30. November 2014

Filmpremiere: Wiedersehen mit Brundibar (Schaubühne / DIE ZWIEFACHEN)

Douglas Wolfspergers Dokumentarfilm über die Entstehung von „Nach Brundibar“ der Jugendtheatergruppe DIE ZWIEFACHEN (Leitung: Uta Plate) an der Berliner Schaubühne hatte am 28.11.2014 Premiere in der Schaubühne. Neben den Schauspieler/innen der ZWIEFACHEN war Greta Klingsberg anwesend – eine Protagonistin des Films, die 1944 die Hauptrolle in der Kinderoper im Ghetto Theresienstadt spielte.

„Brundibár“ wurde 1938 von Hans Krása komponiert. Nach seiner Deportation 1942 in das KZ Theresienstadt schrieb er die Partitur erneut auf. Dort wurde die Oper 55-mal gespielt und gab den teilnehmenden Kindern ein Stück Normalität und Freude zurück. Die Rollen mussten immer wieder neu besetzt werden, da viele der Darsteller in Vernichtungslager deportiert wurden. Der Nazi-Propagandafilm „Theresienstadt“ verwendete einen Ausschnitt aus der Oper, um Zweifelnden vorzutäuschen, wie normal und glücklich die Deportierten lebten. Hans Krása und fast alle Ausführenden wurden kurz darauf in Auschwitz ermordet.

In Wolfspergers Film reisen die Schauspieler/innen der Jugendtheatergruppe DIE ZWIEFACHEN nach Theresienstadt, um deutsche Vergangenheit aufzuarbeiten. Ihre Mitreisende: Greta Klingsberg, eine charismatische alte Dame aus Israel, die eine der wenigen Überlebenden der Originalbesetzung von »Brundibár« ist und den Jugendlichen die Scheu vor den Schrecken der Vergangenheit nimmt. Schnell wird klar, dass sie mehr verbindet, als ihnen bewusst war, und zur »Brundibár«-Premiere in der Schaubühne sitzt Greta im Publikum, tief berührt von der Darstellung ihrer Freunde in »ihrem« Stück.

Besonders beeindruckend im Film: Wie die Jugendlichen über ihre eigene Vergangenheit sprechen und aus welchen familiären Verhältnissen sie kommen bzw. entflohen sind. Auch wie differenziert sie ihre Gedanken zur deutschen Vergangenheit im Worte fassen können berührt. In dem Film folgenden Gespräch mit dem Publikum zeigt sich dies erneut. Wohlüberlegt antworten sie auf die Fragen.

Ich hatte das Glück, während der Films neben Greta Klingsberg zu sitzen. Während sie von links, rechts, vorne und hinten von Menschen aus dem Publikum angesprochen und befragt wurde, hielt ich mich mit Fragen zu ihrem Leben zurück. Dennoch habe ich mich sehr nett mit ihr unterhalten und habe den Eindruck gewonnen (der auch im Film bestätigt wird), dass eine beeindruckende Persönlichkeit mit jeder Menge Energie, Lebensfreude und einem ganz eigenwilligen Kopf neben mir sitzt. Sie hat übrigens bei jedem Original-Ausschnitt aus „Brundibar“ laut mitgesungen sowie diverse Stellen im Film kommentiert.

DIE ZWIEFACHEN
1999 wurde auf Initiative der Theaterpädagogin Uta Plate (bis 2014 an der Schaubühne) die Jugendtheatergruppe DIE ZWIEFACHEN ins Leben gerufen – eine Gruppe von Jugendlichen zwischen 14 und 24 Jahren, die aus schwierigen psychischen und sozialen Situationen kommen und meist in betreuten Wohnprojekten leben. DIE ZWIEFACHEN zeigten ihre Arbeiten an der Schaubühne, in der JVA Plötzensee sowie auf nationalen und internationalen Festivals. Vier Produktionen waren Ergebnisse binationaler Kooperationen.

WIEDERSEHEN MIT BRUNDIBAR
Eine Douglas Wolfsperger Filmproduktion, Berlin in Co-Produktion mit Negativ Film Productions Prag / Cine Impuls, Stuttgart / WDR in Zusammenarbeit mit arte gefördert von MEDIA / Medienboard Berlin-Brandenburg / Medien- und Filmgesellschaft, Stuttgart / Tschechischer Filmfonds / Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds / Ursula Lachnit-Fixson Stiftung / bkm / Anne Frank Fonds

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