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5. Februar 2016

Max Penthollow scheibt mir // Kapitel 13: Die Siegerin ("Die kleinen Füchse" an der Schaubühne)

 Max Penthollow schreibt mir...

 Liebe Maren,

„Die kleinen Füchse“ an der Schaubühne habe ich nun schon einige Male gesehen. Gestern war ich wieder da:

Zieh fest die Zügel an!

Nina Hoss als Regina (Foto: Arno Declair)

Zwei Brüder wollen in ein höchst profitables Geschäft kommen, brauchen dafür die Mitwirkung ihrer Schwester und setzen ihre Schwester unter Druck.

Das Blatt wendet sich aber und die Schwester manövriert ihre Brüder ins Aus und ist schließlich die Siegerin: Sie fässt die Zügel an!

„Die kleinen Füchse – The Little Foxes“ ist ein Bühnen-Krimi von 1939 aus USA, von Lillian Hellman, spielt um 1900 in einer kleinen Stadt in den Südstaaten, im Haus der Familie Giddens. Es geht um Familie und Geld. Tiefe Abgründe!

Der Titel stammt aus der Bibel, aus dem Hohelied Salomos, einer Sammlung von  Liebesliedern aus dem Alten Testament: „Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse! Sie verwüsten die Weinberge, unsre blühenden Reben.“ (Quelle: Programmheft der Schaubühne zum Stück).

Familie... Nina Hoss, Andreas Schröders, Iris Becher, Mark Waschke, Jenny König (Foto: Arno Declair)

Lillian Hellman (1905–1984) ist eine bedeutende US-amerikanische Dramatikerin des 20. Jahrhunderts, so wie Tennessee Williams, Arthur Miller, Thornton Wilder, Eugene O’Neill, Edward Albee. In dieser Aufstellung ist sie die einzige Frau.

„The Little Foxes“ wurde am Mittwoch, 15. Februar 1939 am Broadway in einer Produktion des National Theatre in New York City uraufgeführt (Quelle: Six Plays by Lillian Hellman, Vintage Books Edition, A Division of Random House, New York, 1979, Reprint of the 1960 edition,   published by Modern Library New York, S. 149).

Die Inszenierung war sehr erfolgreich mit mehr als 400 Aufführungen und anschließender Tournee durch die USA.

Trivia: National Theatre in Manhattan, (heute: Nederlander Theatre), 208 West 41st Street, New York, NY10036, ganz nah am Broadway und am Times Square, eröffnet am 1. September 1921, zwischenzeitlich (ab 1959): Billy Rose Theatre, seit 1980: Nederlander Theatre, mit aktuell 1.232 Sitzplätzen (Homepage Nederlander Theatre).

In Deutschland gab es bisher eine einzige Inszenierung der „Kleinen Füchse“ 1956 am Deutschen Theater Berlin, dann erst wieder jetzt 2014, 58 Jahre später, an der Schaubühne Berlin (Thomas Ostermeier, persönliche Mitteilung, Dienstag 03. Dezember 2013, 19 Uhr, Schaubühne, Einführungsveranstaltung zum Stück für die Freunde der Schaubühne mit Thomas Ostermeier, Florian Borchmeyer und Jan Pappelbaum).

Der Stoff ist zeitlos und das Stück hier nur geringfügig verändert und an unsere heutige Lebenswelt angepasst. Die Fassung der Schaubühne ist neu und aktuell.

Es ist wie bei Shakespeare: der Stoff ist trivial und boulevardesk, die Geschichte mitreißend.

Ich kann nur staunen, mit welch luxuriöser Fülle von Ideen und mit welcher Souveränität, Übersicht und Präzision die Inszenierung gemacht ist und mit welcher Liebe und Begeisterung die Darsteller/innen die Figuren und das ganze Stück zum Glühen und zum Strahlen bringen! Es gibt auch wunderbare kleine aber edelste improvisatorische Elemente! Allerfeinst!

Hier käme nun noch als „Special“ meine kurze Beschreibung einer kleinen, stillen und andachtsvollen aber höchst spektakulären Szene im Stück, bei der alle (die Männer auf der Bühne und das ganze Publikum) von einem besonderen Vorkommnis erfahren. Aber: ich will auch die Spannung erhalten und nichts verraten! Deshalb lasse ich diesen Textabschnitt weg und es bleibt geheim!

Mystery and suspense! Ein Thriller! Mehr als ein Thriller!

Ich empfehle: hingehen!

Berlin - New York! Es ist ganz einfach!

Liebste Grüße

Max
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Von: Lillian Hellman   
Regie: Thomas Ostermeier   
Bühne: Jan Pappelbaum   
Kostüme: Dagmar Fabisch   
Musik: Malte Beckenbach   
Dramaturgie: Florian Borchmeyer   
Licht: Urs Schönebaum   

Birdie Hubbard: Ursina Lardi   
Oscar Hubbard: David Ruland   
Leo Hubbard: Moritz Gottwald   
Regina Giddens: Nina Hoss   
William Marshall: Andreas Schröders   
Ben Hubbard: Mark Waschke   
Alexandra Giddens: Iris Becher   
Horace Giddens: Thomas Bading   
Addie: Jenny König   

Dauer: ca. 135 Minuten (keine Pause)

Weitere Infos und Trailer der Schaubühne hier.

18. September 2015

Nicht brav sein: Premiere von "thisisitgirl" von Patrick Wengenroth (im Studio der Schaubühne)

Ein bekanntes Zitat von Laurie Penny lautet »Being a good girl gets you nowhere. Asking nicely for change gets you nowhere. Mutiny is necessary. Class mutiny, gender mutiny, sex mutiny, love mutiny. It’s got to be mutiny in our time.«

"Nice(ly)" war es an der Schaubühne bei der Premiere von "thisisitgirl" (Realisation Patrick Wengenroth) am 16.09.2015 nicht, sondern laut und deutlich. Ungleichbehandlung und Maskulismus existieren - warum also nicht auf der Bühne zeigen.

Eine Schauspielerin (Iris Becher), drei Schauspieler (Ulrich Hoppe, Laurenz Laufenberg, Andreas Schröders) in Frauenkleidern, in Männerkleidern, in Unterwäsche, in hohen und flachen Schuhen (siehe dazu die Texte auf dem Programmzettel zum Stück) stellen Fragen, Frauenfragen für Frauen und Männer. Perspektivenwechsel inklusive.

Laurenz Laufenberg im Kleid und Andreas Schröders in Hose (Foto: Gianmarco Bresadola)
Iris Becher: Ihr findet es OK, wenn Frauen Jeans tragen, sich die Haare kurz schneiden und männliche Merkmale nachahmen. Weil es gut ist, ein Mann zu sein. Aber wenn Männer Frauenkleider tragen, findet ihr das unwürdig. Weil ihr die Frau selbst unwürdig findet (sinngemäß aus "thisisitgirl").

Ja. Doch! Es braucht ihn noch den Feminismus - solange Männer (und Frauen) immer noch nicht verstehen, warum wir gleiche Rechte in allen Bereichen haben müssen. Und das bedeutet nicht, dass Frauen bessere Männer werden müssen.

"Dit is it, girl!" - Iris Becher (Foto: Gianmarco Bresadola)

Vier mutige Schauspieler/innen im Studio der Schaubühne. Viel Humor, Ironie, Anleihen an die Popkultur (wie immer bei Wengenroth). Die Musik wie gewohnt von Matze Kloppe (im Einhornkostüm) und jede Menge Songs von den 80ern bis heute.

Eine tolle Premiere! Dit is it, girl!

Danach führte ich noch ein kurzes Gespräch mit Andreas Schröders und ein sehr langes und gutes mit Ulrich Hoppe. Schön war's!

Um weiter ins Thema einzutauchen, gibts von Einar & Bert einen Büchertisch mit feministischer Literatur.

Meine Leseempfehlungen:
Laurie Penny: Fleischmarkt
Yasmina Banaszczuk / Nicole von Horst / Mithu M. Sanyal / Jasna Strick: "Ich bin kein Sexist, aber ..."

Im Stück verwendete Literatur/Texte (u.a.):
Sylvia Plath: Die Tagebücher
Shulamit Firestone: Frauenbefreiung und sexuelle Revolution
Klaus Theweleit: Männerphantasien

Peter Pan - Ulrich Hoppe (Foto: Gianmarco Bresadola)

Realisation: Patrick Wengenroth   
Bühne: Mascha Mazur   
Kostüme: Ulrike Gutbrod   
Musik: Matze Kloppe   
Dramaturgie: Giulia Baldelli   

Mit: Iris Becher, Ulrich Hoppe, Matze Kloppe, Laurenz Laufenberg, Andreas Schröders, Patrick Wengenroth   

Dauer: ca. 135 Minuten

Weitere Infos zum Stück auf der Seite der Schaubühne.

Pearson's Preview zum Stück hier.

30. April 2015

F.I.N.D. 2015 (2. Teil): PREMIERE Stück Plastik. Hochwertige Ziele. La imaginación del futuro. The Apple Family Plays.

Und da ist es auch schon wieder vorbei. So berauschend und verzaubernd es war, so stark wirkt die Ernüchertung nach dem letzten F.I.N.D.-Wochenende. Das liegt daran, dass man selten so viele unterschiedliche Stücke so dicht hintereinander sieht. Es hat seinen Reiz, wenn man zwischen zwei Vorstellungen schnell umswitchen und sich wieder auf etwas ganz anderes einlassen muss. Für die Zeit des Festivals ist das gut und eine tolle Herausforderung. Zum Glück ist es aber auch nicht der Normallfall, denn es ist schon sehr schön, wenn man seinen Gedanken Zeit lassen kann, um das eben Gesehene zu verarbeiten. Allein für sich (und oft verbunden mit einer Online-Recherche) oder mit Freunden und Bekannten, die auch noch Input geben.

Die Premiere von Marius von Mayenburgs Stück Plastik war ein Riesenerfolg. Die Zuschauer können während des Stücks befreit und laut lachen. Auch mir beschert Sebastian Schwarz einen der lustigsten Theatermomente, die ich bisher erleben durfte: das Bouillabaisse-Dinner an der weiß gedeckten Tafel (getoppt wird die Szene eigentlich nur durch Urs Juckers Darstellung des Monsieur Loyal in "Tartuffe" und die Elch-Szene aus "Perplex", ebenfalls von Marius von Mayenburg und ebenfalls gespielt von Sebastian Schwarz). Ich spare es mir, hier über die vielen Bezüge zu sprechen, die von Mayenburg macht, und muss auch nicht noch mal die schaupielerische Leistung loben, weil das die vielen Kritiker bereits zur Genüge getan haben. Diesmal auch fast ausnahmslos postiv. Das ist mal ein schönes Gefühl!

Der Sonntag beginnt für mich mittags um 14 Uhr und endet um Mitternacht. Auf dem Programm steht zunächst Hochwertige Ziele, eine szenische Einrichtung von Andreas Schröders. Das kurze Stück wird in der Alten Kantine gezeigt, ein passend zur Atmosphäre niedriger, schmaler, kleiner Raum. Andreas Schröders und Iris Becher alias Ike und Tina arbeiten sich an einem Dokument ab, das verspricht, "High Value Targeting Operations" zu einem wirksamen Mittel der Aufstandsbekämpfung zu machen. Die naive Ernsthaftigkeit, mit der sie den Text rezitieren, wie sie sich beim Mittagessen bei Kartoffelsalat und Würstchen über ihre Karrieren austauschen, macht die Situation so grotesk wie berührend.

La imaginación del futuro (Teatro La Re-sentida // Chile // Regie: Marco Layera)
Weiter geht's in einem ganz anderen Rhythmus. Die chilenische Gruppe La Re-sentida habe ich schon im letzten Jahr beim F.I.N.D. gesehen. Und auch da war ich fasziniert vom Tempo und Witz, dieses Jahr setzen sie noch eins drauf. Was wäre gewesen wenn...? Was wäre gewesen, wenn Salvador Allende am 11. September 1973 nicht Selbstmord begangen hätte als das Militär den Palast stürmte? La Re-sentida nimmt die letzte Rede Allendes als Ausgangspunkt und zeigt, wie Imageberater und Minister ihn coachen, um der Geschichte eine andere Wendung zu geben. Können Sie 17 Jahre Militärdiktatur unter Augusto Pinochet verhindern? Die Schauspieler/innen  von La Re-sentida schlüpfen in zig verschiedene Rollen, sind dabei komisch, traurig, grotesk, anrührend und zeigen eine große körperliche Präsenz sowie ein Tempo, wie man es selten auf der Bühne sieht.

The Apple Family Plays (The Public Theater // New York // Text & Regie: Richard Nelson)
Am Sonntagabend schaffe ich es sogar noch wenigstens zwei Teile (von insgesamt vier) von Apple Family Plays zu sehen. Bei dieser Reihe teilen die Zuschauer das Wohnzimmer der Apples, einer amerikanischen Mittelklasse-Familie in Rhinebeck, einem kleinen Ort im Staat New York. Die Familie besteht aus den vier erwachsenen Geschwistern Barbara, Marian, Richard und Jane, Janes Freund Tim sowie dem älteren Onkel Benjamin. Die Abende beleuchten vier wichtige Daten der jüngeren amerikanischen Geschichte, die im Abstand von ungefähr einem Jahr aufeinander folgten, und zeigen die privaten Entwicklungen und Verstrickungen der Familie sowie die politischen Hoffnungen und die folgende Desillusionierung der liberalen Mittelklasse Amerikas. Über den Abend spürt man, wie man in das Familienleben eintaucht und sich immer mehr in die Geschehnisse verstrickt. Ein sehr besonderes einmaliges Theatererlebnis. Nach dem vierten Teil belohnen die Zuschauer die Leistung der Schauspieler/innen mit Standig Ovations. Und wir haben nach dem Stück sogar noch die Möglichkeit, im Café mit einigen der Schauspieler/innen und Richard Nelson zu sprechen.

Um Mitternacht ist dann aber endlich Schluss. Bis zum nächsten F.I.N.D. heißt es nun leider wieder lange, lange warten.