Regine Zimmermann   

Statisterie: Daniel Ahl, Frank Jendrzytza, Hauke Petersen, Steven Raabe, Fabrice Riese, Benjamin Scharweit, Philip Schwingenstein, Malik Smith

Dauer: ca. 225 Minuten (2 Pausen)

Weitere Infos und Trailer zum Stück auf der Seite der Schaubühne.

Essay zum Stück in Pearson's Preview: "Borgens" Vorhang lüften.

9. Juli 2013

Theater-Täter

Kann man die Qualität eines "Tatorts" (oder "Polizeiruf 110") daran ablesen, ob ein oder mehrere Theaterschauspieler mitspielen (und in welcher Rolle)? Ich kenne viele, die sich einen Sonntagabendkrimi nur anschauen, wenn von ihnen geschätze Theaterschauspieler mitspielen, weil sie die Drehbücher nicht gut finden und die Umsetzung ansonsten überhaupt einfach schlecht.

Nehmen Theaerschauspieler viel von ihren Rollen mit in den Sonntagabendkrimi? Martin Wuttkes Keppler aus dem Leipziger Tatort hat wenig mit den Figuren zu tun, die er beispielsweise in der Volksbühne spielt.

Eine interessante Betrachtung zum Thema "Tatort und Theater" liefert Matthias Dell auf nachtkritik.de als "Versuch das Theater im Tatort wiederzuerkennen". Unter anderem stellt er Überlegungen darüber an, ob es sich lohnen würde eine Art Deutschlandkarte zu erstellen, in der verzeichnet ist, welche der deutschsprachigen Bühnen die meisten Schauspieler für den "Tatort" stellt. Ebenfalls wäre eine Variante denkbar, in der bilanziert wird, von welchen Schauspielschulen die Darsteller kommen.

Ein lesenswerter Artikel!