1. August 2012

Freunde der Schaubühne auf Reisen in Stockholm

Bitte Regensachen einpacken!
Stockholm / 6° Grad / Regen. Und was für ein Regen… Die schwedische Hauptstadt wird auch das „Venedig des Nordens“ genannt und ist also eine Stadt mit viel Wasser. Dieses Wasser kommt am ersten Tag der Freundeskreis-Reise von oben, von unten, von der Seite. Unser „Reiseleiter“ Christian hatte uns vorab gewarnt, passende Kleidung und Schirm einzupacken. Dieses Wetter – das nicht typisch für die Saison ist und uns ausgerechnet während unseres 5-tägigen Aufenthalts ereilen sollte – wurde quasi zu unserem ständigen Begleiter. Regenschirmleichen säumten unseren Weg, wo auch immer wir waren. Wir nahmen’s zunächst mit Groll, im Laufe des Aufenthalts mit Humor und im Rückblick als unvergesslich mit unserer Reise verbundenes Erlebnis.


Regenschirm-Leichen: Das Wetter in Stockholm forderte seine „Opfer“

5 Tage voll Kunst, Kultur und als Höhepunkt „Julie“
Unsere kleine aber feine Runde der Freunde (14 Personen) war in diesem Jahr in die schwedische Hauptstadt gereist, um Kultur zu erleben, gemeinsam die Stadt zu erkunden und als Höhepunkt der 5-tägigen Reise das Ingmar Bergmann Festival zu besuchen. Hier wurde die Schaubühnen-Produktion von „Fräulein Julie“ gezeigt.


Dramaten:  Die Schweden sind sehr stolz auf ihre Schauspieler

 Im Dramaten (kurz für Kungliga Dramatiska Teatern, das schwedische Nationaltheater), in dem das Festival stattfand erhielten wir am ersten Tag eine Führung hinter die Kulissen und wurden herzlich von der Festivalleitung begrüßt. Die Empfehlung für die Gestaltung des Abends: Ein Besuch der Poduktion „Jag blev slagen klockan fjorton och fyrtiofem“. Die Autorin Éléonore Mercier hat für diese Koproduktion mit verschiedenen internationalen Theatern (darunter auch drei Häuser aus Deutschland - das DT, das Düsseldorfer Schauspielhaus und das Schauspiel Frankfurt) 1653 Sätze aus Telefonaten einer Telefon-Hotline für häusliche Gewalt zusammengestellt. Die beteiligten Theater konnten aus diesen Sätzen für ihre Performance frei wählen und dazu eigene Szenen entwickeln, die in einer zweistündigen Inszenierung gezeigt wurde. Bei einem solch bewegenden Thema fiel die Diskussion unter den Freunden im Anschluss an das Stück entsprechend kontrovers aus.


Schloss Drottningholm: Die grauen Wolken verdarben uns auch hier nicht die Freude

Besuche und Führungen durch diverse Museen (Modernes Museum, Schloss Drottningholm, Vasamuseum) gehörten wie immer zum Programm der Freundeskreisreise, ebenso ein Besuch der Barockoper „Jason & Medea“ im Schlosstheater. Da die Geschmäcker und Erwartungen bekanntlich verschieden sind, wurde das Kulturprogramm mal mit mehr (die äußerst charmante, kompetente und informative Führung durch Drottningholm) mal mit weniger Begeisterung aufgenommen (die leider sehr schlecht vorbereitete und etwas lustlose Dame im Modern Museet konnten den Kunstkennern unter uns nicht wirklich Neues bieten).

Die Schaubühnen-Julie begeistert das schwedische Publikum

Und dann gab’s natürlich noch „unsere Julie“! Gemeinsam mit zahlreichen schwedischen Theaterfans sahen wir Katie Mitchells Inszenierung im Annex, einer Außenspielstädte des Festivals. Die Schaubühnen-Julie, die ohnehin eine Herausforderung für Jule Böwe, Tilman Strauß, Cathlen Gawlich, Luise Wolfram und das gesamte Team darstellt, musste aufgrund der räumlichen Verhältnisse vor Ort noch einmal neu arrangiert werden – eine zusätzliche Schwierigkeit für die Schauspieler, die diese aber mit Bravour meisterten. Entsprechend begeistert war das schwedische Publikum. Bei der anschließenden Premierenfeier im Dramaten gemeinsam mit dem Schaubühnen-Team war die Stimmung zu Recht euphorisch.

Wohin geht es nächstes Jahr?
Am Abreisetag war uns der Wettergott dann zwischendurch doch noch einmal hold und endlich konnten wir einen Eindruck davon bekommen, wie bezaubernd Stockholm im Sommer ist. Auch Dank Christian Clement, der die Reise wie immer hervorragend organisiert hat, war unser Stockholm-Aufenthalt ein tolles Erlebnis für den Freundeskreis. Christian wird in wenigen Wochen nach New York gehen und die nächste Reise nicht mehr für uns gestalten können. Ob die amerikanische Cent-Münze, die wir auf dem letzten Spaziergang durch die Stadt finden, ein Zeichen für unser nächstes Reiseziel sein soll, überlasse ich jedem selbst.

Fotos: Elmar Engels