14. November 2011

Du wirkst etwas verhaltensauffällig: "Perplex" von Marius von Mayenburg (Schaubühne)

Wenn vier Schauspieler über ihre Rolle auf der Bühne erzählen und dabei von einer in die nächste Wechseln, ohne dass sich genau festlegen lässt, wann die Szene und die Rolle wechselt, dann ist das Perplex.

In dem Stück von Marius von Meyenburg spielen sich Eva Meckbach, Judith Engel, Robert Beyer und Sebastian Schwarz selbst. Oder vielleicht doch nicht? Sie spielen Eva, Judith, Robert und Sebastian, die verschiedene Rollen spielen in wechselnden Paarungen. Der Übergang von einer Szene in die nächste, der Wechsel von einer Rolle in eine andere ist dabei fließend. Beim Zuschauer entwickelt sich freudige Erwartung auf die die nächste Figur, die nächste Konstellation („Das ist in jedem Vier-Personen-Stück so: Beischlaf mit Partnertausch und anschließender Depression.“) Immer kann mindestens eine Person, die Szene nicht steuern, weil die anderen längst bestimmt haben, wohin es gehen soll.

Das Stück steckt voller Anspielungen auf die Arbeit am Theater, auf Klischees, auf Situationen, die Schauspieler seit Jahren kennen. So erklärt Judith, wie es ist, wenn sich die Schauspieler in ihren Rollen im Stück eben noch gegenseitig umbringen wollten und in der nächsten Minute, wenn das Licht aus und wieder angeht, rücksichtsvoll den umgefallenen Stuhl aufheben, der in der vorigen Szene umgestoßen wurde: „Immer hebt einer den Stuhl auf.“ Und als ob sie das unterstreichen wollten, schiebt einer der Schauspieler am Ende des Stückes vor der Verbeugung die soeben auf der Bühne verteilten Polster beiseite, damit die Kollegen nicht darüber stolpern. Unbewusst oder absichtlich?

Und auch der geübte Theaterzuschauer wird angeschubst. Wenn Eva Sebastian unterbricht, der in einer typischen Szene (alle sind von der Bühne verschwunden und jetzt mache ich mir ein Bild von der Situation) zu einem Monolog ansetzt: „Wir hatten doch gesagt, wir machen keine Monologe mehr“ führt das dazu, dass man sich, von der antrainierten Erwartung frei macht, dass jetzt einer die Bühne für sich hat. „All by myself“ singt Sebastian stattdessen.

„Perplex“ ist ein ständiger Identitätswandel – genau wie Schauspieler es täglich erleben, wenn sie jeden Abend in eine andere Rolle schlüpfen - und am Ende bleibt nicht nur die Erkenntnis, dass bei diesem Stück irgendwie kein Regisseur anwesend war, sondern auch die Frage „Aber wer hat mich den eigentlich besetzt?“ .

Weitere Infos und Trailer auf der Seite der Schaubühne.


Foto: Tania Kelley

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